Anthony Horowitz – Mord in Highgate (Buch)


Anthony Horowitz – Mord in Highgate (Buch)

Sherlock Holmes in modernen Gewand

Mord in Highgate
© Insel

Drehbuchautor und Schriftsteller Anthony Horowitz hat sich zu einem Vertrag über drei Bücher hinreißen lassen, in denen er über Fälle des früheren Detective Inspectors von Scotland Yard und jetzigen Privatdetektiv Daniel Hawthorne berichten soll. Der erste Band ist als Manuskript fertig, da wartet bereits ein neuer Mordfall. Der bekannte Scheidungsanwalt Richard Pryce wurde in seinem Haus in Highgate mit einer Weinflasche erschlagen. Ein zweitausend Pfund teures Geschenk seines letzten Mandanten Adrian Lockwood, nunmehr Ex-Mann der feministischen Schriftstellerin Akiro Anno, die unlängst in einem Restaurant Pryce öffentlich androhte, diesen mit einer Weinflasche zu erschlagen.

Ich fragte mich, warum eigentlich nie jemand die Wahrheit sagte, wenn jemand ermordet worden ist. Man würde doch denken, dass die Leute sich überschlagen, um bei den Ermittlungen zu helfen – aber nein, nichts dergleichen. Man hatte vielmehr den Eindruck, dass sie Schlange standen, um sich verdächtig zu machen.

Ein zweifelhaftes Geschenk für einen Mann, der bekanntlich keinen Alkohol trinkt und ein noch zweifelhafteres Alibi von Anno stimmen Horowitz nachdenklich. Stephen Spencer, der Ehemann des Ermordeten, gibt ebenfalls ein Alibi an, welches erkennbar nicht stimmen kann. Während Detective Inspector Cara Grunshaw von der Metropolitan Police kaum durchblickt und Horowitz deswegen unter Druck setzt, stoßen die beiden Freunde wider Willen auf ein sechs Jahre altes Unglück. Damals machten sich die drei Freunde Charlie Richardson, Richard Pryce und Gregory Taylor auf zu einer Höhlenbegehung. Ein Unwetter führte zum Drama, Richardson starb, während sich seine Freunde retten konnten. Wenige Tage nach dem Mord an Pryce stoßen Horowitz und Hawthorne auf eine unscheinbare Pressemeldung, wonach die Identität jenes Mannes, der am Vortag von Pryce’ Ermordung von einem Zug tödlich erfasst wurde, geklärt ist: Gregory Taylor.

Autor irrlichtert als Alter Ego von Dr. Watson durch das Geschehen

Wie alles anfing zwischen den beiden Protagonisten kann in „Ein perfider Plan“ nachgelesen werden. Bestsellerautor Anthony Horowitz hat sich eine nette Idee einfallen lassen, denn er schlüpft einfach als Ich-Erzähler in die Rolle des „Dr. Watson“, der seinen „Freund“ Daniel Hawthorne bei seinen Ermittlungen begleitet. Dabei macht er sich, der traditionellen Rollenverteilung entsprechend, zum Deppen und irrlichtert durch die Handlung. Wie schon bei Dr. Watson ist es seine vornehme Aufgabe, der Leserschaft mit seinen brillanten Analysen darzustellen, was offensichtlich Stand der Dinge ist – oder auch nicht. Natürlich nutzt Horowitz seine Erzählweise dazu, für sich selbst en passent reichlich Werbung zu machen. Beispielsweise für seine erfolgreiche Jugendbuchreihe Alex Rider, aber natürlich vor allem für seine bisherigen, an Sherlock Holmes angelehnten Werke „Das Geheimnis des weißen Bandes“ und „Der Fall Moriarty“.

Was Sie geschrieben haben, war aber sehr nützlich, Tony. Sie schreiben die Sachen recht genau auf, ohne zu wissen, was sie bedeuten. Sie sind ein bisschen wie ein Reiseschriftsteller, der alles sieht, aber nicht weiß, wo er ist.

Horowitz ist bekennender Fan von Arthur Conan Doyle, wie sein bisheriges Werk eindrucksvoll mit den beiden vorgenannten Titeln belegt. So schwebt denn auch Sherlock Holmes durch die gesamte Handlung, was allerdings nur eingefleischten Fans des Meisterdetektivs in aller Detailvielfalt auffallen wird. Immerhin, bei seiner fulminanten Schlussanalyse gibt es Verweise auf „Das Zeichen der Vier“ und „Das gelbe Gesicht“, während „Eine Studie in Scharlachrot“ schon während der Handlung wiederholt eine Rolle spielt. So lässt es sich die Leserunde, der Daniel Hawthorne angehört, nicht nehmen, genau diesen Roman zu besprechen … und zu verreißen.

Es war nur eine Kleinigkeit, aber irgendwie ist es mir aufgefallen. Er hat Blaubeeren gegessen, als wir mit ihm geredet haben.“
„Sind Sie sicher, dass Sie noch ganz bei der Sache sind?

Durch die schon angesprochene Schleichwerbung erfährt man einiges über den Autor sowie über die Verlagswelt. Über seinen zweiten Protagonisten Daniel Hawthorne erfährt man hingegen eher weniger, zumal Horowitz selbst zu ihm kaum privaten Zugang findet. Wie schon in „Ein perfider Plan“ wird klar, dass Hawthorne nicht immer mit juristisch einwandfreien Methoden arbeitet. Selbstredend lässt er sich nicht in die Karten schauen und so gilt bis zum Ende, dass es eine gute handvoll verdächtiger Personen gibt. Wer mag, darf versuchen, vor Hawthorne den Fall zu lösen. Den Hinweisen des Autors sollte man dabei nicht zu viel Bedeutung beimessen. Amüsante, britische Krimikost mit klarer Verbeugung vor Sherlock Holmes.

  • Autor: Anthony Horowitz
  • Titel: Mord in Highgate
  • Originaltitel: The Sentence Is Death. Aus dem Englischen von Lutz-W. Wolff
  • Verlag: Insel
  • Umfang: 347 Seiten
  • Einband: Taschenbuch
  • Erschienen: November 2021
  • ISBN: 978-3-458-68182-3
  • Produktinformation


Wertung: 12/15 dpt

 


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