Iris Antonia Kogler – Inside Underdog, Backstage-Notizen (Buch)


Hinschauen. Zuhören. Mit ihrer jüngsten Veröffentlichung „Inside Underdog“ bringt Autorin Iris Antonia Kogler ihre Leserschaft dazu, genau das zu tun.

Nicht erst seit Corona weiß man: Kulturschaffende besitzen keine Lobby in unserer Gesellschaft. Diese Erfahrung macht die namenlos bleibende Protagonistin sogar noch bevor ihre berufliche Laufbahn überhaupt beginnt. Arbeitslos direkt nach der Ausbildung zur Dramaturgin, möchte sie sich dennoch nicht auf staatliche Hilfe verlassen und nimmt an Jobs, was sich ihr bietet. Ein Fehler, denn gerade dadurch landet sie ganz unten im System.

[…] sie könne ja auch einen einfachen Job annehmen. Putzen oder so. Nur um wegzukommen von der Unterstützung. ,Machen Sie das nicht‘, sagt der Mann hinter dem Schreibtisch. ,Wenn Sie das ein Mal machen, kommen Sie danach nicht mehr von der Schiene runter.‘ Sie hat ihm nicht geglaubt. Inzwischen weiß sie, das war dumm von ihr. Es ging bergab. Stetig. Seite 5

„Backstage-Notizen“ hat Kogler ihre Sammlung von 54 autofiktionalen Skizzen untertitelt. Jeder einzelne dieser kurzen Texte besitzt genug literarisches Gewicht, um für sich allein zu bestehen. Zusammengenommen ergeben sie eine aus losen Mosaiksteinen zusammengefügte Erzählung, die einen Zeitraum von vier Jahren umspannt.

Kogler nutzt die facettenreiche Erzählweise geschickt um auf die unterschiedlichsten Aspekte einzugehen. Dabei geht es nicht allein um die harten Bedingungen in den unterschiedlichen Jobs. Indem sie aus der Perspektive einer Betroffenen berichtet, lässt sie uns direkt nachspüren, wie es sich anfühlt am unteren Rand des Arbeitsmarktes zurechtzukommen. Sie benennt die Missstände ganz konkret. Schlechte Bezahlung, fehlende Rechte, Diskriminierung und sexuelle Belästigung gehören dazu. Sie fügt ihrer Sozialkritik eine schonungslose Geselschaftskritik hinzu. Denn der Mangel an Respekt und Wertschätzung denjenigen gegenüber, die hinter den Kulissen wirken, ist psychisch belastend. Menschen, die in der Hierarchie unten stehen, werden einfach übersehen, was ihre Position noch weiter untermauert. Koglers Geschichten machen diese Unsichtbaren sichtbar.

Die Hauptfigur ist resilient. Sie entwickelt ihre eigenen Mechanismen, um diese schwere Zeit zu überstehen. Die Autorin inszeniert deren Alltag mal in humorvollen, mal in anrührenden Bildern. Es entsteht das Porträt einer Frau, die ihre Würde nicht durch Anerkennung von außen definiert, sondern ihre eigenen Maßstäbe festlegt.

Kogler hat ihre sehr persönlichen Erlebnisse in eine Art Künsternovelle verwandelt. Sie verharrt nicht in ihrer Kritik am System, sondern zeichnet eine Entwicklungsgeschichte nach, an deren Ende die Hauptfigur durch das Schreiben einen Neuanfang findet.

Ich nahm Dinge aus dem Leben, Bileder, Augenblicke, Satzfetzen und notierte sie auf Post-Ist. Ich begann, über Menschen zu schreiben (…) Ich schrieb eine knapp hundertseitige Geschichte in fünf Tagen herunter. Einfach so. Es fühlte sich an, wie nach Hause zu kommen. Seite 93

Mit ihren authentischen Einsichten adressiert die Autorin die Menschen vor und hinter dem Vorhang gleichermaßen. Sie inszeniert ihre Sozial- und Gesellschaftskritik sprachlich anspruchsvoll ohne dabei die persönliche Entwicklung der Protagonistin zu vernachlässigen.

Kogler ist mit der Veröffentlichung ihres Erzählbandes ein ebenso mutiges wie mutmachendes Stück Literatur gelungen. Dafür gibt’s eine klare Leseempfehlung!

  • Autorin: Iris Antonia Kogler
  • Titel: Inside Underdog – Backstage-Notizen
  • Verlag: Mirabilis Verlag
  • Erschienen: September 2023
  • Einband: Gebundene Ausgabe
  • Seiten: 100 Seiten
  • ISBN: 978-3947857227

Wertung: 13/15 dpt


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