Interview mit Autor Roland Hebesberger


© Daniela Klein

Auf der Buch Wien habe ich im November kurz Roland Hebesberger getroffen. Der 37-jährige Salzburger (Österreich) ist seit einigen Jahren aktiver Autor und veröffentlicht seine Romane selbst. Im ausführlichen booknerds-Interview gibt er über sein Schaffen und über die Vor- und Nachteile des Selfpublishing Einblicke.

Als booknerds mögen wir ja alles, egal ob Bücher, Serien, Filme oder Games. Erzähl uns doch bitte mal deinen nerdigen Werdegang.

Als Kind und Jugendlicher wurde ich oft belächelt, weil ich Comics, Bücher und Serien wie Stargate und Buffy liebte. Damals war die Bezeichnung „Nerd“ eine Beleidigung. Zum Glück spricht man heute eher positiv davon. Meine Fantasiewelt war und ist noch immer mein Rückzugsort, damit ich der Realität entfliehen kann. Schon als Kind habe ich eigene Storylines entwickelt und versuchte ständig neue Welten zu erschaffen. Auch heute werde ich noch oft als „Nerd“ bezeichnet, weil ich viel Wissen über gewisse Nischen von Comics und Bücher habe. Gerade bei Marvel und DC sind viele Leute überrascht, wie viel ich von den alten Comics weiß. Obwohl es heutzutage wesentlich größere „Nerds“ wie mich gibt.

Von der Fanfiction zu eigenen Veröffentlichungen – davon träumen viele. Was war für dich der ausschlaggebende Punkt, um den Traum des eigenen Buches real werden zu lassen?

Es war ein harter und steiniger Weg. Wie du richtig gesagt hast, begann meine Schriftstellerkarriere in meinen jugendlichen Jahren als Fanficitons-Schreiber. Ab der dritten Staffel habe ich eine alternative Zeitlinie von Stargate SG-1 verfasst. Zehn eigene Staffeln mit je 22 Episoden entstanden daraus. Der nächste Schritt war das Verfassen von virtuellen Serien. Eigene Ideen wurden in Serienform umgesetzt. Es gab zwei große Plattformen namens DVT und VTV, wo man wöchentlich um eine bestimmte Uhrzeit eine neue Folge Online stellte. Die Episoden waren in Staffeln eingeteilt und liefen eben ab, wie eine Fernsehserie. Nur eben in Schriftform. Hier verfasste ich „Teen Agents“. Damals räumte ich mehrere Awards und Auszeichnungen ab und entschloss mich als junger Erwachsener, dass ich mein erstes Buch schreibe. Anfang der 2000er war das Selfpublishing sehr schwer umsetzbar. Die Verlage lehnten mein Buch ab und ich verlor die Motivation. Außerdem änderte sich auch mein Leben durch Arbeit und andere Aktivitäten. Dem Schreiben blieb ich aber immer treu. Ich verfasste Spielberichte, Vereinszeitungen und andere journalistische Beiträge, war auch Moderator bei einem Internetradio für zehn Jahre und sammelte dabei viele Erfahrungen. Trotzdem notierte ich mir jede Idee, die mir in den Sinn kam. Wenn mich jemand fragte, sagte ich immer, dass ich irgendwann nochmals einen Versuch starten werde, damit ich ein Buch veröffentlichen kann. 2019 entschloss ich mich dann, mein gespartes Geld in Selfpublishing-Bücher zu stecken. Mein Plan war es, ein Buch-Universum aufzubauen. Unterschiedliche Charaktere erleben in verschiedenen Subgenres des Thrillers ihre Abenteuer. Ihre Taten beeinflussen die anderen Geschichten und es mündet in einer großen Crossover-Reihe. Das geniale dabei ist, dass jedes Buch bzw. Reihe einzeln lesbar ist. Dieses Projekt war und ist Verlagsuntauglich. Also nahm ich mein Erspartes in die Hand und begann zu schreiben. Nach vier Jahren stehe ich mit stolzen zwölf veröffentlichten Büchern in dieser Welt und weiß, dass ich meine „Divinus-Saga“ mit insgesamt zwanzig Titeln vollenden werde. Daran arbeite ich gerade sehr intensiv. Damit ist aber noch lange nicht Schluss, denn die nächste Reihe ist bereits in Vorbereitung. Eine Profiler-Crime-Reihe steht in den Startlöchern. Ich kann versprechen, dass noch sehr viele Bücher von mir folgen werden.

Roland, ich habe gelesen, dass dich der österreichische Autor Thomas Brezina inspiriert hat, selbst Geschichtenerzähler zu werden. Kannst du uns das etwas näher erklären?

Gerne. Ein großer Kritikpunkt an unserem Schulsystem ist in meinen Augen, dass die Kinder und Jugendlichen die falschen Bücher in der Schule präsentiert bekommen. Ich kann mich daran erinnern, dass es eine Qual für mich war die trockenen und langweiligen Bücher zu lesen. Thomas Brezina mit seiner Knickerbockerbande und den Tom Turbo Büchern war der Knackpunkt. Diese Bücher verschlang ich und dabei entdeckte ich meine Leidenschaft zum Lesen. Brezinas Geschichten inspirierten mich auch, dass ich meine eigenen Knickerbockerbande-Fälle als Kind entwickelte. Man kann sagen, dass Thomas Brezina daran schuld ist, dass aus mir eine Leseratte und auch ein Schriftsteller wurde. Hätte mir meine Mutter damals nicht das Buch „Wenn die Turmuhr 13 schlägt“ von Thomas Brezina geschenkt, würde es mich in dieser Form heute nicht geben.

Dein erster Roman erschien Ende 2019, danach beherrschte die Corona-Pandemie jahrelang unseren Alltag. Wie war für dich diese Zeit und welchen Einfluss, hatte dies auf deinen Schreibprozess?

Der Lockdown war ein Fluch und Segen zugleich. Als ich im Dezember 2019 meinen Debütthriller „Abzweigungen“ veröffentlichte, hatte ich viele große Pläne. Über ein dutzend Lesungen war geplant und bereits fixiert. Ich wollte zu den Buchmessen, Kontakt zum Buchhandel aufbauen und vieles mehr. Plötzlich stand die Welt still. Alles wurde abgesagt und danach auch nicht mehr nachgeholt. Allerdings hatte ich viel Zeit, an meinem Schreibstil zu arbeiten und auch vieles über das Marketing im Selfpublishing-Bereich zu lernen. Ich nahm jedes spannende Online-Coaching-Angebot wahr, informierte mich auf allen Wegen und lernte sehr viel. Außerdem konnte ich meine Bücher wesentlich schneller verfassen, als ich es eigentlich geplant hatte. Man könnte sagen, dass ich die Zeit genutzt habe, mich als Autor wesentlich zu verbessern und ich war ein Stammgast bei der Post, weil ich nur so meine Bücher verkaufen konnte, aber mir fehlte der direkte Kontakt und auch das Networking abseits des Internets. Gerade heuer auf der Buch Wien stellte ich fest, wie wichtig die Präsenzveranstaltungen sind. Da ich aber nicht wusste, wie es als Selfpublisher vor Corona wirklich lief, hatte ich mich angepasst und habe nach einigen Veröffentlichungen die Schritte in die Präsenzveranstaltungen gewagt. Das ist gerade sehr spannende und neue Erfahrungen meines Autorenlebens.

Wie können wir uns generell die Arbeit an einem neuen Buch vorstellen? Wie und wo findest du deine Inspirationen?

Die Inspiration war schon immer da. Als Kind habe ich eigene Knickerbockerbande-Abenteuer entwickelt. In der Jugend zerlegte ich jede Serie oder Film, die mir nicht so gefielen und entwarf alternative Enden oder Geschichten dazu. Das mündete in den Fanfictions. Im Prinzip notiere ich mir schon mein ganzes Leben lang Ideen. Es kommen ständig welche dazu, aber ich greife auch ständig in meine Notiz Box und lass mich von älteren Ideen inspirieren. Mittlerweile habe ich einen gut strukturierten Ablauf, wie ein Buch bei mir entsteht. Am Anfang gibt es die Idee. Diese wird zu einem Konzeptplot. Die grundlegende Story und die Charaktere sind ausgearbeitet, die Details und der genaue Handlungsablauf fehlen noch. Es folgt die Recherche. Danach geht es an den Hauptplot. Die gesamte Geschichte, inklusive der Kapiteleinteilungen wird vorgenommen. Wenn die Story steht, plane ich einen Schreib-Rhythmus. Meistens nehme ich mir eine Woche Urlaub und schreibe jeden Tag in drei Blöcken. Von 8-12:30 / 14-18 / 20-23 Uhr. Meistens ist die Rohfassung in vier Tagen fertig. Danach folgen die Überarbeitungsschritte. Sechszehn Durchläufe werden abgearbeitet, wobei jeder Durchlauf ein anderes Thema hat. Sobald die Rohfassung fertig ist, bekommen meine Testleser*innen das Skript zugesendet. Deren Kommentare sind sehr wichtig und damit mache ich den Feinschliff der Rohfassung. Es folgt das Lektorat und das Korrektorat. In dieser Zeit entstehen auch der Klappentext und das Cover. Sobald das finale Skript fertig ist, mache ich mich an die Veröffentlichungsarbeit.

Du veröffentlichst ohne Verlag als Selbstpublisher. Wieso hast du diese Entscheidung getroffen und wo liegen hier die Vor- und Nachteile?

Meine „Divinus-Saga“, wie vorhin schon erklärt, ist nicht tauglich für einen Verlag. Generell für keinen. Also habe ich gar keinen Verlag gesucht. Ab 2024 werde ich aber zu einem Hybrid-Autor. Die Divinus-Saga läuft weiter im Selfpublishing und meine neue Reihe erscheint bei einem Verlag. Genau das war mein Ziel. Storys, die nicht in einem Verlag passen, aus welchen Gründen auch immer, kann ich selbst veröffentlichen. Aber natürlich war es auch mein Ziel, gewisse Bücher bei einem Verlag unterzubringen. Mein Plan ging schneller auf, als ich mir das erwünscht oder erhofft hatte. Wie bei fast allem im Leben hat alles seine positiven und negativen Seiten. Im Selfpublishing ist man sein eigener Chef. Man hat über alles die Kontrolle und kann alles selbst entscheiden. Das ist aus kreativer Sicht ein absoluter Pluspunkt. Jedoch der Aufwand ist negativ, weil man wirklich alles selber machen muss oder es sehr teuer zukauft. Was ich aber am meisten am Selfpublishing liebe ist, dass gewisse Geschichten, die niemals bei einem Verlag erscheinen würden, weil es nicht Mainstreamtauglich ist, trotzdem veröffentlicht werden. Ich habe schon einige Perlen im SP-Bereich gefunden. Die kreative Freiheit ist und bleibt der größte Pluspunkt des Selfpublishing.

War es von vorneherein geplant, ein so umfassendes Universum zu erschaffen oder hat sich das erst nach und nach ergeben?

Ich folge einem ganz wichtigen Prinzip in der Story-Entwicklung! Bevor du das Ende nicht kennst, schreibst du nicht das erste Wort der Geschichte. Es gibt so viele Serien, Filmreihen und auch Bücher, die so gut angefangen haben und dann entweder nie beendet wurden oder sich selbst im Chaos verloren haben, weil der Autor oder die Autorin dahinter einfach keinen Plan fürs Ende hatte. Bevor ich das erste Wort bei „Abzweigungen“ verfasst hatte, stand das Ende der Saga fest. Anfangs waren es 15 Bücher. Mittlerweile sind es 20, weil gewisse Handlungsstränge so mächtig waren, dass sie eigene Bücher benötigten. Außerdem wird das große Finale in einem Mehrteiler erscheinen, weil diese Geschichte in einem Buch nicht genügend Platz haben kann. Aber mein Buch-Universum war von Anfang an geplant. Wer mir nicht glaubt, kann sich gerne die ersten Bücher nochmals durchlesen und die „Easter Eggs“ suchen. In jedem Band sind Hinweise auf die anderen Bücher versteckt. Das habe ich bewusst eingebaut, damit ich immer Beweisen kann, dass der Plan ab Anfang an genau so war, wie ich es geschrieben habe.

20 Bücher soll deine “Divinus”-Sage umfassen, da kann sich George R.R. Martin ja noch was abschauen 😉 – Hast du auch abseits deines Universums Pläne?

Richtig. Mein Plan ist es, dass Buch 13-16 im Jahr 2024 erscheint. Die finalen vier Bände sollten 2025 auf den Markt kommen – spätestens 2026. Dann ist die „Divinus-Saga“ abgeschlossen. Das war meine erste Idee – auch wenn es die Größte war. Wie oben schon erwähnt, arbeite ich bereits an einer Profiler-Crime-Reihe, wo sich ein Verlag die Rechte dafür gesichert hat. Geplant war diese Reihe für 2026. Das wird jetzt vorgezogen und es freut mich riesig, dass ich diese Bücher für den Verlag verfassen darf. Damit ist aber auch noch kein Ende in Sicht. Viele Projekte warten nur darauf umgesetzt zu werden. Ist der Verlag interessiert, wird es über ihn veröffentlicht. Falls nicht, dann gibt es immer noch den Weg, dieses Skript andere Verlage anzubieten oder ich bringe sie im Selfpublishing heraus. Ich kann euch versprechen, dass ihr in den nächsten Jahren noch sehr viel von mir hören bzw. lesen werdet.

© Daniela Klein

Danke für die interessanten Einblicke. Willst du unseren Leser*innen zum Schluss noch etwas mitteilen?

Als Autor ist es mir immer sehr wichtig zu erwähnen, dass die Fähigkeit des Lesens etwas ganz Besonderes ist. In unserer Zeit, wo es ein Overload an Medien gibt, besonders im Internet und am Handy, möchte ich mich bei jeder Person bedanken, die trotzdem Bücher kaufen und ihre eigene Fantasie damit füttern. Bitte bewahrt euch dieses wunderschöne Talent und lest, soviel ihr könnt. Obwohl ich Serien und Filme liebe, kann ich behaupten, dass es nichts Besseres gibt, als das eigene Kopfkino! Bleibt gesund und dem Lesen treu!

Weitere Informationen und Bestellmöglichkeiten findet ihr auf der Webseite von Roland Hebesberger.


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