Offseason (Film, DVD/BluRay)


Marie fährt mit ihrem Mann George zur Insel Lone Palm, da dort das Grab ihrer jüngst verstorbenen Mutter, der bekannten Schauspielerin Ava Aldrich (sprechende Namen im Metaverse), geschändet wurde. Eigentlich wollte Ava selbst als Tote nicht zurück auf die mysteriöse Insel ihrer Kindheit, mit der sie traumatische Erlebnisse verbanden. Doch der Wunsch wurde seltsamerweise ignoriert. So ruht die Aktrice jetzt unter einem Grabstein mit der Inschrift: “In ihren Filmen lebt sie ewig.” Ein weiterer Friedhofsspruch lautet: “Das Leben ist ein Traum.” Somit ist die Mottowoche abgedeckt. Marie und George können sich mitten ins Unbehagen stürzen.

Passend mit der Ankunft des Paares wird die einzige Verbindungsbrücke zur Insel bis zum Frühjahr hochgefahren. Niemand kommt mehr auf die Insel und auch nicht hinunter. Finden Marie und George zwar nicht gut, aber das kaputte Grab muss in Augenschein genommen werden (warum auch immer). Ein offensichtlicher McGuffin, der offensiv darin gipfelt, dass der briefeschreibende Friedhofswart nicht aufzutreiben ist. Also sitzen die beiden fest, was nicht unbedingt dadurch angenehmer wird, dass die Insulaner wenig gastfreundlich sind. Wenn denn überhaupt welche aufzutreiben sind.

Dass Unterkunft, Verpflegung und etwaige Verpflichtungen auf dem Festland keine Rolle für unsere Protagonisten spielen, wird beiläufig hingenommen. In einem geschlossenen Zirkel mit seltsam derangierten Insassen schlagen eh andere Problematiken zu Buche. Wobei die örtliche Bevölkerung zwar despektierlich, aber wenig aggressiv agiert. Später steigert sich der Bedrohungsfaktor immerhin zu unvermitteltem Auftauchen auf der Bühne des Lebens, mit blinden Augen, und gelegentlichem Handauflegen.

Die meiste Zeit ist Marie hingegen damit beschäftigt über die Insel zu irren, nachdem ihr Gatte nach einem Autounfall verschwunden ist. Sie kämpft sich durch willkürlich wallende Nebelschwaden, besorgt sich klugerweise eine Waffe im örtlichen Store, die sie dummerweise später achtlos liegenlässt (hätte noch nützlich sein können), und belegt einen Videokurs zum Thema: “Wie bediene ich eine Klappbrücke.” Fast gelingt die Flucht, doch da ist noch ein Charon mit seiner abgesägten Schrotflinte, der Marie gerne im Himmel sehen möchte.

Nach einer schicksalhaften Begegnung mit der toten Mutter und dem schemenhaften Auftauchen des Wesens, dass anscheinend hinter den Wellen wandelt, endet der Film so abrupt wie er begonnen hat. Das endgültige Motto könnte Edgar Allan Poe gehören: “All that we see or seem/Is but a dream within a dream.” Am ehesten in der Alan Parsons Project-Version.

Relevanter als Poe ist allerdings Howard Phillips Lovecraft für den Film. Ein mutmaßliches Cthulhu-Abbild prangt auf einem Grabstein und Lone Palm könnte auch Innsmouth heißen. Wobei mehr Nebel als Schatten über den Ort fällt. Was wiederum zu einem anderen Verweisgeber führt: John Carpenters “The Fog”, dessen Intensität und Dichte, insbesondere bei der viel zu diffusen Nebelerzeugung, “Offseason” nie erreicht. Noch dichter dran ist “Silent Hill”, dass Mickey Keating topographisch und mittels Sounddesign kenntnisreich “zitiert”. Freundlich ausgedrückt.

Lucio Fulci, insbesondere dessen “E tu vivrai nel terrore – L’aldilà” (dt. “Über dem Jenseits”, alternativ “Die Geisterstadt der Zombies”), der ebenfalls als Inspirationsquelle im Pressetext benannt wird, grüßt allerdings nur aus weiter Ferne. Alleine, weil “Offseason” jegliche Gewaltspitze fehlt. Zwar gibt es – wenige – Tote, aber der Film handelt das Sterben kurz und knapp auf Vorabend-Fernsehniveau ab, oder schaltet das Licht aus.

“Offseason” möchte auch kein blutiger Metzelhorror sein, sonst setzt auf Mystery, Rätselhaftes und Atmosphäre. Stellenweise gelingt das recht ordentlich, Keating setzt die Verlassen- und Verlorenheit seiner Hauptfigur passabel in Szene. Zwar ist das Licht- und Schattenspiel mitunter etwas steril, aber da haben wir bereits weitaus schlechteres gesehen. Positiv zu vermerken ist ebenfalls, dass Jocelin Donahue ihre Marie glaubwürdig und bodenständig in Szene setzt, sie trägt den Film redlich. Die begleitende Darstellerriege fällt ebenfalls nicht negativ auf.

Opake Atmosphäre ist vorhanden, Spannung allerdings Fehlanzeige. Die wenigen Schreckmomente sind holprig inszeniert, die Dialoge möchten gerne geheimnisvoll wirken, sind aber meist nur herumschweifende Worthülsen. Denn die Geschichte des Ganzen ist reiner Kokolores. Eine dämonische Macht benutzt die Einwohner einer Insel (wobei nicht ganz klar wird, ob die Lebenden, die Toten oder beides) als “Werkzeuge” während der Spätherbst- und Wintermonate. Doch wieso, weshalb, warum?

Die Besessenen irren über die Insel, reparieren nichts und machen auch nichts kaputt. Keine Welteroberungspläne, keine Sehnsucht, die Gemeinde nennenswert zu vergrößern. Lone Palm ist nicht Augsburg, aber dennoch ein Puppentheater. Zum Finale soll’s Traumlogik richten, doch das ist nur die einfachste und faulste aller möglichen Schlusswendungen. Denn der Twist verpufft, weil das Vorher komplett egal ist.

Mickey Keating ist gerade einmal 33 und “Offseason” ist bereits sein sechster Film. Wie die Werke zuvor besitzt “Offseason” durchaus Potenzial, das bedauerlicherweise viel zu selten ausgeschöpft wird. Für die Schauspielführung gibt es Punkte, ebenso für die ein oder andere stimmungsvolle Sequenz sowie die partiell gelungen Soundkulisse. Drehbuch, Dramaturgie und Blutzoll sind hingegen mau. Der Weg zu Lucio Fulci, John Carpenter und Christophe Gans ist noch weit, sehr weit. Der Einstieg wurde aber gefunden.

Cover & Szenenfotos © Pandastorm Pictures

  • Titel: Offseason
  • Originaltitel: Offseason
  • Produktionsland und -jahr: USA, 2021
  • Genre: Horror, Drama, Thriller, Mystery
  • Erschienen: 28.04.23
  • Label: Pandastorm Pictures
  • Spielzeit:
    80 Minuten auf 1 DVD
    83 Minuten auf 1 Blu-Ray
  • Darsteller: Jocelin Donahue
    Joe Swanberg
    Melora Walters
    Richard Brake
  • Regie: Mickey Keating
  • Drehbuch: Mickey Keating
  • Kamera: Mac Fisken
  • Schnitt: Valerie Krulfeifer
  • Musik: Shayfer James
  • ExtrasTrailer, Trailershow
  • Technische Details (DVD)
    Video:
    2.39:1 (16:9)
    Sprachen/Ton:
    Deutsch,Englisch, Dolby-Digital 5.1
    Untertitel:
    Deutsch
  • Technische Details (Blu-Ray)
    Video:
    2,39:1 / 1080p24 / AVC
    Sprachen/Ton:
    Deutsch, Englisch, DTS-HD Master Audio 5.1
  • Untertitel: Deutsch
  • FSK: 16
  • Sonstige Informationen:
    Produktseite
    Erwerbsmöglichkeit



Wertung: 7/15 dpt


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