James Sallis – Deine Augen hat der Tod (Buch)


Geheimagent wird reaktiviert und hat viel Zeit

Deine Augen hat der Tod
© Liebeskind

David Edwards war einer von möglicherweise drei Elitekillern der Agency, die ein Sonderprogramm zur Terrorismusbekämpfung durchliefen. Luc Planchat gehörte dazu, ob es einen Dritten tatsächlich gab ist unklar. Das alles ist viele Jahre her, David hat sich längst ein neues Leben als Künstler eingerichtet. Doch da angeblich Planchat auf dem Kriegspfad ist, zahlreiche Morde deuten darauf hin, wird David aus seinem Dasein als Schläfer reaktiviert.

Es war eine andere Zeit, Sir. Wenn Planchat aus dem Verkehr gezogen werden muss, dann sollten Sie es tun.“
„Aha: sollten. Ein äußerst gefährliches Wort.

David beendet sein derzeitiges Leben, schickt Freundin Gabrielle weg, um sie aus einer imaginären Schusslinie zu nehmen, und macht sich auf die Reise. Von Washington nach Süden, mal sehen was passiert, denn Davids Stärke ist „kreatives Warten“. Bald stellt er auf einer Interstate fest, dass er verfolgt wird, treffen Schüsse die Windschutzscheibe seines Autos und zwei Killer in einem Waldstück auf ihn. Die Fragen stehen derweil unbeantwortet im Raum: Was soll das Ganze, wer steckt dahinter und vor allem, wem kann er vertrauen? Seinem Auftraggeber? Sich selbst? Realität und Träume scheinen nahtlos ineinander überzugehen.

Lakonisch, puristisch, Sallis

Willkommen in der Welt des James Sallis. Ein preisgekrönter Autor, der für schlanke und qualitativ hochwertige Romane bekannt ist. Für „Driver“ erhielt er 2008 den Deutschen Krimipreis. Allerdings, man muss es deutlich sagen, dürfte sein Schreibstil nicht allen gefallen. So bietet der vorliegende Stand-Alone augenscheinlich alle Ingredienzien eines packenden Thrillers, gleichwohl sind die diesbezüglichen Begebenheiten sehr pointiert gesetzt. Reduktion oder Purismus sind Sallis Stärken, die Geschichte wird zudem recht lakonisch erzählt.

Die Straße gibt uns Erlösung, bestätigt die Diskontinuität unseres Lebens aufs Neue, flüstert uns zu, dass wir letztlich doch frei sind, dass (hinter dieser Kurve, wenn wir die nächste Ortschaft erreichen, falls wir es bis nach Kalifornien schaffen) die Dinge sich ändern werden. Twain und Kerouac wussten, dass der große amerikanische Roman ein Buch der Landstraße sein müsste. Das wusste auch James Fenimore Cooper, und zwar bevor es Landstraßen gab.

Sein Protagonist begibt sich auf eine lange Reise durch Amerika, ist auf den Interstate Highways zuhause und trifft auf zahlreiche größere, vor allem aber kleinere Städte und Orte. Zahlreiche Motels und Bars wollen besucht werden, denn Eile hat David nicht. Sallis bietet einen Blick auf Amerika, lässt seine Hauptfigur über sein Leben und seine Träume sinnieren und stellt sich dabei elementare Fragen: Wie wichtig sind Freundschaften, was ist Traum und was Wahrnehmung?

Als Illusionist pflegte Howard Thurston seinen Assistenten zu sagen: Wenn du nicht weißt, was vorgeht, Junge, dann lächele und zeige in die andere Richtung.

Die Geschichte ist teilweise etwas sprunghaft, konzentriertes Lesen daher angesagt und wer einen actiongeladenen Thriller erwartet, liegt hier fundamental falsch. Sprach- und bildgewaltig erzählt Sallis in seiner speziellen Art, die man – wie erwähnt – mögen muss. Man kann das Buch als literarischen Thriller beschreiben, ein Erlebnis ist es ohnehin. Allerdings gibt es trotz des überschaubaren Umfangs von unter zweihundert Seiten einige Längen beziehungsweise Rückblenden, die nicht immer einen erkennbaren Bezug zum „kriminellen“ Plot haben.

  • Autor: James Sallis
  • Titel: Deine Augen hat der Tod
  • Originaltitel: Death will have your eyes. Aus dem Englischen von Bernd W. Holzrichter
  • Verlag: Liebeskind
  • Umfang: 192 Seiten
  • Einband: Taschenbuch
  • Erschienen: August 2008
  • ISBN: 978-3-935890-56-4
  • Produktseite


Wertung: 11/15 dpt


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