Anthony J. Quinn – Frau ohne Ausweg (Buch)


Inspector Celcius Daly auf Abwegen

Frau ohne Ausweg
© Polar

Jack Fowler gehörte zu den reichsten Männern Nordirlands bevor er mit zweifelhaften Geschäftspraktiken zum Opfer der Immobilienblase wurde. Jetzt steht er vor dem Ruin, denn er hat Fördermittel veruntreut, die eigentlich der Partei Sinn Fein gehören. Ablenkung und Zuflucht sucht er in einem abgelegenen Bordell im Grenzland zur Republik bei der Prostituierten Lena, der einst in ihrer Heimat Kroatien große Versprechungen auf ein besseres Leben gemacht wurden. Fowler fühlt sich zu Lena hingezogen, will sie retten und setzt dabei sogar seine Ehe aufs Spiel. Doch mitten in der Nacht kommt nicht der erwartete Fowler, sondern ihr Zuhälter Sergej zu Lena und bittet diese zu einem kleinen Ausflug.

Wir waren mal ein Haufen idealistischer Terroristen. Und jetzt schau, was aus uns geworden ist. Immobiliendeals, Spesenkonten, Geliebte, Autos mit Chauffeur. Wie konnten wir nur so gewöhnlich werden?

Inspector Celcius Daly wird im Grenzland zu einem ausgebrannten Fahrzeug gerufen, dessen Fahrer (Sergej) starb. Spuren eines Molotowcocktails finden sich in der Nähe, ebenso wie Abdrücke nackter Frauenfüße, die sich vom Unfallort in den nahegelegenen Wald entfernen. Kurz darauf gibt es einen weiteren Toten, denn Fowler wird in seinem Pool leblos aufgefunden. Ein Selbstmord? Klare Spuren gibt es nicht, aber offenbar erhielt er vor seinem Sturz in den Pool einen Schlag vor den Kopf. Oder stürzte unglücklich. Schnell wird klar, dass beide Fälle zusammenhängen, doch von Lena fehlt jede Spur. Diese wird von ihrem Zuhälter Mikolajek gesucht, der ein Kopfgeld auf Lena ausgesetzt hat, ebenso von einem alten Auftragsmörder der IRA, der die veruntreuten Millionen Fowlers finden soll und nicht zuletzt von der Polizei. Je näher er Lena kommt, desto mehr fühlt sich Daly zu der geheimnisvollen Frau hingezogen und erkennt, dass Lena von der Gejagten längst zur Jägerin wurde.

Zweiter von fünf Romanen

„Frau ohne Ausweg“ ist der zweite von insgesamt fünf Bänden der Celcius-Daly-Reihe, welcher im Polar Verlag erschienen ist. Zudem erhältlich in deutscher Übersetzung sind Band eins („Auslöschung“) sowie der fünfte und somit letzte Band („Gestrandet“). Die Reihenfolge der Veröffentlichung mag irritieren, jedoch lassen sich die Romane problemlos eigenständig lesen. Es geht einmal mehr in das Grenzland zwischen Nordirland und der Republik Irland, so dass fast zwangsläufig alte Paramilitärs (Jack Fowler) und ein früherer IRA-Auftragsmörder die Bühne betreten. Wo wir schon dabei sind, auch die Troubles finden Erwähnung und indirekt das Friedensabkommen, welches nach wie vor fragil erscheint. Jedenfalls tummeln sich in besagtem Grenzland, welches nur schwer zugänglich ist, zahlreiche Schmuggler, Menschenhändler und weitere Kriminelle, die nicht entdeckt werden wollen. Ein vermeintlich guter Ort für ein illegales Bordell, in dem Frauen, denen man die Pässe abgenommen hat, arbeiten können.

Ich kenne eine vorübergehende Lösung für die politische Krise.“
„Und die wäre?“
„Guiness. Angeln an einem kühlen Fluss in Donegal. Frischer Lachs zum Abendessen. Und mehr Guiness.

Aber das Bordell fliegt auf, wenig später ein Labor, in dem Alkohol und Benzin manipuliert wird und zudem verschwinden einige der Prostituierten. Dabei wäre Daly schon froh, wenn er wenigstens Lena finden würde, die es vor ihren Verfolgern zu schützen gilt. Zweimal hat Daly die Gelegenheit, doch Lena gelingt die Flucht, während Daly mehr und mehr die Grenzen seiner polizeilichen Befugnisse überschreitet. Daly ist selbstredend der Protagonist der Reihe, jedoch übernimmt im vorliegenden Fall Lena mehr und mehr die heimliche Hauptrolle, wobei bis zum Schluss unklar bleibt, was sie antreibt und wer womöglich im Hintergrund die Fäden zieht. So ist „Frau ohne Ausweg“ ein bis zuletzt spannender Kriminalfall vor dem besonderen Hintergrund des inneririschen Grenzverlaufs, dessen wilde Landschaft die Handlung eindrucksvoll begleitet. Die Figurenzeichnungen der ambivalenten Hauptfiguren Lena und Daly ist ebenfalls überzeugend, allein Dalys Partner Derek Irwin von Special Branch ist etwas überzogen charakterisiert. Sei’s drum, wer sich für Irland und die dortige politische Gemengelage interessiert, findet von Anthony J. Quinn eine Krimireihe, die man gelesen haben sollte.

Fans von Adrian McKinty („Der katholische Bulle“; Sean-Duffy-Reihe), Stuart Neville (Jack-Lennon-Reihe) oder Brian McGilloway (Ben-Devlin-Reihe) sollten natürlich ebenfalls zugreifen.

  • Autor: Anthony J. Quinn
  • Titel: Frau ohne Ausweg
  • Originaltitel: Border Angels. Aus dem Englischen von Sven Koch. Mit einem Nachwort von Christian Koch.
  • Verlag: Polar
  • Umfang: 304 Seiten
  • Einband: Taschenbuch
  • Erschienen: Oktober 2023
  • ISBN: 978-3-948392-85-7
  • Produktseite


Wertung: 11/15 dpt


Schreibe einen Kommentar

Hinweis: Mit dem Absenden deines Kommentars werden Benutzername, E-Mail-Adresse sowie zur Vermeidung von Missbrauch für 7 Tage die dazugehörige IP-Adresse, die deinem Internetanschluss aktuell zugewiesen ist, in unserer Datenbank gespeichert. E-Mail-Adresse und die IP-Adresse werden selbstverständlich nicht veröffentlicht oder an Dritte weitergegeben. Du hast die Option, Kommentare für diesen Beitrag per E-Mail zu abonnieren - in diesem Fall erhältst du eine E-Mail, in der du das Abonnement bestätigen kannst. Mehr Informationen finden sich in unserer Datenschutzerklärung.

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Ähnliche Beiträge

Du möchtest nichts mehr verpassen?
Abonniere unseren Newsletter!

Total
0
Share