Österreichischer Buchpreis 2023 wurde vergeben


© Suhrkamp Verlag

Clemens J. Setz wurde am Montag für sein Buch „Monde vor der Landung“ (Suhrkamp Verlag) mit dem Österreichischen Buchpreis ausgezeichnet. Der Debütpreis ging an Arad Dabiri für den Titel „Drama“ (Septime Verlag).

Die Verleihung fand zum Auftakt der Buch Wien-Woche vor rund 200 geladenen Gästen im Wiener Kasino am Schwarzenbergplatz statt. Durch den Abend führten Dorothee Hartinger und Philipp Hauß gemeinsam mit den Studierenden des zweiten Jahrgangs Schauspiel der Musik und Kunst Privatuniversität Wien. Die musikalische Umrahmung erfolgte durch SarahBernhardt.

Der Österreichische Buchpreis ist mit 20.000 Euro dotiert, die vier weiteren Titel der Shortlist mit jeweils 2.500 Euro. Dies waren:

  • Milena Michiko Flasar – Oben Erde, Unten Himmel
  • Wolf Haas – Eigentum
  • Maja Haderlap – Nachtfrauen
  • Teresa Präauer – Kochen im falschen Jahrhundert

Die Jury: „Clemens J. Setzs Roman „Monde vor der Landung“ erzählt das Leben eines Querdenkers „avant la lettre“, ohne dessen obskure Gedankenwelt lächerlich zu machen oder umgekehrt zu verharmlosen. Das Innenleben des Protagonisten Peter Bender, dessen historisches Modell in den 1920er Jahren relativ erfolgreich die sogenannte Hohlwelt-Theorie propagiert hat, wird in all seinen Schattierungen und sozialen Verästelungen offengelegt, aber niemals denunziert. Selbst in den offensichtlichen Unaufrichtigkeiten gegenüber seinen glühenden Anhängern sowie den Lieblosigkeiten gegenüber seiner eigenen Frau und seiner heimlichen Geliebten wirkt Bender menschlich und irgendwie sogar sympathisch. Angesichts der radikalen politischen Verwerfungen in den 1930er Jahren mit ihren viel tieferen ethischen Abgründen und Brutalitäten erscheint Benders verquere Weltsicht plötzlich gar nicht mehr so haarsträubend wie zunächst. Sein trauriges Schicksal und das seiner jüdischen Frau im Nationalsozialismus wird so fragmentarisch berichtet, wie sie überliefert sind, sodass stets Dezenz gewahrt bleibt. Die kulturell, historisch und sprachlich ausgesprochen sensible Erzählinstanz ergreift niemals Partei und legt kein Urteil nahe. Auf diese Weise können Leserinnen und Leser ihren eigenen Zugang in die komplexe Thematik entwickeln und das soziale Abtriften eines trotz allem einnehmenden Menschen „von Innen“ erleben.“

© Lana Cerha

Der Debütpreis im Rahmen des Österreichischen Buchpreises ist mit 10.000 Euro dotiert, die zwei weiteren Titel der Shortlist mit jeweils 2.500 Euro. Der Debütpreis wird von der Arbeiterkammer Wien gestiftet und ging an Arad Dabiri für sein Debüt “Drama”.

Die Jury: „Die jüngere österreichische Literatur ist reich an großartigem Grauen, das durch die Provinz geistert. Stadtromane aber sind selten – und Großstadtromane mangels großer Städte noch rarer. „Drama“ von Arad Dabiri ist ein Großstadtroman. Wien wird zum Labyrinth – und zur zweiten Hauptdarstellerin der Erzählung. Die Stadt schnauft schwer. Sie ächzt und taumelt. Mit der regelmäßig prämierten „lebenswertesten Metropole der Welt“ teilt sich Dabiris Wien nur die schmucken Altbaufassaden und den Flughafen, an dem die Odyssee des Protagonisten ihren Ausgang nimmt. Er wollte und ging weg – und kommt zurück. Für eine räudige Nacht. Für einen Rausch ohne Reue. Er trifft auf echte und falsche, auf einstige und eingebildete Freunde. Er hört ihr zielloses Geseier und Geeiere. „Drama“ ist – natürlich – hochdramatisch: Eines kurzen Tages lange Reise in die Nacht. Und: „Drama“ ist Drama: großes Gossentheater, eine Schmierenkomödie über Szenekaiser und Gernegroße, über deren Sprüche und die in diesen Sprüchen verborgenen Sehnsüchte, Ängste und Abgründe. Dabiri spielt mit dem Theater als Form, von der Ouvertüre bis zum letzten Vorhang – ohne großes Theater darum zu machen. „Drama“ ist schnell und das, was man früher vielleicht „rotzig“ nannte. „Drama“ ist Satire und Suada, ein großes, sehr bewusstes und selbstbewusstes Spiel mit dem Spiel im Spiel – und auf verspielte Art ernst. Nach der Lektüre möchte man duschen. Und nach dem Duschen noch einmal „Drama“ lesen.“

Die Jury

Die Jury für den Österreichischen Buchpreis setzt sich 2023 aus Verena Brunner-Loss (Buchhändlerin, Buchhandlung Brunner), Imogena Doderer (Kulturredakteurin, ORF), Joachim Leitner (Kulturredakteur, Tiroler Tageszeitung), Katrin Schumacher (Literaturkritikerin, MDR) und Norbert Christian Wolf (Literaturwissenschaftler, Universität Wien) zusammen.

Über den Österreichischen Buchpreis

Ziel des Österreichischen Buchpreises ist es, die Qualität und Eigenständigkeit der österreichischen Literatur zu würdigen und ihr im gesamten deutschsprachigen Raum die gebührende Aufmerksamkeit zu verschaffen.

Der Österreichische Buchpreis wird vom Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport (BMKÖS), dem Hauptverband des Österreichischen Buchhandels und der Arbeiterkammer Wien 2023 bereits zum achten Mal ausgerichtet.


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