Ich lese, weil… Teil 4 – Britta Röder (#warumichlese)

Ich lese, weil… Teil 4 – Britta Röder

Ich lese, weil...

Es war einmal …

Drei Worte nur, aber sie öffnen dir sofort eine Tür. Dahinter eine Welt unermesslich groß, so groß wie die eigene Phantasie.

Warum lese ist? Es ist dieser unstillbare Hunger nach Geschichten. Geschichten, die mir die Welt erklären. Mit jedem neuen Buch, das ich aufschlage, wird die Erwartungshaltung neu geboren, ein kleines Stück der Welt erklärt zu bekommen.

Bücher öffnen Räume in andere Erlebniswelten. Sie lassen mich wandern durch Regionen, die mir im realen Leben oft unerreichbar bleiben.

Als Kind und Jugendliche war es das Bücherregal meiner Großeltern, in dem ich die ersten Bücherwanderungen unternahm. Anfangs um der Langeweile zu entkommen, die ich während quälend ereignisloser Sommernachmittage empfand, wenn die Großeltern ihrem Mittagsschlaf nachgingen. Völlig unbedarft griff ich nach dem, was dort im Bücherregal ruhte: Pasternaks „Doktor Schiwago“, Kiplings „Dschungelbuch“, Thor Heyerdahls Abenteuerberichte von seinen Atlantiküberquerungen mit Ra und Kon Tiki.

In Bezug auf die großen Klassiker, die ich dort fand, war ich selbstverständlich völlig überfordert. Und doch betrachte ich es als ein magisches Geschenk, diese Werke völlig unvoreingenommen, gänzlich ohne jede erwachsene Anleitung, nur mit meinem naiven Kinderverstand gelesen zu haben. Die Entdeckung war meine eigene. Ich kam mir vor wie jemand, der als erster Mensch ein neues völlig unbekanntes Land betritt. Von da an, war mein Hunger geweckt.

Später bot mir mein literaturwissenschaftliches Studium an der Uni Mainz das Instrumentarium, um mich dem Gelesenen auch von wissenschaftlicher Seite zu nähern. Aber das Lesen an sich, als reine Herzenssache, kann kein Studium der Welt ersetzen. Es ist noch immer ebenso märchenhaft wie beim allersten Mal. Niemand kann dir genau erklären, was beim Lesen passiert. Du kannst es nur selbst erleben.

Jedes Buch erzeugt ein magisches Dreieck zwischen Autor:in, Text und Leser:in.
Ja, auch der Text ist lebendig. Er existiert unabhängig von dem Menschen, der ihn erschaffen hat, und erwacht zum Leben, durch die Menschen, die ihn lesen.

Diese Magie des „Es war einmal“ steckt in jedem Buch, das dich einlädt es zu lesen. Diese Magie ist der Grund, weshalb ich lese.

Über diese Serie:

Sandro Abbate schrieb auf seinem Blog novelero – Blog für Literatur nieder, warum er liest. Einige der booknerds gehen dieser Frage ebenfalls auf den Grund.)

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