Wer kopiert jahrzehntealte Morde?
Antje Servatius und ihr Team vom KK11 werden in eine abgelegene Werkstatt in Ehrenfeld gerufen, wo sie die entsetzlich zugerichtete Leiche der 33-jährigen Linda Kemp finden. Deren Lebensgefährte gerät prompt unter Verdacht, wobei es überraschender Weise gleich zwei davon gibt. Den zurückhaltenden Blumenhändler Ken Harkort, der noch bei seiner Ehefrau und der gemeinsamen Tochter lebt, sowie den äußerst selbstbewussten Tobias Saxen, der vor elf Jahren schon einmal verurteilt wurde; wegen Vergewaltigung in der Ehe. Natürlich verdächtigen sich die beiden Männer gegenseitig, Eifersucht erscheint ein plausibles Motiv, wobei sich die Frage aufdrängt, ob man dann nicht besser den Nebenbuhler ermordet hätte?
Ein Runenzeichen, welches der Toten in die Schulter geschnitten wurde, führt Servatius auf eine vielversprechende Spur, denn einen nahezu identischen Mordfall gab es bereits vor dreiundzwanzig Jahren in Köln. Der damalige Täter wurde gefasst, zu fünfzehn Jahren Gefängnis mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt und ist dank einer günstigen Prognose seit kurzer Zeit wieder frei. Und lebt in Köln.
Eine Woche nach Lindas Leichenfund werden die Ermittler in eine Villa im vornehmen Hahnwald gerufen, wo sich die als depressiv bekannte 48-jährige Frauke Horn anscheinend das Leben nahm. Doch die Selbsttötung durch Strangulation hat einen gewaltigen Haken und so stoßen die Polizisten auch hier auf einen älteren Fall mit identischem Muster. Aber wer sollte teils jahrzehntealte Mordfälle kopieren?
Fortsetzung der Antje-Servatius-Reihe
Nach „Die Kommissarin und der lange Tod“ ist der vorliegende Roman der zweite der Antje-Servatius-Reihe, deren Protagonistin allein mit ihrer Tochter Kira auf einem ehemaligen Bauernhof wohnt. Die 14-jährige leidet unter einer Zerebralparese und ist dadurch auf Krücken angewiesen. Der Vater verabschiedete sich früh aus ihrem Leben, kehrt jedoch jetzt überraschend zurück. Kirill Guzurijew aus Kasachstan hat geschäftlich in der Domstadt zu tun und nimmt Kontakt zu Kira auf, sehr zum Groll von Servatius, die ihm seine damalige Flucht vor der gemeinsamen Verantwortung gegenüber Kira nicht vergessen hat. So erzählt das Autorenduo bestehend aus Annette Neubauer und Peter Strotmann quasi gleich zwei Geschichten in einer oder anders formuliert: Die privaten Probleme der Protagonistin nehmen reichlich Platz ein und tragen zum Buchumfang nicht unwesentlich bei, der mit knapp dreihundert Seiten dennoch überschaubar bleibt. Abgelenkt durch Kirill und eine geheime Notiz von Kira, kann sich Servatius übrigens nicht immer auf die laufenden Ermittlungen konzentrieren. Ebenso menschlich wie unprofessionell.
Mit ihren Kollegen Rudi Seidel und Heiner Gaarst hat Servatius ebenfalls leichte Schwierigkeiten, wenngleich das Team insgesamt gut harmoniert. Der Krimiplot ist nach bekanntem Muster aufgebaut. Es gibt einen eindeutigen Mord, einen weniger klaren Suizid und in beiden Fällen schnell Verdächtige, die teils ebenso schnell wieder aussortiert werden können. Dass die Fälle zusammenhängen ist spätestens in dem Moment klar, als sich herausstellt, dass es sich um nahezu exakte Kopien alter Mordfälle handelt. Nun ja, ein Blick auf den Buchrücken hätte auch gereicht. Die finale Auflösung führt zu einem langen Endspurt, indem noch eine gelungene Pointe hinsichtlich des Mörders folgt. Ein kurzweiliges Krimivergnügen, dessen „privater Anteil“ etwas geringer hätte ausfallen dürfen. Eine Fortsetzung der privaten Turbulenzen ist jedoch zu erwarten; sofern es einen dritten Band geben sollte. Potential dafür ist in jeder Hinsicht genügend vorhanden.
- Autoren: Annette Neubauer / Peter Strotmann
- Titel: Die Kommissarin und die blutigen Spiegel
- Verlag: Lübbe
- Umfang: 287 Seiten
- Einband: Taschenbuch
- Erschienen: Juli 2022
- ISBN: 978-3-404-18813-0
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Wertung: 11/15 dpt