Die Klangdepesche:
Musik, Musik, Musik! Ales empfiehlt 5 Alben.
Khruangbin: “The Universe Smiles Upon You” (2015)
Khruangbin ist keine unbekannte Größe auf der internationalen Bühne. Die vermutlich zurückgelehnteste Band aller Zeiten präsentiert auf diesem Debüt-Album einen ungewöhnlich minimalistischen und doch äußerst bestechenden Sound, bestehend aus einem frugalen Schlagzeug, einem effizienten spartanischen Bass und einer psychedelisch gänzliche entfesselten Fender Stratocaster. Das hier ist Stoner-Musik der ersten Ordung. Lassen wir doch mal die Obrigkeitsangst beiseite – es steht schließlich schon im Koalitionsvertrag! Wer wissen möchte, wie sich die vollständige Abwesenheit von Stress anhört, sollte Khruangbin hören. Wer nach eine schweren Arbeitstag einfach nur auf das Sofa fallen möchte, hat die akustische Rahmenbedingung dazu gefunden. Sicherlich Teil der Geheimrezeptur zu dieser – auf den ersten Blick simpel gestrickten – Musik, ist die kulturelle Referenz zu allerlei Pop-Schlagern aus Südostasien und damit verbunden ein gewisses, beabsichtigtes Fernweh, das diese Musik heraufbeschwört. Der Sound fühlt sich wie Heuballen an. Oder nackte Frauenfüße, die durch einen feinen weißen Sand tanzen. Mark Speers unverzerrte Stratocaster erinnert an die Flöte eines Schlangenbeschwörers. Die sanften Riffs und Muster lösen sich wie Wellen ab und umschmeicheln deine Ohren. Das Album hat nicht den besten Sound und fühlt sich beinahe mono an. Doch etwas daran mutet absichtlich an. Wie eine Scheibe, die in einer Scheune aufgenommen wurde. Als wärest du auf den besagten Heuballen aufgewacht und hast festgetellt, das neben dir eine Band probt. Boom Shiva!
Genre: Psychedelic Rock, Jazz-Funk
Track zum Einstieg: “Mr White”, “August Twelve”
YĪN YĪN: “The Rabbit That Hunts Tigers” (2019)
Dieses Debütalbum hat es in sich. Die aus Maastricht stammende Band ist ein wenig wie Khruangbin auf Steroiden. Denn sie haben eine sehr ähnliche Inspirationsquelle: schrullige und funkige Soundtracks aus Südostasien und eine generelle Globetrotter-Mentalität von langhaarigen Rucksackreisenden. Doch damit enden die Ähnlichkeiten. Denn YĪN YĪN ist ein Vulkan aus Grooves und Tanzrhythmen. Und nirgendwo wird es ansteckender, bestechender und berauschender, als bei dem Track “One Inch Punch”. Sogar Bruce Lee aufersteht hierzu, um uns seine wichtigste Message zu übermitteln. Be water, my friend! Tolles Album, perfekter Sound wenn du auf Reisen bist. Away from the beaten track!
Genre: Jazz-Funk, Disco, Psychedelic Rock
Track zum Einstieg: “One Inch Punch”
Jungle By Night: “Livingstone” (2018)
Jungle By Night gibt es schon eine Weile. Und diese Band aus Amsterdam hat in den letzten 10 Jahren kaum nachgelassen. Und doch könnte das 2018 erschienene “Livingstone” ihr bestes Album sein. Das neunköpfige Ensamble hatte einst als ein reines Afro-Beat-Outfit begonnen, doch sehr zügig transzendierte die Band dieses Genre und reicherte es mit Elementen des Psychedelik Rock, Funk, Future Jazz, Surf Rock und vielem mehr an. Wie immer steht im Mittelpunkt die dreiköpfige Horn-Sektion aus Pieter Van Exter (Sax), Ko Zandvliet (Posaune) und Bo Floor (Trompete), doch kaum eine andere Band steht so sehr für Gruppendynamik, wie Jungle By Night. So kommt der Gitarrist Jac Van Exter nicht minder zum Zug. Um so mehr gilt es für den funkigen Keyboarder Pyke Pasman. Dieser ultra-lässige Instrumentalsound aus der Welt der Grachten besitzt vielfältige Anwendbarkeit. Es kann sich lohnen, sich in die musikalischen Feinheiten dieser Musik zu vertiefen. Jungle By Night ist in dieser Hinsicht wie eine schöne chinesische Puzzle-Box. Doch ebenso ist das hier die perfekte Musik für den Hintergrund, während wir uns den Weg durch unseren (nicht immer so aufregenden) Alltag bahnen.
Genre: Afro-Beat, Jazz-Funk, Psychedelic Rock, Jazz-Fusion
Track zum Einstieg: “Spectacles I + II”
Al Doom & The Faryds: “Positive Force” (2012)
Die im italienischen Milano arbeitende Band ist ein musikalisches Enigma. Ihr Sound erschafft atmosphärische Brücken zwischen Jazz-Fusion, Funk, Psychedelischem Rock, Nahost-Musik, Hindustanischem Sound und darüber hinaus. Ihr Sound entzieht sich den gängigen Maßstäben – und doch lassen sich die Wurzeln weder leugnen noch überhören. Vor allem die deutsche Kultband Embryo, aber auch die quirligen frühen Alben der Band Gong kommen hier schnell in den Sinn. Die Musik von Al Doom & The Faryds fühlt sich manchmal ein wenig wie ein Grind auf der Haut. Und manchmal wie diese ersten Sekunden nach einem Cannabis-Hit, wenn die Droge ihre Fühler ausstreckt. Diese Band kann experimentell, atmospherisch, oder äußerst psychedelisch sein. Dies ist keine Berieselung. Es ist eine Klang-Reise!
Genre: Jazz-Fusion, Psychedelic Rock
Track zum Einstieg: “Thirst”
Kyoto Jazz Massive: “Spirit Of The Sun” (2002)
Kyto Jazz Massive ist das stimmungsvolle Projekt der beiden Brüder Shuya und Yoshihiro Okino aus Kyoto in Japan. Die beiden DJs und Musiker begannen Ende der 90er Jahre die Downtempo– und Deep-House-Szene mit ihrem spacigen Future-Jazz-Sound zu beeinflussen und in 2002 erschien ihr Debütalbum auf dem deutschen Label Compost, das zugleich das Hauslabel der NuJazz-Outfits Jazzanova, Trüby Trio und Fauna Flash ist. “Spirit Of The Sun” ist ein grooviges Doppelalbum, das eine perfekte Balance zwischen den “dancefloor-artigen” Komponenten und dem funkigen Jazz einhält und damit erfolgreich in beiden Sphären existieren kann (auch wenn echte “Yazzer” das niemals zugeben würden) . Heute ist die “Verjazzung” von Tanzmusik eine fast alltägliche Erfahrung, doch damals am Ausklang des 20. Jahrhunderts war dieser äußerst intime Flirt der House-DJs mit Jazz und Soul durchaus etwas Neues. Dies war aber auch eine Zeit, in der sogenannte “Chill-Out-Musik” und “Lounge-Musik” großen Aufwind hatte und die strickte, schweißtreibende Beengung der Tanzfläche zu überwinden versuchte. Und in diesen Zeitgeist passt dieses Album nicht nur perfekt, sondern ist ein zentraler Repräsentant. Verdammt. Das Album ist nun 20 Jahre alt. Unglaublich. Was für geile Mucke.
Genre: Future-Jazz, Dubstep, Deep House, Downtempo, Latin House
Track zum Einstieg: “Stargazer”, “The Brightness Of These Days”