Yrsa Sigurdardottir – Schnee (Buch)

Yrsa Sigurdardóttir – Schnee (Buch)

Packender Island-Thriller

Schnee
© btb

Bei der Entfernung eines alten Fundaments wird ein verschmutzter Kinderschuh gefunden, den die neue Grundstückseigentümerin dem Vorbesitzer Kolbeinn übergibt. Es handelt sich um einen rosafarbenen Mädchenschuh, aber wie kam dieser auf das Grundstück seiner Familie? In der Innenseite ist eingestickt der Name Sólvär zu erkennen. Dann erhält Kolbeinn einen dringenden Anruf aus dem Pflegeheim seiner Mutter. Ein Herzinfarkt, es könnte bald zu Ende gehen. Jedenfalls möchte die Mutter noch einmal alle sehen: Kolbeinn, dessen Bruder und seine Schwester. Welche Schwester?

Seit ungefähr einer Woche wird eine Gruppe von Wanderern vermisst, die sich trotz widrigster Temperaturen und starker Schneefälle in das Hochland des Naturschutzgebiets Lónsöræfi begeben haben. Jóhanna von der Rettungswacht Hornafjörður begleitet einen der Suchtrupps. Die Zeit drängt, zumal klar ist, dass die vermissten Personen nur dann noch leben, wenn sie Schutz in einer der wenigen Hütten gefunden haben. Aber wie groß war die Gruppe überhaupt? Vier oder fünf Personen? In der Hütte „Thule“ könnten sie Zuflucht gefunden haben, doch stattdessen entdecken Jóhanna und ihr Begleiter dort eine Leiche in einem Schneeloch.

Für einen Städter gab es hier nicht viel Vertrautes. Keine Geschäfte, keinen Asphalt, keine Beschilderung und keinen Zufluchtsort. Nur Schnee, Kälte und beißender Wind. Hier wurden einem jegliche Sicherheit und jeglicher Komfort genommen, alles, was normalerweise selbstverständlich war. Ein psychisch instabiler Mensch musste in einer solchen Gegend früher oder später durchdrehen.

Hjörvar arbeitet in der Radarstation in Stokksnes für die Küstenwache. Eine recht einsame Tätigkeit. Sein Vorgänger verstarb überraschend binnen eines Jahres. Er stürzte in einen Felsschacht, fiel zuvor durch sein höchst seltsames Verhalten auf. Hjörvar erfährt, dass es vorher schon mindestens einen Todesfall der gleichen Art gegeben hat. Aber noch viel mehr interessiert ihn die Frage, woher die menschliche Stimme im Türtelefon stammt? Denn an dem Eingangstor der Radarstation ist niemand zu sehen.

Erfolgsautorin Yrsa Sigurdardóttir auf neuem Terrain

Yrsa Sigurdardóttir sollte Krimifans hinlänglich bekannt sein. Begonnen hat es mit der Reihe um Rechtsanwältin Dóra Gudmundsdóttir, gefolgt von der Huldar-Freya-Reihe („DNA“, “Sog” u. a.), in der ein Kommissar mit einer Psychologin zusammenarbeitet, was nicht gänzlich ohne zwischenmenschliche Anspannungen bleibt. Nun also „Schnee“, ein weiterer Stand-Alone, in der drei Erzählstränge abwechselnd die Szenerie bestimmen. Die Suche nach den Vermissten rund um Johanna, Rückblenden auf die Geschehnisse in der letzten Woche und die seltsamen Vorkommnisse in der Radarstation.

Die Geschichte spielt in Höfn, Hauptort der Gemeinde Hornafjörður im Südosten Islands mit rund 1.700 Einwohnern, der Radarstation im abgelegenen Stokksnes sowie im Naturschutzgebiet Lónsöræfi. In letzteres haben sich zwei Paare und ihr Tourguide aufgemacht, womit der Leser schon mal von Beginn an einen Wissensvorsprung gegenüber der Suchtruppe sowie der Polizei hat. Mit großartigen Cliffhangern puscht die Autorin zum Weiterlesen, dass sich dabei die Handlungsstränge abwechseln und somit der jeweilige Plot immer wieder kunstvoll unterbrochen wird, treibt zusätzlich voran. Dass die Bestsellerautorin bestens unterhalten kann ist bekannt, wenngleich sie sich hier auf neues Terrain begibt. Wie schon in der einleitenden Inhaltsbeschreibung vermerkt, geschehen mitunter unerklärliche Dinge. Stimmen, wo keine Menschen sind. Zum Beispiel. Elemente also, die man eher bei Horrorromanen vermutet und die zumindest ein stückweit letztlich darüber entscheiden, wie man den Roman einzuordnen vermag.

Da draußen ist was. Ich weiß auch nicht, was. Aber da ist was. Etwas anderes als ein Rentier.

Der Plot ist treibend, die Wendungen ebenso zahlreich wie überraschend und am Ende gibt es eine Aufklärung. Allerdings muss man dahingehend Abstriche in Kauf nehmen, dass einige Ereignisse ungeklärt bleiben. Man kann durchaus sagen, dass hier die Autorin das ein oder andere Foulspiel begangen hat. Der Spannung tut dies indessen keinen Abbruch. Im Gegenteil. Wer so etwas mag und sich nicht daran stört, dass die Handlung sehr stark konstruiert ist, darf gern zugreifen. Aber bitte warm anziehen.

  • Autorin: Yrsa Sigurdardóttir
  • Titel: Schnee
  • Originaltitel: Bráðin. Aus dem Isländischen von Tina Flecken
  • Verlag: btb
  • Umfang: 352 Seiten
  • Einband: Taschenbuch
  • Erschienen: August 2022
  • ISBN: 978-3-442-75952-1
  • Produktseite


Wertung: 11/15 dpt

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