Ian Rankin – Das Erbe der Toten (Buch)


Rebus vor Gericht. Sein letzter Fall?

Das Erbe der Toten
© Goldmann

Morris Gerald „Big Ger“ Cafferty bittet John Rebus um einen Gefallen. Ein früherer Geschäftspartner namens Jack Oram hat für sich eine größere Geldmenge abgezweigt und verschwand vor vier Jahren. Nicht wenige vermuten, dass Cafferty selbst für dessen Abgang sorgte. Nun soll Oram wieder in Edinburgh gesehen worden sein. Rebus soll ihn finden, worauf er sich einlässt, allein schon um eine mögliche Racheaktion seines großen Widersachers zu verhindern. Bald ahnt Rebus jedoch, dass es tatsächlich um etwas viel Größeres geht.

Caffertys Assistent wartete an der Tür.
„Andrew, richtig?“, vergewisserte sich Rebus.
„Keine Hunde“, sagte Andrew mit Blick auf Brillo.
„Der ist stubenrein, anders als dein Chef.“
„Die Viecher verbreiten Krankheiten.“
„Okay, so gesehen ist er vielleicht wie dein Chef, aber wenn ich ihn hier draußen lasse, wird er jaulen, so dass es das ganze Haus hört.

Detective Inspector Siobhan Clarke ermittelt derweil gegen Francis Haggard wegen häuslicher Gewalt. Der Ex-Polizist soll seine Ehefrau wiederholt geschlagen haben, was er auf eine seelische Belastung (PTBS) zurückführt, die er seinem alten Job zu verdanken hat. Er war in Tynecastle stationiert, wo eine seit vielen Jahren berüchtigte und verschworene Polizeieinheit aktiv ist, die ihrem eigenen Ehrencodex folgt. Ihr ehemaliger Chef Alan Fleck steht im Fokus der Ermittlungen von Police Scotland, die gerne den Laden aufräumen würden, um das Image der gesamten Polizei zu verbessern. Detective Inspector Malcolm Fox ist hierfür genau der Richtige, es gibt nur ein Problem: Clarke will Haggard wegen seiner Gewalttaten überführen, dieser bietet jedoch Fox an, dass er gegen seine alten Kollegen auspackt, wenn er dafür strafmildernde Umstände erhält.

Francis Haggard hat damals in Tynecastle gearbeitet, Cafferty. Wahrscheinlich ist sein Gedächtnis gut in Schuss.“
„Stress kann ein Leben um Jahre verkürzen, weißt du? Man muss lernen, auch mal abzuschalten.

Kurz darauf verschwindet Haggard und die Ermittlungen laufen in viele Richtungen. Einflussreiche Geschäftsleute, undurchsichtige Liebesbeziehungen, Drogen, korrupte Polizisten früher wie heute und immer wieder führen zahlreiche Spuren zu Cafferty und eben Rebus, der sich nun vor Gericht verantworten muss. Sollten ihm tatsächlich mehrere Jahre Gefängnis drohen?

Serienwahnsinn: Band 24 der John-Rebus-Reihe

Vielschreiber Ian Rankin hat mit „Das Erbe der Toten“ bereits seinen 24. Band der John-Rebus-Reihe vorgelegt und dieser hat es wahrlich in sich. Es gibt nicht viele Krimibuchserien, die so lange und erfolgreich laufen. Die Dave-Robicheaux-Reihe von James Lee Burke fällt einem spontan ein, deren Protagonist genau wie Rebus erstmals 1987 ermittelte. Mit „Verschwinden ist keine Lösung“ erscheint übrigens im August dieses Jahres der 23. Robicheaux-Band.

Doch zurück zu Rebus, der inzwischen in einer Parterrewohnung lebt, einen Inhalator benötigt und auch sonst einen angeschlagenen Eindruck macht. Nicht nur, weil ihm das gegen ihn laufende Gerichtsverfahren Sorgen bereitet. Damit beginnt und endet der neue Roman von Rankin, dazwischen werden auf rund 460 Seiten die zurückliegenden Ereignisse erzählt: Die Ermittlungen gegen Haggard, die Crew von Tynecastle und einiges mehr. Es wird teils ein wenig undurchsichtig, aber so soll es ja sein. Am Ende werden folglich gleich mehrere Fälle aufgeklärt und für die entscheidende Frage, was denn aus dem Gerichtsverfahren wird, hat sich Rankin eine großartige Volte ausgedacht.

Gelungen sind zudem die Weiterentwicklungen seiner Charaktere. Rebus und Cafferty sind deutlich gealtert. Letzterer sitzt nachdem er angeschossen wurde gar im Rollstuhl und versucht verzweifelt, weiter mitzumischen. So treffen die in jeder Hinsicht alten Widersacher mehrfach zusammen und aufeinander, wobei sie sich herrlich gallige Wortgefechte liefern. Verbal ähnlich robust geht es zunächst zwischen Clarke und Fox zur Sache, die sich seit längerer Zeit nicht mehr allzu grün sind. Weitere bekannte Ermittler aus den Vorgängern wirken erneut mit und die Heimatstadt des Autors bildet einmal mehr eine düstere Kulisse. Edinburgh ist rau und schmutzig, da passt das Revier in Tynecastle wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge. Die Polizisten werden nicht selten übergriffig, Korruption ist an der Tagesordnung. Nur dumm, dass Rebus selbst kein Kind von Traurigkeit war und immer noch ist, was ihn womöglich teuer zu stehen kommen wird. Aber um einen Verbrecher zu überführen, wird halt schon mal nachgeholfen, wenn die Beweislage allzu dünn erscheint.

Ob es einen 25. Fall geben wird bleibt abzuwarten, wobei es überraschen würde, wenn sich Rankin ein solches Jubiläum entgehen ließe. Solange Rankin auf derart hohem Niveau schreibt wie im vorliegenden Fall, wäre ein abruptes Ende für Rebus eine doppelt schlechte Nachricht für die Fans. Also abwarten, Tee trinken und erst einmal „Das Erbe der Toten“ genießen.

  • Autor: Ian Rankin
  • Titel: Das Erbe der Toten
  • Originaltitel: A Heart Full of Headstones. Aus dem Englischen von Conny Lösch
  • Verlag: Goldmann
  • Umfang: 496 Seiten
  • Einband: Hardcover
  • Erschienen: April 2023
  • ISBN: 978-3-442-31695-3
  • Produktseite


Wertung: 13/15 dpt


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