Lena Völkening – Gendern (Buch)


Warum wir die Flexibilität des Sprachsystems nutzen sollten

© Unrast Verlag
© Unrast Verlag

Kaum ein Thema hat die Gemüter die letzten Jahre derart erhitzt wie Gendern. Empörte Schreie, die den „Gender-Wahnsinn“ stoppen wollen oder Angst vor der „Verhunzung” der deutschen Sprache haben, sind noch immer laut. Es gab sogar schon (abgewiesene) Klagen1.

Die meisten Leute haben eine Meinung zur gendergerechten Sprache, auch diejenigen, die eigentlich wenig Ahnung von ihrer Muttersprache haben.
Die Autorin des Werkes Gendern ist keine von ihnen, Lena Völkening ist studierte Sprachwissenschaftlerin. In ihrem Buch trägt sie zusammen, was die Linguistik zu ebenjenem Thema zu sagen hat.
Völkening stellt den Stand der Forschung vor, die Thesen der Gegner*innen und der Befürworter*innen der gendergerechten Sprache. Obwohl Völkening selbst gendergerechte Sprache nutzt, möchte sie primär den Lesenden die Werkzeuge an die Hand geben, souverän die eigene Entscheidung zu treffen: Gendern oder nicht gendern?

Eines der größten Missverständnisse beim Gendern ist, dass es schon genügen könnte, Sterne, Unterstriche, Doppelpunkte oder Ähnliches in Wörter hineinzuschreiben oder sie mit einem Glottisverschlusslaut auszusprechen. Es genügt nicht.

Sie beginnt mit den Grundlagen, weshalb und ob wir die gendergerechte Sprache überhaupt benötigen, welche Ziele sie verfolgt und weshalb wir die Linguistik in die Diskussion einladen sollten. Weiter erklärt sie, wie Sprache an sich überhaupt funktioniert, wie die Gesellschaft die Sprache formt und wie sie im Gegenzug unser Denken beeinflusst.
Völkening lässt auch Gegner*innen der gendergerechten Sprache zu Wort kommen. Allen voran den Sprachwissenschaftler Peter Eisenberg, der leidenschaftlicher Verfechter des generischen Maskulinum ist((Quelle: https://www.berliner-zeitung.de/kultur-vergnuegen/debatte/geschlechtergerechte-sprache-peter-eisenberg-die-genderfraktion-verachtet-die-deutsche-sprache-li.158487)). Anhand seiner Argumentation führt sie auf, ob das generische Maskulinum („Frauen und Queers sind mitgemeint“) diskriminiert oder ob Grammatik in diesem Bezug unschuldig ist. Zu Rate zieht sie viele verschiedene Studien aus unterschiedlichen Jahren, die sie anschaulich erläutert.
Auch die Theorien oder Disziplinen der Sprachwissenschaft bezieht sie mit ein und erklärt sie laiengerecht. Ebenso geht sie auf unterschiedliche Möglichkeiten des Gendern ein, welches ist die beste Wahl, was funktioniert besser als anderes. Ist es das Gender-Sternchen, der Doppelpunkt, das Binnen-I, der Unterstrich, die Doppelnennung, die neutrale Bezeichnung…? Hab ich was vergessen? Bestimmt.

Ein kleiner Wehmutstropfen ist das fehlende Quellenverzeichnis, das die besprochenen Werke und Studien übersichtlich aufbereitet. Um später etwas nachlesen zu wollen, muss man sich also durch die Fußnoten blättern.

Insgesamt ein interessantes Werk, welches übersichtlich und chronologisch auf das Thema Gendern und die deutsche Sprache und Grammatik allgemein eingeht. Egal ob jemand gendergerechte Sprache nutzt oder nicht, sich mit den einzelnen Disziplinen der Sprachwissenschaft auskennt oder blutige*r Laie*Laiin – die Autorin bereitet ihr Buch anschaulich und unterhaltsam auf.


Wertung: 13/15 dpt

  • Autorin: Lena Völkening
  • Titel: Gendern. Warum wir die Flexibilität des Sprachsystems nutzen sollten
  • Verlag: Unrast Verlag
  • Erschienen: 06/2022
  • Einband: Softcover
  • Seiten: 160
  • ISBN: 978-3-89771-340-6
  • Sonstige Informationen:
  • Produktseite
  • Erwerbsmöglichkeiten


  1. Quelle: https://www.spiegel.de/panorama/justiz/audi-manager-legt-vor-oberlandesgericht-berufung-gegen-gendersprachen-urteil-ein-a-870e2163-a89c-4cd7-837e-5eb4651b5972 []
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