Colin Neil – Nur die Tiere (Buch)


Colin Neil – Nur die Tiere (Buch)

Liebe und Einsamkeit im französischen Zentralmassiv

Nur die Tiere
© Lemos

Das Leben der Bauern im französischen Zentralmassiv ist arbeits- und nicht selten entbehrungsreich. Die Alten sterben, die Jungen zieht es in die Städte, oft bleibt ein einzelner Mann auf seinem Hof zurück. Es sind jene Fälle, die von der Sozialarbeiterin Alice und ihren Kolleginnen betreut werden. Formulare sind auszufüllen, Anträge zu stellen und hier und da ein paar tröstende Worte zu finden. Ihre Ehe mit Rinderzüchter Michel ist schon lange keine mehr und so fühlte sie sich zunehmend zu dem Schafzüchter Joseph hingezogen, mit dem sie eine Affäre begann.

Es kommt der 19. Januar, jener Tag, welcher die Gegend verändert. Evelyne Ducat, Frau eines äußerst reichen Geschäftsmanns, ist verschwunden. Da ihr Auto an einem Wanderweg entdeckt wird, vermuten einige, sie könnte den tourmente, einem Wintersturm, zum Opfer gefallen sein. Die Polizei ermittelt, Spuren finden sich keine und vermeintliche Zeugen sagen längst nicht alles. Evelyne bleibt verschwunden.

Alice verfolgt die Geschehnisse eher beiläufig, gleichwohl fragt sie sich, warum sich Joseph ihr gegenüber plötzlich so abweisend verhält. Er verdrängt sie geradezu aus seinem Leben, während Michel herausgefunden hat, dass es eben jene Affäre gibt. Sollte sein blaues Auge von Joseph stammen, als er diesen zur Rede stellte? Als wenig später Michel verschwindet kommt Alice ein schrecklicher Verdacht.

Deutscher Krimipreis 2021

Colin Neils Roman „Nur die Tiere“ erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter den Deutschen Krimipreis 2021, und wurde bereits verfilmt (deutscher Titel „Die Verschwundene“). Leider kann inhaltlich nicht viel gesagt werden, da man der gelungenen Konzeption sonst zu weit vorgreifen würde. So viel aber vorab; die Geschichte wird nachfolgend von mehreren Personen aus deren jeweiliger Perspektive erzählt. Man ahnt schnell, dass hier etwas ganz gewaltig nicht stimmt, was spätestens im zweiten Kapitel, dann erzählt Joseph nach Alice seine Geschichte, offensichtlich wird.

„Nur die Tiere“ ist ein spannender Noir, bei dem der Kriminovize sich zeitweise fragen wird, wo denn der Krimiplot geblieben ist. Sezierend genau beschreibt Neil seine Handvoll Figuren, die in der Abgeschiedenheit des französischen Zentralmassivs ihrer Arbeit nachgehen. Auf dem Plateau, wo Joseph seine Schafe züchtet, gab es früher mehrere Höfe, doch diese sind längst verlassen. Damals gab es erbitterten Streit mit den Nachbarn, deren Sohn Guillaume in etwa Josephs Alter hat. Nur hat sich dieser nicht für den elterlichen Hof interessiert, sondern sein Glück in Paris gesucht und gefunden. Er ist verheiratet mit der verschwundenen Evelyne, eine Ehe, die gewisse Freiräume auf beiden Seiten zulässt.

Liebe, Einsamkeit, Hass und Obsession sind prägende Elemente, die sich hier unheilvoll miteinander vermischen, denn nicht für alle geht der Traum nach Liebe in Erfüllung. Aber irgendwo muss sie doch zu finden sein oder ist gleich jede Beziehung zum Scheitern verurteilt? In „Nur die Tiere“ herrscht eine düstere Grundstimmung, die einen von Beginn an fesselt. Wie sich am Ende die Geschichte auflöst, durch welche Umstände welche Ereignisse ausgelöst werden, ist ebenso wenig vorhersehbar wie großartig beschrieben. Preiswürdig eben. Wer ausgefallene Plots mag, greift hier zu.

  • Autor: Colin Neil
  • Titel: Nur die Tiere
  • Originaltitel: Seules les bêtes. Aus dem Französischen von Anne Thomas
  • Verlag: Lenos
  • Umfang: 286 Seiten
  • Einband: Taschenbuch
  • Erschienen: Juli 2021
  • ISBN: 978-3-85787-827-5
  • Produktseite  


Wertung: 12/15 dpt

 


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