Tödlicher Shutdown in den Sümpfen
John X Shade hat ein Problem. Seine Partnerin Randi Tripp hat ihn mit der gemeinsamen Tochter Etta in Mobile sitzengelassen und zuvor noch den Tresor ihres Vaters Enoch ausgeräumt. 47.000 Dollar fehlen, die Angelo Travelina, Boss der örtlichen Schuldeneintreiber, gehören. Klar, da hört der Spaß auf und dieser schickt Lunch Pumphrey, um sein Geld zurückzuholen. Lunch, der schon lange aufgehört hat, seine Leichen zu zählen, macht sich auf die Suche, doch John und Etta sind bereits unterwegs; weg aus Mobile und auf nach Saint Bruno, wo Johns Söhne Rene, Tip und Francois leben. Es gelingt John für einige Zeit unterzutauchen, aber Lunch wird ihn finden und so steht einem Showdown in den Sümpfen von Amerikas Süden eigentlich nichts entgegen.
Abschluss der Bayou-Trilogie
Die Bayou-Trilogie von Daniel Woodrell besteht aus den Romanen „Cajun Blues“, „Der Boss“ und findet mit „John X“ ihren Abschluss. Die Titel erschienen im Original zwischen 1986 und 1992, in Deutschland zwischen 1994 und 1999. Im Jahr 2012 erschien unter dem Titel „Im Süden“ ein Sammelband, welcher die gesamte Trilogie enthält und die die Grundlage der vorliegenden Rezension bildet. Für Krimifans noch interessant: „Cajun Blues“ erschien 1986 und damit ein Jahr vor „Neonregen“, dem ersten Band aus der Dave-Robicheaux-Reihe von James Lee Burke, die ebenfalls in den Bayous spielt.
Die eingangs erwähnte Inhaltsdarstellung ist so knapp wie der schlanke Roman selbst. Natürlich werden John und Lunch auf dem Weg nach und in Saint Bruno einiges erleben, allerdings ist dies nur füllendes Beiwerk. Interessant am Abschluss der Bayou-Trilogie ist stattdessen für all jene, die die ersten beiden Bände kennen, der Charakter von John X, der in den beiden Vorgängern nur namentlich erwähnt wurde. Jetzt wird er, der deutsche Buchtitel verrät es, zum Protagonisten und entpuppt sich als ein streunender Lebenskünstler, der einst mit Billard sein Geld machte. Inzwischen ist er alt, über sechzig, hat schlechte Augen, säuft unentwegt und seine ausufernden Frauengeschichten gibt es längst nicht mehr. Er, der früher sexuell nichts hat anbrennen lassen, ist zu einem menschlichen Wrack geworden. Sein ganzer Stolz ist Etta, die zehnjährige Halbschwester von Rene, Tip und Francois, von deren Existenz diese erst im weiteren Verlauf erfahren werden. Gleiches gilt für Ex-Frau Monique, die eine für ihre bisherigen Verhältnisse größere Rolle einnimmt.
Es geht einmal mehr in den Süden Amerikas, zu jenen simpel gestrickten Menschen, die den Begriff Redneck nicht als Beleidigung empfinden. Arm, ungebildet, streitsüchtig, Alkohol und schnellem Sex zugetan, so lässt es sich abkürzen: White Trash. Lunch passt vorbildlich in diese Kategorie wie man sehen wird. Ein wenig leidet die inhaltlich überschaubare Handlung allerdings an dem Fakt, dass man eigentlich von Beginn an auf das Finale zwischen John und Lunch wartet. Kein Spoiler, aber es kann und wird nur einen Sieger geben. Die Auflösung des Showdowns ist lesenswert, da eher ungewöhnlich.
Lohnt sich die Bayou-Trilogie? Ja, sofern man sich für den Bodensatz der amerikanischen Menschheit, die White Trash People beziehungsweise Hinterwäldler, interessiert. Sex, Drugs und Crime sind die beherrschenden Themen, vorgetragen in einer Sprache die den handelnden Figuren nahekommt. Unterhaltsam ist es aber durchaus und der bereits erwähnte Sammelband „Im Süden“ ist zu einem fairen Preis erschienen, inzwischen aber fast nur noch antiquarisch erhältlich.
Für Fans der Reihen von James Lee Burke (Dave Robicheaux), Joe Lansdale (Hap & Leonard) oder James Sallis (Lew Griffin) zu empfehlen.
- Autor: Daniel Woodrell
- Titel: John X
- Originaltitel: The ones you do. Aus dem Amerikanischen von Teja Schwaner
- Verlag: Heyne
- Umfang: 651 Seiten (bezogen auf den Sammelband „Im Süden“, der die komplette Bayou-Trilogie enthält)
- Einband: Taschenbuch
- Erschienen: November 2012 (Sammelband „Im Süden“)
- ISBN: 978-3-453-43670-1 (Sammelband „Im Süden“)
Wertung: 11/15 dpt