Kevin Major – One for the Rock (Buch)


Kniffliger Plot vor bildgewaltiger Kulisse

One for the Rock
© Pendragon

Es lief schon mal besser für Sebastian Synard, denn nachdem er seinen Abschied als Lehrer maßgeblich selber verschuldete, ging anschließend seine Ehe mit Samantha in die Brüche. Vor einem Jahr erfolgte die Scheidung, an Wochenenden besucht ihn immerhin sein zwölf Jahre alter Sohn Nicholas, was sich ändern wird, denn dieser drängt zur Anschaffung eines Hundes, welcher kurze Zeit später die Beiden in Beschlag nimmt. Beruflich hat sich Sebastian neu orientiert und das Projekt „On the Rock(s)“ gegründet, eine Ein-Personen-Firma, die für kleine Gruppen Führungen über die Insel Neufundland anbietet.  

Die aktuelle Gruppe besteht aus sechs Personen. Dem Ehepaar McVickers, Lois Ann Miller, der 81-jährigen Lula, der attraktiven Renée und dem 75-jährigen Graham Lester, der allzu oft auf sein Handy blickt. Am ersten Tag geht es über den North Head Trail am Signal Hill zu dem kleinen Ort Battery, wobei man herrliche Aussichten genießen kann. Allerdings sollte man aufpassen wohin man tritt, denn es geht an den Klippen steil nach unten. Es kommt wie es kommen muss. Graham verliert kurzzeitig den Anschluss an die Gruppe und Sebastian findet wenige Minuten später dessen leblosen Körper auf einem Felsvorsprung; zwanzig Meter tiefer.

Inspector Frederick Olsen von der Royal Newfoundland Constabulary übernimmt die Ermittlungen, wobei unklar ist, ob es sich um einen Unfall, das Handy macht es zur wahrscheinlichsten Ursache, einen Suizid oder gar einen Mord handelt. Verdächtig ist zudem, dass Grahams Handy unauffindbar ist, was daran liegt, dass Sebastian es eingesteckt hat. Unterschlagung von Beweismitteln, aber die Neugier siegt und so findet Sebastian auf dem Handy Nachrichten, die darauf hindeuten, dass Graham einiges zu verbergen hat. Windige Investments, bei denen die Anleger viel Geld verloren haben, darunter eine gewisse Lois Miller. Ob die Namensgleichheit ein Zufall ist? Olsen bittet Sebastian um Hilfe, denn dieser hat unmittelbaren Zugang zur Gruppe, was Sebastian zunächst wenig behagt, da Olsen der neue Mann im Leben von Samantha ist. Dennoch siegt auch hier die Neugier, was nicht unbemerkt bleibt. Mit schmerzhaften Folgen.

Vielversprechender Serienstart

Kevin Major ist im Pendragon-Verlag kein Unbekannter, denn dort erschien 2009 sein lesenswerter Roman „Caribou“ über jenes zivile Passagierschiff, welches ohne Vorwarnung am 14. Oktober 1942 von dem deutschen „U 69“ torpediert wurde. 237 Menschen waren an Bord, davon über die Hälfte Soldaten auf ihrer Fahrt in den Heimaturlaub auf Neufundland, doch nur hundert Personen überleben die Katastrophe. Major wurde auf Neufundland, für Einheimische „The Rock“, geboren, lebt dort in St. John’s und kennt die am Sankt-Lorenz-Strom liegende Insel bestens, deren fotogene Schönheit als bildgewaltige Kulisse dient. Raue Landschaften, steile Felshänge, gelegentliche Blicke auf Buckelwale und Eisberge inklusive.

Was will man mehr? Im Fall von Sebastian einen guten, möglichst torfigen Whisky, dem Sohn beim Spielen mit Gaffer, dem Hund, zusehen und womöglich etwas Action im derzeit trostlosen, da nicht stattfindenden Liebesleben. Sebastian ist zunächst nicht der größte Sympathieträger, wächst einem aber mit zunehmender Dauer dann doch ein wenig ans Herz, so dass man sich auf den zweiten Band „Two for the Tablelands“ freuen kann (laut Verlag „in Vorbereitung“).

Der Auftakt des Plots wirkt altbekannt. Das Privatleben hakt, ein mysteriöser Todesfall und ausgerechnet der Partner der Ex leitet die Untersuchung. Dazu scheinen einige in der Gruppe ihre Geheimnisse zu haben. Gleichwohl ist der Plot dennoch bemerkenswert anders im Vergleich zum üblichen Mainstream, denn wer womöglich für den Tod von Graham verantwortlich ist, zeigt sich bereits rund neunzig (!) Seiten vor Ende des Romans. Es folgen überraschende Wendungen, wenngleich routinierte Krimifans womöglich schon vorher mal kurzzeitig an einen der beliebtesten Krimis von Agatha Christie dachten. Sei’s drum, „One for the Rock“ bietet einen ungewöhnlichen Plot, der mit dem Roman von Agatha Christie, dessen Titel an dieser Stelle verständlicherweise nicht genannt werden darf, lediglich die „Auflösung“ gemein hat.

Nicht ganz so überraschend wie die weitere Entwicklung ist, dass Olsen und Sebastian sich ein wenig näherkommen, wobei das Wort Freundschaft denn doch zu viel des Guten wäre. Immerhin trinkt man nach dem Finale gemeinsam ein paar Gläser Whisky. Man mag es positiv oder negativ sehen, das Privatleben des Protagonisten nimmt ordentlich viel Platz ein.

Wer sich für eher unbekannte Kulissen und ausgefallene Plots interessiert, findet mit der neuen Serie um Sebastian Synard ein Personaltableau, welches einen zunehmend einnimmt. Und selbst wenn man nicht gleich seinen nächsten Urlaub in Neufundland plant, für einen guten Laphroaig als Begleitung zur kurzweiligen Lektüre sollte man sich die Zeit nehmen. Weitere, mitunter kostspielige Sorten werden im Roman „empfohlen“.

  • Autor: Kevin Major
  • Titel: One for the Rock
  • Originaltitel: One for the Rock. Übersetzt von Norbert Jakober
  • Verlag: Pendragon
  • Umfang: 236 Seiten
  • Einband: Taschenbuch
  • Erschienen: August 2023
  • ISBN: 978-3-86532-859-5
  • Produktseite


Wertung: 12/15 dpt


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