Autorinnen im Porträt: „Film ab!“ mit Nora Ephron


Der Literaturpodcast „Autorinnen im Porträt“ hat es sich zur Aufgabe gemacht, in jeder Episode eine Schriftstellerin in den Fokus zu rücken. Dabei schauen wir auf das Leben der Autorin und auf ihr Werk. Wer wir sind? Mariann Gáborfi und Sarah Teicher aus Leipzig.
Wir sind auch Redakteurinnen bei Booknerds.de und haben deshalb beschlossen, zu dem im März 2022 gegründeten Podcast eine begleitende Kolumne zu schreiben. (Alle Folgen der Kolumne im Überblick.)
Heute ziehe ich, Sarah, mich mit euch zurück in die Kühle eines dunklen Kinosaals und sage „Film ab!“ mit Nora Ephron.

Können Männer und Frauen wirklich Freunde sein? Das ist die zentrale Frage im Film „Harry und Sally“. Und Harry (Billy Crystal) sagt: Nein. Die Zwei treffen sich zum ersten Mal zu einer mehrstündigen Autofahrt und es wird schnell hitzig: Dieser Mann und diese Frau kommen auf keinen grünen Zweig. Umso unterhaltsamer ist ihr Schlagabtausch und die Tatsache, dass sie sich über viele Jahre hinweg zufällig immer wieder in New York begegnen. Und Freunde werden – oder doch nicht? Nora Ephron schrieb diese ikonischen Dialoge im Jahr 1989, die heute noch dazu führen, dass Mariann und ich beim Filmabend ständig auf die Pause-Taste drücken: Diskussionsbedarf! Und wir lachen, nicht zu knapp. Mehr als dreißig Jahre später! Meg Ryans Dauerwelle mag aus der Mode gekommen sein, Nora Ephrons Beziehungskonflikte und Dialoge sind noch immer en vogue und auf den Punkt. Screwball Comedy vom Feinsten. (Was ist das?)

Nora Ephron kannte ich hauptsächlich als Name, der oft im Abspann auf der Leinwand zu lesen war. Und ja, es waren Filme, bei denen ich mir den Abspann bis zum Ende ansah, um mich wieder für die Realität zu wappnen. „e-m@il für Dich“ war so ein Film, 1998 im Kino, als Mails noch romantisch-exotisch waren. Aus diesem Grund bin ich sehr froh, dass Mariann dieser Drehbuchautorin eine Podcastfolge widmete, um das Leben und Werk dieser New Yorkerin, die 1941 dort geboren wurde und 2012 auch in dieser Stadt verstarb, näher vorzustellen. Eine spannende Person!

Die komplette Podcastfolge “Nora Ephron im Porträt” vom 29. April 2022 könnt ihr hier anhören.
(Hier geht’s zur Podcast-Seite, mit vielen Quellen zur Recherche in den Shownotes.)

Nora Ephron stammt aus einer jüdischen Autorenfamilie und bringt bezüglich Beziehungskrawall und Verliebtsein die nötige Expertise mit: Sie selbst hatte drei Ehemänner (hintereinander, nicht parallel) und verarbeitet das Ende einer Ehe im Roman „Heartburn“. In der deutschen Übersetzung heißt das Buch „Sodbrennen“, womit die Doppeldeutigkeit des englischen Titels leider verlorengeht. (Dennoch besser gelöst als “Herzschmerz” o.ä.) Verfilmt wurde das Buch später mit Jack Nicholson und Meryl Streep.

Sehr zu empfehlen: “Heartburn” von Nora Ephron. Diese Ausgabe: Virago Press (2018), mit einem Vorwort der Autorin zur Erstausgabe von 1983.

Ich habe mich an die Ausgabe in Originalsprache gewagt und es nicht bereut: absurd, komisch und berührend. Sprachlich auch geeignet für Nicht-Muttersprachler*innen. Natürlich bleibt einem das Lachen im Halse stecken, wenn man die biographischen Hintergründe kennt: Ehpron lebte zur Zeit, in der sie den Betrug ihres Ehemannes während des Schreibens dieser Story verarbeitete, bei ihrem Vater, war hochschwanger und hatte keine Ahnung, wie es weitergehen sollte. Aber gerade das ist das Kraftvolle an ihrem Schreiben: Sie nimmt Alltagsdramen und Tiefschläge, die das Leben bereithält und verwandelt sie in spritzige Dialoge und pointierte Schilderungen absurder Situationen, die einem das Gefühl geben: “Du bist nicht allein, that’s life, Baby. Setz die rosarote Brille ab, denn weiter geht es allemal.” Sobald wir dazu bereit sind, über unsere Fehltritte oder den Griff ins Klo zu lachen, ist Nora Ephron die erste, die das Konfetti wirft. Schade, dass es für sie nie zu einem Oscar gereicht hat, lediglich zu drei Nominierungen konnte sich die Academy durchringen. Zum Beispiel für die Originaldrehbücher von „Harry und Sally“ und „Schalflos in Seattle“. Ihre selbstbewussten Frauenfiguren auf der Kinoleinwand, aus ihren Drehbüchern oder dank ihrer Regieführung, haben maßgeblich zu meinem Verständnis von Weiblichkeit beigetragen. Und wenn ihr einem Mann begegnet, der behauptet, dass noch keine seiner Sexualpartnerinnen einen Orgasmus vorgespielt hätte, dann denkt neben Meg Ryans berühmter Performance doch bitte auch kurz an die Frau, die sich die Szene ausgedacht hat: Nora Ephron.

Im August versorgt euch Mariann dann mit der nächsten „Autorin im Porträt“, seid gespannt! Bis dahin freuen wir uns, wenn ihr auch in andere Podcastfolgen reinhört und uns auf Facebook oder Instagram besucht.

Seid lieb zueinander

eure Sarah

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