Dunkle Geheimnisse und verstockte Dörfler
Winter 2021. Temperaturen im zweistelligen Minusbereich. Schüsse auf dem Hof von Walter Lange, einige Krähen finden den Tod. Drehte der kauzige und wortfaule Walter mal wieder durch? Am nächsten Tag gibt es ein Feuer auf seinem Hof, wenig später brennt der Schwarzackerhof seines Bruders Georg nieder. Bei den Lösch- und Aufräumarbeiten wird die Leiche von Georg, Marthas Vater, gefunden. Sollte Nils Büsing, der Feuerteufel von Ochsenwerder, erneut zugeschlagen haben? Nils ist trotz seiner bald dreißig Jahre geistig eher ein Kind geblieben und hilft Marthas Ehemann Hendrik gelegentlich bei dessen Arbeit. So unscheinbar er wirkt, für mehrere Brandanschläge wurde er zu zweieinhalb Jahren verurteilt, kam unlängst nach achtzehn Monaten auf Bewährung frei und verschwindet prompt nach einer ersten Befragung durch die Polizei.
Doch die Obduktion birgt eine Überraschung, denn Georg wurde vor dem Brand mit einem Kissen erstickt. Zudem entdeckte die Spurensicherung in einer Kühlkammer eine zweite, deutlich ältere Leiche. Könnte es sich dabei um Marthas Mutter Edith handeln, die vor rund vierzig Jahren angeblich ihre Familie verließ?
Bette Hansen war einst Leiterin der Hamburger Mordkommission, leidet jedoch unter Narkolepsie, plötzlichen Einschlafattacken, weshalb sie ihren Job aufgeben musste und in das Haus ihrer Eltern in Ochsenwerder einzog. Edith war eine gute Freundin von Bettes verstorbener Mutter und da die Dorfbewohner eher schweigsam sind und ihre Angelegenheiten unter sich regeln, wird Bette von ihrem Nachfolger Mark Thorben gebeten, einige Befragungen selber vorzunehmen, da sie die Leute im Ort kennt. Aber selbst Bette kommt kaum weiter. Georg und Walter haben seit Jahrzehnten nicht miteinander gesprochen, warum wissen nur sie selbst und nun ist Georg tot und Walter will nicht darüber sprechen. Derweil zündelt ein Brandstifter in einer Laubenanlage und ein fünfzehnjähriger Ausreißer fürchtet schon bald um sein Leben.
Dritter Fall für Bette Hansen
Nach „Hinterland“ und „Tiefergrund“ geht es erneut in das eigentlich idyllische Ochsenwerder, gelegen im Südosten Hamburgs, der sogenannten Vier- und Marschlande. Ländliche Gegend direkt an der Elbe, es könnte traumhaft sein, doch seit Bette Hansen wieder in den Ort gezogen ist, verwandelt sich dieser im jährlichen Rhythmus beständig in eine Stätte des Grauens, wo das – zunächst unsichtbare – Böse Einzug hält und Menschen auf unnatürliche Weise zu Tode kommen.
Wie bei den Vorgängern spielen die bekannten Nebenfiguren wie „Untermieter“ Tyler, Nachbar Mats und die früheren Kollegen der Hamburger Kripo wieder mit. Die Kapitel sind von überschaubarer Länge und werden gegen Romanende noch kürzer, was den Spannungsbogen dank einiger Cliffhanger gekonnt oben hält, wenngleich der Erzählton schon dem eines Wohnfühlkrimis ähnelt. Abwechselnd werden verschiedene Figuren – Bette, Martha, Marcu (der Ausreißer) und Meyra (Kommissarin) – in den Vordergrund geschoben, auch dies steigert das Lesetempo. Inhaltlich greift Autorin Nora Luttmer zu einem gekonnten Kniff, denn die Ermittlungen enden in einer tragischen Familientragödie, während die sehr empathischen Bette und Tyler für eine positive Grundstimmung, eben besagtes Wohlfühlen, sorgen.
Der Krimiplot ist verzwickt, aber dennoch leicht konsumierbar. Obwohl es verschiedene Morde aufzuklären gilt, behält man jederzeit inhaltlich den Überblick, tappt aber wie Bette lange im Dunkeln. Am Ende wird es mehr als turbulent, denn es folgen einige Kapriolen und durchaus überraschende Auflösungen.
Auch in ihrem dritten Fall mag man der sympathischen Protagonistin und ihrem inzwischen wohlvertrauten Umfeld gern folgen. Bleibt somit das nächste Jahr abzuwarten, wenn es wieder heißt: Mord im beschaulichen Ochsenwerder. Irgendwo in der Nähe von Norderelbe und Dove Elbe.
- Autorin: Nora Luttmer
- Titel: Schwarzacker
- Verlag: Rowohlt
- Umfang: 400 Seiten
- Einband: Taschenbuch
- Erschienen: November 2023
- ISBN: 978-3-499-01070-5
- Produktseite
Wertung: 12/15 dpt
