Andreas Götz – Die im Dunklen sieht man nicht (Buch)
Auftakt der Karl-Wieners-Trilogie
Im April 1950 kehrt der Schriftsteller Karl Wieners zurück nach München, wo er sich zunächst scheut, seine Familie zu besuchen. Außer zu seiner Nichte Magda hat er keine guten Erinnerungen und so ist er froh, dass er zunächst bei seinem Freund Georg Borgmann übernachten kann, der ihn mit einem Jobangebot in die Heimat lotste. Borgmann will eine neue Wochenzeitschrift herausbringen und Karl soll ihm hierfür Artikel schreiben. Die erste Story soll über einen ungeklärten Kunstraub gehen, denn in den letzten Kriegstagen wurden im Führerbau zahlreiche Gemälde gestohlen. Hitler plante einst den Bau eines gewaltigen Kunstmuseums, doch nachdem die Bilder verschwanden sind sie unauffindbar. Allerdings gibt es ein Gerücht, dass zumindest ein Teil der Sammlung zum Verkauf ansteht.
Karl versucht sich als Reporter und greift dabei auf die Hilfe von Magda zurück, die ihrerseits beste Beziehungen zum Schwarzmarkt und somit Einblick in die Szene hat. Bei seinen Recherchen stößt Karl auf einen amerikanischen Kunstexperten, der nicht nur dubiose Verbindungen hat, sondern eigene Pläne verfolgt. Ebenfalls undurchsichtig ist der Polizist Emil Brennicke, der Kontakt zum Unterweltkönig Walter Blohm und die Nähe zur attraktiven Magda sucht. Derweil ermittelt Oberkommissär Ludwig Gruber in einem mysteriösen Raubmord. Nur zögerlich erkennen Karl und Ludwig, dass sie besser vorankommen, wenn sie sich gegenseitig mit Informationen helfen. Die Zeit drängt, weitere Morde geschehen und vor allem für Magda wird es gefährlich.
Einige Längen trüben die Spannung
Der Auftakt der Karl-Wieners-Trilogie beginnt 1950 und gibt somit Einblicke in die deutsche Nachkriegszeit. Noch ist lange nicht alles wiederaufgebaut, noch funktionieren Schmuggel und Schwarzmarkt und noch immer gibt es Menschen, die der „alten Zeit“ nachtrauern. Ein grundsätzlich solides Setting, welches jedoch durch einige Längen teilweise an Spannung einbüßt. Dass ständige Rauchen von Zigaretten mag der damaligen Zeit geschuldet sein, doch der Umgang zwischen Gruber und einer Übersetzerin nimmt nicht nur viele Zeilen in Anspruch, sondern hat letztlich kaum Relevanz. Karl, Magda und Ludwig benötigen lange bis sie erste Zusammenhänge erkennen. Bis dahin gibt es zahlreiche, meist kurze Kapitel, die mitunter etwas abgehackt wirken.
Besonders erwähnenswert ist, dass in Wahrheit nicht Georg seinen Freund nach München lotste, sondern dessen Nichte. Früher war Magda noch ein Kind, dass sich in ihrer verhassten Familie dem Onkel besonders nahe fühlte. Aus kindlicher Zuneigung reifte bei der inzwischen erwachsenen, jungen Frau die große Liebe heran, welche aufgrund des Verwandtschaftsverhältnisses wohl nicht realisierbar ist. Oder etwa doch? Zumal der deutlich ältere Karl seiner auffallend hübschen Nichte durchaus zugeneigt ist und sich daher an den dreisten Anmachversuchen von Brennicke mehr als nur stört. Allein, die diesbezüglichen Überlegungen und die daraus resultierenden Verhaltensweisen bei Magda und Karl, die – man ahnt es bereits – eher wenig bis gar nichts mit dem Krimiplot gemein haben, füllen in einem beeindruckenden Umfang die Buchseiten; bieten allerdings einen gekonnten Cliffhanger für die Fortsetzung. Amouröse und erotische Szenen kommen insgesamt ohnehin nicht zu kurz; man ist geneigt, dem Autor Altherrenfantasie zu unterstellen. Sex and Crime könnte man es auch nennen.
- Autor: Andreas Götz
- Titel: Die im Dunklen sieht man nicht
- Verlag: Fischer
- Umfang: 448 Seiten
- Einband: Taschenbuch
- Erschienen: März 2021
- ISBN: 978-3-596-70524-5
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Wertung: 10/15 dpt