Mit 2023 endete ein Jahr, das ähnlich holprig wie seine Aussprache war – politische und gesellschaftliche Umbrüche, Krieg, Fake News, künstliche Intelligenz, die zur allgemeinen Verdummung beiträgt und nach wie vor zu viele Menschen, die munter Geschichtsrevision betreiben – und Corona ist auch noch irgendwie da.
Auch für mich persönlich war das Jahr 2023 Berg- und Talbahn gemäß von Höhen und Tiefen begleitet, was wieder einmal meine Theorie bestätigte, dass Jahre mit ungeraden Zahlen mir nicht sonderlich wohlgesinnt sind.
Wohlgesinnt war mir dagegen die Medien- und (Pop-) Kulturlandschaft, die zahlreiche Höhepunkte für mich bereithielt.
Im Bereich der Bücher, meiner absoluten Leidenschaft, überzeugte mich wieder einmal auf ganzer Linie Dörte Hansen mit ihrem 2022 erschienen „Zur See“. Die melancholische Familiengeschichte in gewohnt vertrauter nordischer Umgebung war berührend und zeugte zeitgleich von Nostalgie und Aufbruchstimmung, wie sie nur Dörte Hansen so harmonisch verweben kann.
Ein ganz anderes Genre hingegen vertritt Rory Power, deren fantasyhafte Horrorgeschichte „Wilder Girls“ mir mehr als nur einen Schauer über den Rücken rieseln ließ und die angesichts der Coronanachwirkungen erschreckend gut nachzuempfinden war.
Eine ähnlich intensive Stimmung rief Umberto Ecos „Der Name der Rose“ in mir hervor; ein Buch, das schon seit Ewigkeiten auf meiner Wunschleseliste stand. Die düster-unheimliche Erzählung, die eine Mischung aus Kriminalroman, Mystery-Thriller, historischem Epochenroman, philosophischen Essay und wissenschaftlichem Diskurs ist, hat sich gleich zu Jahresbeginn einen Platz auf meiner „Lese-Highlights“-Liste gesichert.
Ebenfalls auf diese Liste schaffte es „Daisy Jones and The Six“ von Taylor Jenkins Reid. Der Roman dreht sich um eine fiktive 70er-Jahre-Band und ist zudem in einem lebendigen und abwechslungsreichen „Interview-Stil“ geschrieben, den ich so bisher noch nicht gelesen habe. Diese unterhaltsame Kombination hielt mich nächtelang wach und ließ mein Fleetwood-Mac-Fan-Herz ein ums andere Mal höher schlagen.
Im Bereich der Sachbücher beeindruckte mich „Leonora – Wie ich meine Tochter an den IS verlor – und um sie kämpfte“ von Maik Messing in Zusammenarbeit mit Volkmar Kabisch und Georg Heil. Das Buch erzählt die Geschichte der 15-jährigen Leonora, die im Jahre 2015 zum IS reiste – und die Bemühungen ihrer Familie, sie wieder nach Hause zu holen. Der Schrecken des IS, der besonders Mitte der 2010er-Jahre für unermesslich viel Leid sorgte, ist wohl den meisten noch in „guter“ Erinnerung. Diesen Schrecken jedoch aus der Perspektive unmittelbar Betroffener zu lesen, war äußerst berührend und aufwühlend zugleich.
Auch im Bereich der Musik, meinem zweiten Steckenpferd, hat sich einiges ergeben.
Besonders angesprochen hat mich Lana del Reys Neuerscheinung mit dem beachtlichen Titel „Did You Know That There’s a Tunnel Under Ocean Blvd“, die ihrem hypnotisch verträumt-düsteren Stil treu blieb und ihr Ausnahmetalent wieder einmal unter Beweis stellte.
Ein ähnliches Ausnahmetalent besitzt meiner Meinung nach auch Olivia Rodrigo, die mich bereits mit ihrem Debütalbum „Sour“ überzeugen konnte und mit ihrem neuen, von mir heiß ersehnten Album „Guts“ meine Erwartungen sogar weit übertraf.
Unbekannt war mir bisher dagegen Madison Beer, die wohl eher Tik-Tok-Nutzern ein Begriff war. Durch Zufall stieß ich auf einige Lieder ihres Albums „Silence Between Songs“, die mich mit ihrer melodisch-getragenen Klangfarbe ansprachen, was auch für den Rest des Albums gilt.
Neu entdeckt habe ich dieses Jahr auch die Kinolandschaft , die mir einige unterhaltsame Nachmittage bescherte.
Besonders im Gedächtnis geblieben ist mir Pixars neuestes Werk „Elemental“; ein echter Wohlfühlfilm über zwei Elemente, die sich ineinander verlieben, der nebenbei auch mit klug verpackten Gesellschaftsthemen aufwartete.
Dasselbe gilt für „Die Tribute von Panem – The Ballad of Songbirds and Snakes“, die Verfilmung des Prequels zur „Tribute von Panem“-Reihe. Sowohl visuell als auch schauspielerisch konnte mich der Film vollends überzeugen und steht somit meiner Meinung nach seinen Vorgängern in nichts nach.
Und auch das „Kinohighlight des Jahres“, das zeitgleiche Erscheinen zweier vollkommen gegensätzlicher Filme – Greta Gerwigs schillernde Gesellschaftssatire „Barbie“ und Christopher Nolans historisches Monumentalwerk „Oppenheimer“ – lockte mich ebenso wie zahlreiche andere Menschen ins Kino.
Gefallen haben mir beide sehr gut, besonders beeindruckte mich „Oppenheimer“ ob seiner Erzählkraft und Fülle an geschichtlichen Ereignissen.
Besonders gefallen hat meiner Kinobegleitung und mir nebenbei, dass sich zahlreiche Vertreter der so gerne als desinteressiert und oberflächlich verpönten Jugend, die mit uns im Kino saßen, in der Pause angeregt über das eben Gesehene unterhielten, informierten und diskutierten.
Rückblickend kann ich sagen, dass 2023 durchaus seine Schattenseiten hatte – unterhaltungstechnisch jedoch einige Lichtblicke.
Mit diesem Resümee hoffe ich auf ähnlich erfrischende Popkultur-Momente im Jahre 2024. Und gebe die Hoffnung nicht auf, dass sich auch politisch und gesellschaftlich die Lichtblicke durchsetzen können.
Liebe Anna, ich bin wieder mal fasziniert von deinem brillanten Schreibstil und dankbar für deine gezielten Empfehlungen, was Bücher aber auch Filme und Musik angeht. Du hast ein großes Talent!!