Jane Goodall, Douglas Abrams – Das Buch der Hoffnung (Buch)


Cover von Das Buch der Hoffnung von Jane Goodall
Cover © Goldmann

Einsichten einer inspirierenden Legende der Naturforschung

Gemeinsam mit ihrem Interviewpartner und Autor Douglas Abrams bringt die Naturforscherin und Umweltschützerin Jane Goodall im stolzen Alter von mittlerweile 88 Jahren ein neues Buch heraus: “Das Buch der Hoffnung”. Im Blick auf die aktuelle Lage der akuten Klimakrise und vor dem Hintergrund der Covid-19-Pandemie stellen die beiden sich die Frage: Gibt es noch Hoffnung? Und wenn ja – was können wir tun?

Jane Goodall mag den meisten ein Begriff in Bezug auf die Forschung mit Schimpansen sein: Als junge Frau arbeitete sie ab Ende der 50er Jahre in Afrika (Tansania) als Pionierin in der Tierforschung und machte unter anderem die bahnbrechende Entdeckung, dass Tiere Werkzeuge benutzen. Auf unglaubliche Weise gewann sie als erste Forscherin überhaupt mit viel Geduld und Einfühlungsvermögen das Vertrauen der Primaten und bis heute sagt sie stolz: “Noch nie habe ich eine Verletzung von irgendeinem Tier davongetragen.” – und das obwohl sie von ungewollten Begegnungen mit Löwen oder Nashörnern berichten kann.

Das Buch bringt einem die Person Jane Goodall ein wenig näher und gibt charmante Einblicke: in ihr abendliches Whiskey-Ritual („Whiskey ölt die Stimme“) oder ihre Kinder-Phantasie, in der sie selbst die Jane ist, die Tarzans Herz erobert. Sie selbst wird nicht gern als „Wissenschaftlerin“ bezeichnet, lieber als „Naturforscherin“ – hat sie sich doch bewusst entschieden, in ihren Vorträgen auf Statistiken und Zahlen weitgehend zu verzichten: Sie möchte ihre Zuhörerinnen und Zuhörer vielmehr durch Emotionen und eigene Erlebnisse davon überzeugen, wie wichtig das Thema Umweltschutz ist.

Die Naturforscherin sucht nach dem Wunderbaren in der Natur, sie lauscht ihrer Stimme, und während sie versucht, die Natur besser zu verstehen, lernt sie von ihr. Wissenschaftliche Arbeit konzentriert sich auf Fakten und möchte Dinge messen.aus Kapitel I 'Was ist Hoffnung?', S. 26

Seit über fünf Jahrzehnten ist Goodall weltweit aktiv. Etwa 300 Vorträge im Jahr überall auf dem Globus gehörten vor Ausbruch der Covid19-Pandemie zu ihrer Realität. Die letzten zwei Jahre sattelte auch sie um auf Online-Meetings, ihr Team half ihr dabei, und so gewöhnte sie sich schließlich daran „in das rote Licht“ neben der Webcam zu sprechen, statt Blickkontakt zum Publikum zu halten. Ein etwas trauriger Kompromiss für die charismatische Rednerin, aber Pausieren war keine Option. Unermüdlich setzt sich Goodall, die ebenfalls den Titel der UN-Friedensbotschafterin trägt, für den Naturschutz ein und zeigt, wie jede*r einzelne von uns einen Unterschied machen kann – als Botschafterin der Hoffnung.

Ich bin sicher, dass Hoffnung unser Leben in vielerlei Hinsicht verändert. Sie wirkt sich auf unser Verhalten aus und verbessert unsere Erfolgschancen. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass Statistiken, so hilfreich sie auch sind, die Menschen nicht dazu entmutigen, in Aktion zu treten. Es sind Geschichten, die Leute zum Handeln animieren.S. 46

Das Buch ist aus der Ich-Perspektive von Douglas Abrams geschrieben. Wir lernen Jane Goodall also durch seine Augen kennen. Es besteht zum großen Teil aus dem Interview, das Abrams mit Goodall führt, also aus Dialogen in direkter Rede, die ihr Gespräch wiedergeben. Nebenbei wird das Setting geschildert – die beiden treffen sich in Afrika und später in den Niederlanden – und immer ist Jane von Tieren umgeben, wie eine Art Naturwesen. Sie redet auch von befreundeten Schamanen, Native Americans, die täglich für sie beten und betont, dass es da ja kein Wunder wäre, dass sie noch immer bei bester Gesundheit sei. Die Interviewtreffen ziehen sich über mehrere Jahre, unterbrochen vom Pandemie-Geschehen und den Schutzmaßnahmen, die Reisen unmöglich machen. Anfangs nimmt Douglas Abrams sehr viel Raum für sich ein: Sein Vater stirbt, das Interview wird abgebrochen, er erzählt aus seiner Familiengeschichte … So tragisch das auch ist, aber ein konsequenterer Fokus auf Jane wäre bereits zu Beginn des Buches wünschenswert gewesen.

Besonders berührend sind die vielen Geschichten, die Jane aus ihrem ereignisreichen Leben erzählt und von Orten, die sie besucht hat. Illustriert mit Schwarzweiß-Fotos. Bemerkenswert zum Beispiel die Geschichte des „Survivor Trees“: ein Birnbaum, der einige Wochen nach dem Terroranschlag am Ground Zero in New York entdeckt wurde – er hatte den Anschlag schwer beschädigt überlebt und wurde dank der Pflege einer Naturforscherin wieder aufgepäppelt. Er steht heute, prächtig anzusehen, am 9/11 Memorial-Museum – als Symbol der Hoffnung für viele Menschen.

Naturforscherin und Umweltschützerin Jane Goodall.
Foto: © Carolyn Djanogly

Beeindruckend ebenfalls, mit wie viel Tatkraft Jane Goodall Menschen ermutigt hat, kleinere Projekte ins Leben zu rufen, die weitreichende Folgen nach sich ziehen. Das ist gelebte Hoffnung: Schüler*innen, die sich in Afrika dafür einsetzen, auf ihrem Schulhof Bäume zu pflanzen. Eltern, die ihre Kinder verstehen wollen und sich schließlich selbst im Naturschutz engagieren. Andere, die das nachmachen und so weiter und so fort …

Viele solcher Geschichten gehen zurück auf die von Goodall Anfang der 90er in Tansania initiierte „Roots & Shoots“- Bewegung („Wurzeln & Sprösslinge“), bei denen sie Kinder und Jugendliche zu kleineren Projekten animiert, die nicht nur der Natur, sondern auch den Menschen vor Ort zugute kommen, eine Bedeutung und eine Bestimmung geben. Denn das wird im Buch auch immer wieder deutlich: Goodall ist nicht nur Natur- sondern auch Menschenfreundin. Sie weiß, dass es der Umwelt nur gutgehen kann, wenn auch die dort lebenden Menschen über ein Einkommen verfügen und die Möglichkeit haben, selbstständig zu handeln und Dinge anzupacken. Sie erzählt zum Beispiel von einer Frau in Tansania, die mithilfe eines Mikrokredits eine Baumschule gründete. Viele kleine Projekte, die im Großen etwas bewirken – das ist Hoffnung für Jane, das inspiriert und steckt an, selbst aktiv zu werden.

Wer mehr über diese inspirierende Frau und beeindruckende Aktivistin erfahren möchte, dem sei “Das Buch der Hoffnung” ans Herz gelegt. Ja, es geht zwar vermehrt um Hoffnung und die (wahren) Geschichten, die uns diese zurückgeben oder uns in unserer vorhandenen Hoffnung bestärken sollen. Allerdings bleibt die Person Jane Goodall mit all ihrer Wärme, ihre Vision, Bescheidenheit und Durchsetzungsfähigkeit im Vordergrund – und glücklicherweise nicht die philosophischen Betrachtungen des Begriffs.

Filmtipp:

Aktuell gibt es in der Mediathek von arte eine 51minütige Dokumentation über eine Auffang- und Pflegestation für Schimpansen, die Jane Goodall Anfang der 90er Jahre im Kongo gegründet hat. Schaut doch mal rein, die Doku ist von 2021: Schimpansen im Kongo mit Jane Goodall – verfügbar bis 30. März 2025.

  • Autor: Jane Goodall, Douglas Abrams
  • Titel: Das Buch der Hoffnung
  • Originaltitel: The Book of Hope
  • Übersetzer: Andrea O’Brien, Jan Schönherr
  • Verlag: Goldmann
  • Erschienen: 22. November 2021
  • Einband: Hardcover mit Schutzumschlag
  • Seiten: 272
  • ISBN: 978-3-442-31608-3
  • Sonstige Informationen:
    Produktseite


Wertung: 13/15 dpt

 


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