Owen Valentine, ein Junkie aus Victoria, ist irgendwem in die Quere gekommen. Jedenfalls beauftragt Drogenboss Hector Kaye die beiden Berufsmörder Lovelock und Pym mit dessen Ermordung, wobei die Leiche so entsorgt werden soll, dass es aussieht als hätte er seine Freundin Christine mit den beiden Kindern Troy und Clover sitzen gelassen. Ein einfach anmutender Auftrag, allerdings gibt es bei der Beseitigung der Leiche einen vermeintlichen Zeugen, der ebenfalls eliminiert werden muss. Nachdem alles erledigt ist, fahren die beiden Killer geradewegs in einen riesigen Waldbrand hinein, den sie Stunden vorher durch unachtsames Wegwerfen eines brennenden Zigarettenstummels selbst ausgelöst haben. Von alldem weiß Inspector Hal Challis von der Crime Investigation Unit in Waterloo natürlich noch nichts und so ermittelt er in einem Brandfall mit zwei Leichen, einem Mord und ist zudem auf der Suche nach einem verschwundenen Drogendealer.
Nach einer Befragung von Christine stellt sich heraus, dass deren sechsjährige Tochter Clover bereits seit einigen Tagen spurlos verschwunden ist. Hal und seine Partnerin Pam Murphy ermitteln mit ihrem Team auf Hochtouren, wobei ihnen Senior Sergeant Serena Coolidge von der Drogenfahndung aus Melbourne mitunter dazwischenfunkt. Sie wittert einen großen Fall und will zum Schlag gegen Kaye ausholen. Challis Freundin, Sergeant Ellen Destry von der Abteilung für Sexualverbrechen, ist währenddessen auf der Suche nach einem Einbrecher, der es sich zur Gewohnheit gemacht hat, nicht nur bei alleinstehenden Frauen einzubrechen, sondern diese auch gleich zu missbrauchen.
Seit mehreren Wochen verschwinden in der Gegend zudem immer wieder große Rasenmäher und Traktoren und die Ice genannte Superdroge, die auch als Crystal Meth bekannt ist, setzt weitere kriminelle Energie frei. Dies führt bis in die Polizeizentrale von Waterloo hinein, in der Challis arbeitet.
Inspector Hal Challis in seinem siebten Fall
„Funkloch“ ist bereits der siebte Fall der Inspector-Challis-Reihe, was insofern bemerkenswert ist, da der australische Spitzenautor ja noch weitere Serien schreibt. Da ist die Constable-Hirschhausen-Reihe sowie vor allem die Wyatt-Serie zu nennen, hinzu kommen weitere Stand-alone-Krimis. Zwei Mal gewann Disher den Ned Kelly Award, Australiens wichtigsten Krimipreis (für „Beweiskette“ mit Hal Challis und „Dirty Old Town“ mit Wyatt). Den Deutschen Krimipreis erhielt er sogar schon fünf Mal („Gier“, „Drachenmann“, „Bitter Wash Road“, „Hope Hill Drive“ und zuletzt 2021 für „Moder“).
„Points, nicht Hits.“
„Okay, wie viele Points?“
„Bis zu zweihundertachtzig.“
„Das macht?“
„Achtundzwanzigtausend Dollar.
Immer wieder ist es beeindruckend zu lesen, wie Disher nicht nur gefühlte zehn Fälle in einem Roman verarbeitet, sondern vor allem, wie diese letztlich ineinanderfließen. Zahlreiche Personennamen auf Seiten der Polizei, aber auch von Opfern, Zeugen und möglichen Tätern, erfordern ein gewisses Maß an Konzentration. Auch die Landschaft von Victoria und vor allem der Mornington Peninsula, wichtigstes Naherholungsgebiet Melbournes mit faszinierender Landschaft, wird ausführlich vorgestellt, zahllose Straßennamen inklusive. Disher schreibt äußerst lebendig, man fühlt sich als Leser vor Ort und mittendrin. Neben den diversen Ermittlungssträngen gilt es auch zahlreiche Probleme aus dem Privatleben seiner Figuren abzuarbeiten. Pam Murphy sorgt sich um ihre Mutter, steht selber kurz vor dem Rauswurf aus ihrer Wohnung und findet eine nahezu für unmöglich gehaltene Liebe. Ellen Destry genießt ihre Beziehung zu Challis, allerdings bereitet ihr die neue Beziehung ihrer Schwester Allie große Kopfschmerzen. Und dann wäre da noch eine Mitarbeiterin bei der CIU Waterloo, deren Mann völlig vom Ice abhängig ist und ihr Schwierigkeiten bereitet, so dass sie sich auf eine verhängnisvolle Zusammenarbeit mit einem kriminellen Geschäftsmann einlässt. Ebenfalls zu erwähnen ist noch die ehrgeizige und attraktive Serena „Cool Bitch“ Coolidge aus Melbourne, die nicht nur den großen Drogenboss fangen möchte, sondern zudem auf ein Stelldichein mit Challis hofft. Dies alles und mehr auf 350 inhaltlich vollgepackten Seiten. Chapeau!
Zuletzt erschien von Garry Disher übrigens „Stunde der Flut“ mit einem neuen Protagonisten; Constable Charlie Deravin. Womöglich der Start für die nächste Serie des Ausnahmeautors.
- Autor: Garry Disher
- Titel: Funkloch
- Originaltitel: Signal Loss. Aus dem Englischen von Peter Torberg
- Verlag: Unionsverlag
- Umfang: 350 Seiten
- Einband: Hardcover
- Erschienen: Juli 2023
- ISBN: 978-3-293-00605-8
- Produktseite
Wertung: 13/15 dpt