Jean-Claude Izzo – Total Cheops (Buch)
Auftakt der legendären Marseille-Trilogie
Nach zwanzig Jahren kehrt Ugo nach Marseille zurück, drei Monate zuvor wurde sein Jugendfreund Manu ermordet. Drahtzieher des Anschlags war „Monsieur Charles“ Zucca, ein bekanntes Mitglied der Marseiller Unterwelt. Ugo erschießt Zucca, um kurz darauf von der Polizei selber erschossen zu werden. Eine Falle von Kommissar Argue, der für die Bekämpfung der Bandenkriminalität zuständig ist und dabei unsaubere Methoden nicht scheut. Fabio Montale, bei der Polizei als „Vorstadtbulle“ für die Aufrechterhaltung der Ordnung in den Einwanderer-Vororten zuständig, war ebenfalls ein Jugendfreund von Manu und Ugo; ein unschlagbares Trio, dass sich aus den Augen verlor, zumal als Fabio nach einem bewaffneten Raubüberfall den Absprung aus seinem Milieu schaffte. Doch eins ist er seinen Freunden schuldig, er will wissen, wer und was hinter den Morden steckt, denn an Zufälle glaubt er schon lange nicht mehr.
Nach Zuccas Ermordung dauert es nur kurz bis der Chef der arabischen Unterwelt Al-Dakhil ermordet wird. Der Bandenkrieg scheint unvermeidlich und so ist eines klar: Es wird weitere Tote geben. Während Fabio versucht zwischen allen Fronten zu ermitteln, gibt sich Argue gelassen. Dann bittet der Araber Mouloud Laarbi seinen Freund Fabio um Hilfe, denn dessen Tochter Leila ist verschwunden. Und so eskaliert das Geschehen weiter zu einer höchst persönlichen Angelegenheit für Fabio, denn die junge Leila hätte mehr sein können als nur eine gute Freundin.
Bandenkriminalität, Rassismus, Gewalteruption, Marseille
Die Marseille-Trilogie („Total Cheops“, „Chourmo“ und „Solea“) erschien in Frankreich in den Jahren 1995, 1996 und 1998. Erst mit fünfzig Jahren fing Izzo (Jahrgang 1945) an zu schreiben. „Total Cheops“, sein Debüt, wurde prompt ein Bestseller, die Trilogie gehört zur Standartbibliothek eines jeden Krimifans. Leider verstarb der Autor bereits im Jahr 2000.
„Total Cheops“ ist ein (bild-)gewaltiger Hard-Boiled, der von Beginn ein düsteres Setting aufweist. Die Ermordung Zuccas, die Falle, in die Ugo tappt, das Wegsehen Argues, da ihm die Bandenkämpfe die Arbeit erleichtern, das Verschwinden Leilas, welches erwartungsgemäß ein schlimmes Ende findet und ein Ermittler, dem zwischenzeitlich die Kontrolle zu entgleiten droht, sorgen für reichlich Action und zahlreiche Tote.
Träume der Einwanderer treffen auf Vorurteile vieler Einheimischer, die bei wachsender Arbeitslosigkeit einen Schuldigen brauchen und auch finden. Der Front National ist allgegenwärtig. Und wenngleich Izzo jederzeit durchaus Empathie erkennen lässt, so ist die Sprache wie sie Ende des auslaufenden 20. Jahrhunderts in Marseille war (und womöglich heute noch ist): Rau, brutal, dreckig, nicht selten rassistisch. Die „political correctness“ war noch nicht erfunden – und wäre hier auch völlig unrealistisch.
Wer auf actionreiche Hard-Boiled-Romane abfährt, der findet hier einen Klassiker, dessen Fortsetzung „Chourmo“ mit dem Deutschen Krimipreis 2001 ausgezeichnet wurde. Der Unionsverlag hat übrigens eine Gesamtausgabe herausgegeben, die alle drei Titel zu einem fairen Preis enthält. Wer mit Fabio Montale mitfiebern möchte, sollte dies wie der tragische Held selber machen: Mit gutem Essen, Pastis und Lagavulin. Letzten Endes ist „Total Cheops“ aber vor und trotz allem eine große Liebeserklärung an Marseille. Eine Liebe, die vermutlich ähnlich kompliziert anmutet, wie die Beziehungsversuche von Fabio zu seinen Frauenbekanntschaften.
- Autor: Jean-Claude Izzo
- Titel: Total Cheops
- Originaltitel: Total Kheops. Aus dem Französischen von Katarina Grän und Ronald Voullié
- Verlag: Unionsverlag
- Umfang: 256 Seiten
- Einband: Taschenbuch
- Erschienen: 1995 in der Originalausgabe
- ISBN: 978-3-293-20609-0
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Wertung: 13/15 dpt