20.000 Arten von Bienen (Film)


DCM Film

Eigentlich will Coco nur wie alle anderen Mädchen in ihrem Alter behandelt werden – sie möchte auch schöne Badeanzüge tragen, Komplimente für ihre schönen, langen Haare bekommen und ein Kleid zu der Taufe ihrer Cousins anziehen. Aber Coco darf nicht – ständig wird sie gehänselt, weil sie sich wie ein Junge verhalten und kleiden soll. Dauernd wird sie gezwungen, sich für andere zu verstellen, da ihre Tante und Onkel sonst ihre Mutter nerven oder ihre Großmutter traurig wird. Erst auf der Imkerei ihrer Großtante findet sie Freunde, die sie so sehen und akzeptieren, wie sie ist und ihr Raum lassen, sich zu entfalten.

“20.000 Arten von Bienen” ist ein Film, in dem es darum geht, wie ein trans* Mädchen lernt, ihre Identität zu entdecken und für sich einzustehen, während ihre Mutter dazu gezwungen wird, sich selbst zu reflektieren.

Coco, ihre Geschwister und ihre Mutter fahren über den Sommer in die spanische Provinz, um bei der Taufe ihres Cousins anwesend zu sein und damit die Mutter im Kunstatelier ihres verstorbenen Vaters seine Kunstwerke als Probe für eine Jobbewerbung fertig stellen kann. Dieser Job ist für die kleine Familie dabei überlebenswichtig, da sie schon länger Geldprobleme hat. Erstmal angekommen wird, Coco ständig damit konfrontiert, zu verwöhnt, zu verweiblicht und kein richtiger Junge zu sein. Das fängt damit an, dass andere Kinder sie fragen, ob sie ein Junge sei und Verwandte ihr einen Jungen-Haarschnitt aufzwingen wollen. Schlimmer wird es für Coco, als sie mit zum Freibad soll – Glücklicherweise darf sie stattdessen mit zur Imkerei ihrer Großtante, wo sieh auch zum ersten Mal in Kontakt mit den Bienen kommt, die nicht nur für ihren Honig und Wachs, sondern auch als spirituelle Begleiter ihrer Familie und für ihren medizinischen Nutzen gehalten werden. Dort darf Coco sich als Mädchen entfalten, findet eine Freundin und blüht auf.

Im Dorf mit ihrer restlichen Familie muss sich Coco aber wie ein Junge verhalten und wird daran bemessen – das Haar ist zu lang, sie muss Jungen-Kleider tragen und als die Dorfkinder erfahren, dass sie “eigentlich” kein Mädchen ist, trennen sie sich von ihr. Das führt dazu, dass Coco sich in sich kehrt, mit niemandem spricht und sich auch von ihrer Mutter entfernt. Coco wirkt in diesen Szenen depressiv.
In dieser Zeit kommt Coco auch zum ersten Mal mit christlichen Symbolen und Ikonen in Kontakt, die ihre neue Konzepte zum Nachdenken und Verstehen geben. So wird ihr erzählt, dass die Seele den Menschen ausmacht, nicht das Äußere und weibliche Heilige geben ihr einen neuen Namen.
Währenddessen muss sich ihre Mutter um ihre bröckelnde Ehe und ihr Projekt kümmern, durch welches alte Familiendramen aufgerüttelt werden und Coco ständig vor den Geschlechterrollen ihrer Familie zu schützen. Dabei hinterfragt sie auch immer öfter ihre eigene geschlechtliche Identität.

Der Film ist bildlich einfach nur schön. Wunderschöne Landschaften werden von intimen und warmen Wohnzimmern abgelöst, während alles in ein goldenes Licht getaucht wird. Szenen wurden clever arrangiert, um die Gefühle und Erfahrungen der Figuren geschickt darzustellen. Ausschnitte wurde so arrangiert, um aufzuzeigen, worauf sich Figuren fokussieren. Figuren wurden vom Hintergrund verschlungen, wenn sie sich schämten oder waren in der Mitte des Bildes, wenn sie aufblühen. Geschickt wurden auch Kompositionen genutzt, um Cocos Körper mal androgyn zu zeigen und die Grenzen zwischen Männlichkeit und Weiblichkeit geschickt zu verwischen. Hin und wieder störten mich diese Szenen auch, da sie teilweise sexualisiert auf mich wirkten. Es kann aber auch daran liegen, dass ich nicht an europäische Filme gewöhnt bin.

Insgesamt ist “20.000 Arten von Bienen” ein bildlich schöner Film, der sensibel die Erfahrungen von trans Kindern aufzeigt, die ihr Innenleben nicht artikulieren können. Dabei wird auch aufgezeigt, welche Rolle Geschlechternormen gerade im ländlichen Spanien spielen und wie viel ein Sprengen der strengen Regeln zum Vorschein bringt.

Ich kann den Film jeder*m empfehlen, die gerne Familiendramen und kleine spanische Produktionen lieben.

Titel: 20.000 Arten von Bienen
Originaltitel: 20,000 Species of Bees
Produktionsland und -jahr: Spanien, 2022
Genre: Familiendrama, LSBTIQA+
Erschienen: 2023

Spielzeit: 125 Minuten
Darsteller: Sofia Otero, Patricia Lopez Arnaiz, Ane Gabarain, Itziar Lazko, Sara Cozar
Regie: Estibaliz Urresola Solaguren
Drehbuch: Estibaliz Urresola Solaguren
Kamera: Gina Ferrer Garcia

Schnitt: Raul Barreras
Sprachen/Ton: 
Deutsch, Englisch, Spanisch, DTS-HD Master Audio 5.1

Untertitel: Deutsch, Englisch


Wertung: 11/15 dpt

 


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