Was geschah mit Lilli Sternberg?
Die neunzehnjährige Lilli Sternberg ist noch immer verschwunden. Verdächtigt wurde ihr Freund Benjamin Reichert, doch dieser wurde in seinem Atelier erschlagen. Sören Brandner gestand den Mord, allerdings passen die Fingerabdrücke an der Tatwaffe nicht zu seiner DNA. Während die Suche nach Lilli weiterläuft, recherchiert Dayita Kumar, Chefredakteurin vom Sellnitzer Wochenblatt, einen alten Fall, bei dem der Bauunternehmer Henning Mauritz vor zwanzig Jahren eine Feriensiedlung auf verseuchtem Land errichtet haben soll. Marina Sarow entfloh aus einer Psychiatrie und schoss mit einem Gewehr auf Mauritz, jetzt will sie von der Meiningenbrücke springen. Kriminalhauptkommissar Tom Engelhardt, der den Fall um Lilli leitet, versucht den Suizid zu vermeiden, doch Sarow springt und überlebt leicht verletzt. Als sie sich wenig später mit der Journalistin Kumar auf einem Parkplatz treffen möchte, wird sie angefahren und schwer verletzt.
Tom Engelhardt und seine Partnerin Mascha Krieger ermitteln mit ihrem Team auf Hochtouren, denn schon bald warten weitere Verbrechen und Todesfälle.
Dritter und letzter Teil der Strand-Trilogie
Sie haben die Inhaltsangabe nicht in Gänze verstanden? Tja, so ging es dem Rezensenten auch und dies liegt daran, dass der dritte und letzte Teil der Strand-Trilogie unmittelbar an den beiden Vorgängern „Vermisst“ und „Verraten“ anknüpft. Wer diese beiden Romane nicht gelesen hat, versteht hier auf den ersten fünfzig bis hundert Seiten nur Bahnhof. Daran, dass eventuell Leser nur den dritten Teil lesen möchten, hat Autorin Karen Sander, die im echten Leben Sabine Klewe heißt, anscheinend nicht gedacht. Selber schuld, also die Neueinsteiger, kann man sagen, dabei gibt es massig Vorbilder, in denen gezeigt wird, dass man mit geeigneten Rückblenden zu Beginn eines Romans, auch neue Leser einbinden oder wie man zeitgemäß sagt „abholen“ kann. Hier gelingt dies später, mitunter jedoch nur teilweise und noch dazu äußerst mühsam.
Kurzes Zwischenfazit:
Wer die ersten beiden Bände kennt, möchte natürlich wissen, was es mit dem Verschwinden von Lilli auf sich hat. Wurde sie ermordet oder lebt sie womöglich noch? Hierzu darf gesagt werden: Kaufen, denn es wird alles „sauber“ aufgeklärt. Sauber in Anführungszeichen, da der Plot mehr als sehr arg konstruiert ist. Aber immerhin, es bleiben keine Fragen über Lilli offen.
Für jene, die die Vorgänger nicht kennen:
Die zahlreichen Kapitel sind kurz bis ultrakurz, manchmal nur zwei Seiten lang. Das drückt massiv aufs Lesetempo, allein es bleibt einiges auf der Strecke liegen. Figurenzeichnung, was ist denn das? Über die beiden Protagonisten Tom und Mascha erfährt man (zumindest im dritten Teil) privat so gut wie gar nichts. Toms Frau ist verstorben, weswegen er sich an die Ostsee versetzen ließ, es gibt eine fünfjährige Tochter und er trägt einen Bart. Von Mascha erfahren wir, dass sie als kleines Kind adoptiert wurde und ihre wahre Mutter sucht. Wer sich an einer solchen Oberflächlichkeit nicht stört, es muss ja in der Handlung weitergehen, mag darüber hinwegsehen.
Eignet sich der Krimi als Urlaubslektüre vor Ort? Leider nein, denn die Handlung spielt auf dem wunderschönen Darß, allerdings in dem fiktiven Ort Sellnitz. Warum auch immer? Für diesen Ort wäre auf der beliebten Urlaubshalbinsel kein Platz und er wird zudem nicht weiter beschrieben. Man hätte also die Kriminalpolizei genauso gut an einem der realen Orte ansiedeln können. Was erfahren wir über den Darß? Es gibt die Meiningenbrücke und einen alten Bunker, dazu werden zwei, drei reale Orte namentlich erwähnt. Ende der Durchsage. Für mehr reicht es kaum; wie gesagt, es muss ja weitergehen.
Finales Fazit:
Wer die Vorgänger kennt, erfährt hier die ersehnte Auflösung. Bis dahin findet eine atemberaubende Achterbahnfahrt statt, deren Tempo und Action beeindruckend ist. Für Neueinsteiger ist der dritte Band hingegen ungeeignet und wer eine passende Urlaubslektüre für den Darß sucht, greift besser gleich zu den Krimis von Corinna Kastner.
Autorin: Karen Sander
Titel: Der Strand: Vergessen
Verlag: Rowohlt
Umfang: 384 Seiten
Einband: Taschenbuch
Erschienen: Juni 2023
ISBN: 978-3-499-00806-1
Wertung: 7/15 dpt
Ich lese zur Zeit DER STURM VERGRABEN von Karen Sander. Leider muss ich kritisieren, dass die Autorin den Darß überhaupt nicht kennt und immer nur plakativ vom Darß spricht. Als jemand, der das Fischland und den Darß kennt, bedauerlich. Sie verzichtet auf jedes Lokalkolorit. Warum?
Sonst ist der Titel lesbar.
Hanns Rainer Perten
Rostock