Anthony Horowitz – Wenn Worte töten (Buch)


Wenn Worte töten
© Insel

Schriftsteller und Biograf Anthony Horowitz wird zu einem Meeting seines Verlages zitiert, an dem auch der Ex-Polizist Daniel Hawthorne teilnehmen soll. Dabei lässt das zweite Buch von Horowitz über Hawthorne noch auf sich warten, gleichwohl sollen beide an einem Literaturfestival auf der kleinen Kanalinsel Alderney teilnehmen und ihr kommendes Werk zu bewerben. Eine illustre Runde wurde von der Initiatorin Judith Matheson eingeladen. Der bekannte und exzentrische Fernsehkoch Marc Bellamy, die blinde Wahrsagerin Elzisabeth Lovell, der Inselhistoriker George Elkin, die französische Lyrikerin Maissa Lamar und nicht zuletzt die Kinderbuchautorin Anne Cleary.

Ganz allgemein kann man sagen, dass die Bewohner von Alderney Veränderungen nicht mögen.

Alderney rühmt sich, dass es auf der Insel noch nie einen Mordfall gegeben habe, dennoch ist von Beginn an eine toxische Stimmung spürbar. Nicht nur die geladenen Gäste schleppen säckeweise ihre Geheimnisse mit sich herum, selbst die Inselbewohner sind untereinander tief zerstritten. Schuld daran ist eine geplante Hochspannungsleitung, die die Normandie über Alderney mit Großbritannien verbinden soll. Colin Matheson, Judiths Ehemann und Mitglied des Inselparlaments, setzt sich für die Stromtrasse ein, schließlich verspricht diese billigen Strom und feste Pachteinnahmen. Viele Insulaner sehen dagegen ihre Insel gleich mehreren Gefahren ausgesetzt. So sollen unter anderem fünf Massengräber umgepflügt werden, in denen rund tausend Opfer aus der Besatzungszeit begraben liegen.

Wenn man von den Gräueltaten absieht, die während der Besatzung im Zweiten Weltkrieg verübt worden waren, musste man davon ausgehen, dass es in der Geschichte der Insel noch nie einen Mord gegeben hatte.
Das sollte sich ändern.

Hauptsponsor des Festivals und gleichzeitig ein großer Profiteur besagter Trasse ist der Unternehmer Charles le Mesurier, der am Abend zu einer großen Party lädt. An dieser nimmt auch Derek Abbott teil, ein Pädophiler, der einst nach seiner Verhaftung Hawthorne vorwarf, ihn eine Kellertreppe hinuntergestürzt zu haben, worauf er bei der Polizei seinen Job verloren haben soll. Am Morgen nach der Party wird Horowitz von Hawthorne unsanft geweckt. Es gab einen Mord. Charles le Mesurier wurde erstochen aufgefunden. Verdächtige gibt es viele.

Dritter Fall für Daniel Hawthorne

Nach „Ein perfider Plan“ und „Mord in Highgate“ ist „Wenn Worte töten“ bereits der dritte Band der Hawthorne-Reihe, der, wie seine Vorgänger, unübersehbare Parallelen zu Sherlock Holmes aufweist. Wenig überraschend, zeigte der international sehr erfolgreiche Autor bereits mit „Das Geheimnis des weißen Bandes“ und „Moriarty“, dass er ein ausgewiesener Kenner der Werke von Sir Arthur Conan Doyle ist. Ok, das Werk von Agatha Christie kennt er ebenfalls bestens. Welcher Krimifan nicht?

Das war überhaupt das Problem bei diesen echten Verbrechen: Es konnte durchaus passieren, dass ich dreihundert Seiten über Hawthornes Ermittlungen schrieb, aber der Täter erst in den letzten fünf Kapiteln auftauchte.

Einmal mehr schreibt Anthony Horowitz als Anthony Horowitz, denn die gleichnamige Romanfigur assistiert dem großen Privatdetektiv Hawthorne. Wie sein großes Vorbild, behält Hawthorne seine Erkenntnisse für sich, während Horowitz eine übersteigerte Figur des Dr. Watson gibt. Wenn Horowitz sich sicher ist, dass ein Detail von Bedeutung ist, so darf man es getrost schnell wieder vergessen. Für Freunde des alten Meisterdetektivs eine wahre Lesefreude und wo Holmes und Watson, respektive Hawthorne und Horowitz, sind, darf natürlich Inspektor Lestrade nicht fehlen, der im vorliegenden Fall auf den Namen Jonathan Torode hört und seines Zeichens Deputy Chief der States of Guernsey Police ist.

Es ist ein bisschen wie Poker. Du hast einen Royal Flush: Ass, König, Dame, Bube und Zehn. Könnte dir eine Million bringen, wenn du es richtig spielst. Aber du musst ein richtiger Profi sein, um dich nicht zu verraten, und die meisten Mörder sind keine Profis.

„Wenn Worte töten“ benötigt ein wenig Anlaufzeit, um seine Haupt- und Nebenfiguren vorzustellen und zahlreiche Verdachtsmomente, sprich vermeintliche Motive aufzubauen. Nach dem ersten Drittel des Buches wird besagte Leiche gefunden und es folgen zahlreiche Befragungen, die noch mehr Motive und schmutzige Geheimnisse offenlegen und somit verstärkt zur allgemeinen Verwirrung beitragen. Nun ja, zumindest für Horowitz, der somit reichlich Zeit für seine dubiosen Rückschlüsse hat, die den Leser köstlich unterhalten.

Für Fans von Sherlock Holmes sind die Romane von Anthony Horowitz gewissermaßen “Pflichtlektüre”, wenngleich sie durchaus ihren ganz eigenen Sound haben und keineswegs ein billiges Plagiat darstellen. So nimmt sich der Autor Horowitz mit seiner gleichnamigen Romanfigur ironisch selber auf die Schippe. Ein kurzweiliges Krimivergnügen, genau richtig (nicht nur) für den kommenden Sommer.

Hier lesen Sie die Rezension zu „Mord in Highgate“.

  • Autor: Anthony Horowitz
  • Titel: Wenn Worte töten
  • Originaltitel: A Line to Kill. Aus dem Englischen von Lutz-W. Wolff
  • Verlag: Insel
  • Umfang: 333 Seiten
  • Einband: Hardcover
  • Erschienen: April 2023
  • ISBN: 978-3-458-64373-9
  • Produktseite


Wertung: 12/15 dpt


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