Wer hat die Macht in Saint Bruno? – Der Boss!
Ex-Häftling Emil Jadick überfällt mit zwei Kumpeln den Country Club von Saint Bruno, wo dank einer Pokerrunde viel Geld auf dem Spieltisch liegt. Man macht reichlich Beute, allerdings kommt es zu einer Schießeinlage mit Todesfolge. Bei dem erschossenen Pokerspieler handelt es sich um Gerald Bell, ein Polizist, der auch für den Kredithai Shuggie Zech nebenbei Geld einkassierte und dabei nicht vor Gewaltanwendung zurückschreckte.
Ein toter Polizist ist selbst für den skrupellosen Polizeichef Bauer sowie den windigen Bürgermeister Crawford ein Problem. Detective Rene Shade soll ausgerechnet mit Zech, seinem inzwischen kriminellen Freund aus Jugendtagen, den Überfall aufklären, derweil setzt Jadick bereits zum nächsten Schlag an. Man will dem Glücksspielkönig von Saint Bruno, Auguste Beaurain, das Territorium streitig machen. Drahtzieher im Hintergrund ist Ronnie Bouvier, der seit fast zwei Jahren im Gefängnis sitzt. Seine Frau Wanda soll für ihn die Geschäfte führen, wofür sie Jadick und seine Freunde, die sich The Wing nennen, einsetzt.
Mittelteil der Bayou-Trilogie
Die Bayou-Trilogie von Daniel Woodrell besteht aus den Romanen „Cajun Blues“, „Der Boss“ und „John X“. Die Titel erschienen im Original zwischen 1986 und 1992, in Deutschland zwischen 1994 und 1999. Im Jahr 2012 erschien unter dem Titel „Im Süden“ ein Sammelband, welcher die gesamte Trilogie enthält und die die Grundlage der vorliegenden Rezension bildet. Für Krimifans außerdem interessant: „Cajun Blues“ erschien 1986 und damit ein Jahr vor „Neonregen“, dem ersten Band aus der Dave-Robicheaux-Reihe von James Lee Burke, die ebenfalls in den Bayous spielt.
„Ich weiß. Ich bin hier aufgewachsen, hier in dieser Stadt, und eins ist mir schon immer aufgefallen: Wenn in St. Bruno ein Cop umgebracht wird, dann taucht ziemlich kurze Zeit später irgendein Straßenganove mit ein paar Kugeln im Rücken auf, manchmal sind’s auch zwei oder drei, allesamt auf der Flucht erschossen. Ich kenn die Masche, Detective, und ändern Sie die jetzt bloß nicht.
Woodrell entführt im zweiten Teil seine Leser erneut in das fiktive Städtchen Saint Bruno in Louisiana, gelegen im Mississippidelta, umgeben von den Bayous, jene sumpfartigen Landschaften, in denen nicht selten Menschen für immer verschwinden. Im Gegensatz zu „Cajun Blues“ spielt überraschend Shades älterer Bruder Tip gar keine Rolle, während sein jüngerer Bruder Francois erneut einen Kurzauftritt hat. Zudem tritt erstmals Mutter Monique persönlich in Erscheinung, wenngleich ebenfalls nur in einer Mini-Sequenz. Vater John X ist weiterhin außen vor, was sich im dritten Teil „John X“, der Titel nimmt es vorweg, ändern wird.
Drei Ex-Häftlinge dringen mit Macht in Saint Bruno ein. Weiße Hinterwäldler, white trash people, die sich nur mit roher Gewalt zu helfen wissen und sich nehmen, was ihnen gehört oder zumindest gehören soll. Zum Beispiel die hübsche Wanda soweit es Jadick betrifft. „Sex and Crime“ sind erneut die Hauptzutaten der Handlung, begleitet von Dialogen aus dem Wortschatz der Unterschicht. Die Geschichte um Saint Bruno wird dabei konstant fortgesetzt. Die Stadt ist in festgelegte Bezirke aufgeteilt, alle sind einschließlich korrupter Polizei und Bürgermeister zufrieden, wären da nicht immer wieder Fremde, die der Meinung sind, sich ebenfalls bedienen zu können. Wer krawallige Action und mitunter derbe Gespräche mag, findet hier unterhaltsames Lesefutter. „Der Boss“ ist rau und dreckig, erneut ein Alptraum amerikanischer Bauart.
- Autor: Daniel Woodrell
- Titel: Der Boss
- Originaltitel: Muscle fort the Wing. Aus dem Amerikanischen von Christine Strüh und Adelheid Zöfel
- Verlag: Heyne
- Umfang: 651 Seiten (bezogen auf den Sammelband „Im Süden“, der die komplette Bayou-Trilogie enthält)
- Einband: Taschenbuch
- Erschienen: November 2012 (Sammelband „Im Süden“)
- ISBN: 978-3-453-43670-1 (Sammelband „Im Süden“)
Wertung: 11/15 dpt