„Junge mit schwarzem Hahn“ ist ein Roman, der in klarer bildhafter Sprache die Menschlichkeit und das Füreinander in den Mittelpunkt stellt, ohne dabei den Zeigefinger zu heben.
Martin ist ein 11-jähriger Junge, der auf sich allein gestellt ist. Lediglich ein schwarzer Hahn steht ihm zur Seite und weicht auch zu keiner Zeit von ihm. Von den Dorfbewohnern, die sich räumlich wie auch geistig innerhalb ihres Dorfes bewegen und in keiner Weise gewillt sind dieses zu verlassen, wird dieser Hahn als Teufel bezeichnet. Die Gemeinschaft lässt sich nur durch das rein lokale und notwendige Zusammenleben als solche erklären. Werte wie Mitgefühl, Verständnis oder Hilfsbereitschaft fehlen an diesem wie auch anderen Orten, in denen der Roman angesiedelt ist. Nur durch eine einzige Person werden diese spürbar und das ist Martin. Der Junge ist groß gewachsen, schlank und verfügt über ein gütiges Wesen, was den Bewohnern des Ortes aufgrund ihres Lebens in Armut und Angst, eher unheimlich erscheint. Ihre Zuflucht ist die Religion sowie der Aberglaube.
Als Martin bemerkt, wie ein schwarzer Reiter ein Mädchen entführt, macht er es sich zur Aufgabe den Entführer zu finden, um das Kind zu befreien. Dabei begleitet ihn beim Antritt seiner Reise ein Maler, der einer der wenigen Menschen ist, zu dem sich ein Band der Freundschaft entspinnt. Er spricht Martin Mut zu, auch wenn er selbst sehr damit kämpft von Hunger und Armut umgeben zu sein, was dazu führt, dass sich die beiden zwischenzeitlich aus den Augen verlieren.
Martin begegnet auf seinem Weg weiteren Menschen, die von der Pest und den Auswirkungen des Krieges gezeichnet sind, weswegen ihr einziger Gedanke dem Überleben gilt und sie für die Bedürfnisse des Jungen keine Zeit verschwenden. Ungebrochen in seinem Willen das Mädchen zu retten, gelangt Martin zur Burg der Fürstin, die selbst in den härtesten Tagen hohe Abgaben von ihren Untergebenen fordert. Hier erlebt Martin wie sich die Grausamkeit und Zerrissenheit der Fürstin auf die Bewohner der Burg auswirken. Auch erlangt er Wissen über seine eigene Vergangenheit, welches ihm bis dahin gänzlich verborgen blieb.
Der Roman „Junge mit schwarzem Hahn“ ist das Debüt der Autorin Stefanie vor Schulte. Aufgrund des klaren Stils und der präzisen Wortwahl, entsteht schnell der Eindruck eines schaurigen Märchens. So ist von Anfang an erkennbar, dass es eine klare Abgrenzung zwischen Gut und Böse gibt. Eine konkrete Zeitangabe wird ebenso nicht getroffen. Aufgrund der Angaben, dass Krieg herrscht sowie die Pest wütet, lässt sich vermuten, dass das Werk im Mittelalter verortet ist. Darauf wird nicht näher eingegangen. Gerade, weil hier die detaillierten Informationen fehlen, lässt sich annehmen, worum es der Autorin im eigentlichen Sinne geht, und zwar um die Beziehung der Menschen zu- und miteinander. Es geht um die grundsätzlichen Werte und das Verhalten der Menschen, sowie die Betrachtung der Moralvorstellung und wie sich diese unter den vorherrschenden Lebensbedingungen innerhalb einer Gesellschaft äußern. Stefanie vor Schulte gelingt es bravourös diese Themen in eine gefühlvolle, aber nicht pathetische Sprache einzubinden und mit dieser eine Geschichte zu erzählen, die düster, spannend aber in ihrem thematischen Kanon nicht wirklich weit von unserer heutigen Zeit entfernt ist.
- Autor: Stefanie vor Schulte
- Titel: Junge mit schwarzem Hahn
- Verlag: Diogenes
- Erschienen: August 2021
- Einband: gebundene Ausgabe
- Seiten: 224
- ISBN: 978-3-257-07166-5
- Erwerbsmöglichkeiten
Wertung: 15/15 dpt