Christine Langer – Ein Vogelruf trägt Fensterlicht

Christine Langer - Ein Vogelruf trägt Fensterlicht Cover © Denis Krnjaic Alfred Kröner VerlagKann ein Vogelruf Fensterlicht tragen und wenn ja, wie? Was trägt ein Vogelruf eigentlich und was genau kann man sich unter Fensterlicht vorstellen? Allein schon dieses Zitat, welches aus Christine Langers Gedicht „Traumnuancen“ stammt und ihrer neuen Lyriksammlung deren Namen verliehen hat, offenbart: Christine Langers Gedichte sind so viel mehr als poetische Zeilen.

Die mehrfach ausgezeichnete Lyrikerin, die mit „Ein Vogelruf trägt Fensterlicht“ nunmehr ihren fünften Gedichtband veröffentlicht hat, geht in ihren Gedichten auf eine lyrische Reise durch die Natur. Stets auf der Suche nach einem gleichgesinnten Gegenüber, einer weiteren Person für poetische Gespräche, wandelt die Autorin auf sprachlich außergewöhnlich fantastisch konstruierten Wegen. Nahezu in all ihren Gedichten, die die Lyriksammlung enthält, beweist Christine Langer ein bemerkenswertes Talent für Worte und Sprache. Mit einer unglaublichen Präzision erschafft sie Dichtung, die beinahe melodisch anmutet.

Darüber hinaus gelingt es ihr immer wieder, Worte zu poetischen Gedankenspielen zu verknüpfen, die auf den zweiten und auf den dritten Blick weitaus mehr Bedeutung erkennen lassen, als es auf den ersten Blick erscheinen mag. Zeilen wie

„Die Uhrzeit am Handgelenk längst abgelegt“

und

„Du gehst durch die Uhr hindurch, treibst rinnende Stunden aus der Haut“

lassen den Lesenden öfter innehalten, sie wieder und wieder lesen, bis sich ihre vielgestaltige Wirkung erst richtig ausgebreitet hat. Sie rufen ein tieferes Bewusstsein für das eigene Selbst hervor, hinterfragen den Fokus auf selbst auferlegte Prioritäten und inwieweit man sich selbst den kleinen Dingen des Lebens widmet und ihren Hinweisen nachgeht.

„Ich sammelte Gedankenfedern
Zwischen kalter Luft und Stein
Und legte sie zwischen die Seiten
Meines Notizbuchs.“

Auch der Natur, die Christine Langer in ihren Gedichten stetig durchstreift, wird dank der ausdrucksstarken Zeilen eine größere Geltung beigemessen.

„Die höchsten Bäume wachsen still über sich hinaus“

Sie verraten nicht nur einmal mehr einen umfassenderen Sinn, sie entfalten auch die Macht und Beständigkeit der verschiedenen Landschaften und zitieren in jeder Silbe ihre einzigartige Schönheit.

„Fließendes Wasser spannt Spiegel über die Ufer“

Durch diese Verbindung zur Natur, welche die Autorin immer wieder thematisiert oder gelegentlich nur aufblitzen lässt, wird der Bogen zurück zu der Suche nach einem Menschen für Gespräche geschlagen; es scheint, als könnte man ebendiesen in der Natur finden.

Christine Langers Gedichte sind wort- und bildgewaltig, ihre selten klangvoll poetische Sprache zeugt von einer außergewöhnlich einstimmig schönen Harmonie. Ihre Gedichte sind keineswegs Zeilen, die flüchtig gelesen werden können, das wird ihnen nicht gerecht. Diese Gedichte verdienen Zeit und Ruhe, um ihre wundervolle Wirkung zu entfalten und wer sich ihnen widmet, dem wird eine anmutende Welt der Poesie offenbart.
„Ein Vogelruf trägt Fensterlicht“ ist eine Empfehlung für alle, die sich gerne von melodischen Worten leiten lassen, die ihren Blick mit Bedacht auf die kleinen Dinge richten und die gerne die Bedeutung hinter der Bedeutung erfragen.


Wertung: 15/15 dpt

  • Autor: Christine Langer
  • Titel: Ein Vogelruf trägt Fensterlicht
  • Verlag: Alfred Kröner Verlag
  • Erschienen: 2022
  • Einband: Gebunden
  • Seiten: 104
  • ISBN: 978-3-520-76501-7
  • Sonstige Informationen:
    Produktseite
    Erwerbsmöglichkeiten

Cover: Umschlaggestaltung © Denis Krnjaic Alfred Kröner Verlag

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