Die größte Katastrophe der Schweizer Eisenbahn und ein Verbrechen
Basel im Jahr 1890. Die achtzehn Jahre junge Ida will sich mit ihrer großen Liebe, dem zwei Jahre älteren Wilhelm treffen, mit dem sie sich heimlich verlobt hat. Doch dieser erscheint weder zur Verabredung noch am nächsten Tag zur Arbeit. Eine Vermisstenanzeige wird aufgegeben und da Idas Vater etwas Geld auf Seite gelegt hat, wird zusätzlich der Privatermittler Stohler beauftragt, Wilhelm zu finden. Derweil macht sich Karl, ein Bekannter von Wilhelm, dessen Abwesenheit zu Nutze und stellt Ida hartnäckig nach.
Schon bald muss Ida eine Entscheidung treffen, denn sie befindet sich in anderen Umständen und eine unverheiratete Frau, das wäre dann doch ein zu großer Skandal. Ida und Karl heiraten, ziehen zusammen und machen sich am 14. Juni 1891 mit dem Zug auf den Weg nach Münchenstein, wo ein Bezirkssängerfest zahlreiche Gäste anlockt. Folglich ist der Zug überfüllt, schnell werden weitere Waggons angehangen und eine zweite Lok zur Unterstützung gestellt. Mit über fünfhundert Fahrgästen beginnt die rund zwanzig Minuten dauernde Fahrt.
Der Bahnhof in Münchenstein ist bald in Sicht und mit ihm die Birsbrücke, die über den gleichnamigen Fluss führt, welcher aufgrund zahlreicher Regentage viel Wasser führt. Kaum hat der Zug jedoch die Brücke befahren, bricht diese auseinander. Ida und ihr inzwischen einjähriger Sohn überleben. Später werden dreiundsiebzig Tote und hunderteinundsiebzig Verletzte zu beklagen sein, eine Person bleibt indes verschwunden: Karl.
Informative und unterhaltsame Zeitreise
„Eiffels Schuld“ von Stefan Haenni ist ein facettenreiches Buch, welches aus mehreren Gründen lesenswert ist. Die Suche nach Wilhelm liest sich teils wie ein Krimi. Privatermittler Stohler findet mehrere Verdächtige, denn das Wilhelm nicht wie zuweilen kolportiert nach Amerika ausgewandert ist, sondern vermutlich einem Gewaltverbrechen zum Opfer wurde, scheint ausgemacht. Karl neidete Wilhelm die Freundin, ein alter Schulfreund schuldete Geld und ein Arbeitskollege kämpfte mit ihm um eine mögliche Beförderung.
„Keine Details.“
„Entschuldigen sie, Herr Bundesrat.
Neben dem in den Jahren von 1890 bis 1892 in Basel spielenden Teil, gibt es einen weiteren Erzählstrang, welcher in den Jahren 1879 bis 1893 spielt und in dessen Mittelpunkt der weltberühmte Ingenieur Alexandre Gustave Eiffel steht. Eines seiner ersten Ingenieurbauwerke war die Birsbrücke. Neben dieser Katastrophe, dem größten Eisenbahnunglück der Schweiz, plagen Eiffel weitere Probleme. Eine beauftragte Schleusenanlage am Panama-Kanal kann nicht zu Ende gebaut werden, da die Betreibergesellschaft in Konkurs ging. Ärger droht hier wegen bereits erfolgter Zahlungen an Eiffel für weitere Bauteile. Zudem regt sich Widerstand zahlreicher Künstler gegen den später nach ihm benannten Eiffelturm. Gemeinsam mit seinem leitenden Ingenieur Maurice Koechlin, dieser entwarf die Unterkonstruktion der Freiheitsstatur, blickt Eiffel auf die Geschehnisse.
Neben zwei Vermisstenfällen, Wilhelm und später Karl, erfährt man einiges über das Leben von Eiffel sowie die Errichtung von Ingenieurbauwerken, die verständlich erläutert werden. Zudem bilden Basel und Paris bildgewaltige Kulissen, über deren Historie und Gegenwart ebenfalls viel zu erfahren ist. Ein rundum stimmiges Werk, dass kurzweilig, spannend und informativ unterhält.
- Autor: Stefan Haenni
- Titel: Eiffels Schuld
- Verlag: Gmeiner
- Umfang: 256 Seiten
- Einband: Taschenbuch
- Erschienen: August 2023
- ISBN: 978-3-8392-0477-1
- Produktseite
Wertung: 12/15 dpt
Lieber Herr Kijanski
Besten Dank für die schöne Rezension und beste Grüsse aus der Schweiz. Stefan Haenni