Auf der Suche nach der verschwundenen Kirche
Erik Hansen, ein hoher Repräsentant der Lutherischen Kirche, bittet Sherlock Holmes um Hilfe in einem, selbst für den erfahrenen Meisterdetektiv, höchst seltsamen Fall. In Norwegen wurde das frühere Dorf Storavik vor einiger Zeit aufgegeben. Rund zwanzig Familien leben noch verstreut auf ihren Höfen. Immerhin, einmal in der Woche fand noch der Gottesdienst statt, womit nun Schluss ist, denn die Kirche, eine kleine, aus Holz gebaute Stabkirche, ist seit rund fünf Monaten verschwunden. Im Innern der Kirche befanden sich mysteriöse Runeninschriften, die auch auswärtige Besucher anlockten.
Seit dem Verschwinden der Kirche, die Holmes in Begleitung seines Freundes David Tristram wiederfinden soll, finden die Gottesdienste in nächstgelegenen Ort Bjornfelden statt, wo der unbeliebte Pfarrer Anders Rasmussen predigt. Am Tag nach ihrem Eintreffen in Bjornfelden wird das verschlafene Dorf plötzlich in helle Aufregung versetzt, denn angeblich hat Rasmussen Selbstmord begangen; sich von seinem Kirchturm gestürzt. An einen derartigen Zufall mag wiederum der große Detektiv nicht zu glauben.
Der elfte Sherlock-Holmes-Roman von Franziska Franke
Nachdem im Mai dieses Jahres der siebte Sherlock-Holmes-Roman von Wolfgang Schüler erschien (ebenfalls im KBV-Verlag), legt nun Franziska Franke mit ihrem bereits elften Band nach. Während bei Wolfgang Schüler der bekannte Dr. Watson als Berichterstatter fungiert, ist es hier David Tristram, was dadurch erklärt wird, denn die Romane von Franziska Franke spielen nach dem legendären Vorfall an den Reichenbachfällen. Holmes ist untergetaucht und auf der Flucht vor Professor Moriarty und dessen Schergen. Deswegen reist Holmes inkognito unter dem Pseudonym Sven Sigerson und gibt vor, ein norwegischer Staatsmann zu sein. Dies wird im vorliegenden Fall zu einem Problem, da er zum einen des Öfteren mit seinem richtigen Namen angesprochen wird und zum anderen, weil er schlicht die norwegische Sprache nicht spricht.
Wie gewohnt trifft Franziska Franke die Atmosphäre der Arthur-Conan-Doyle-Geschichten gekonnt. Tristram gibt dabei nicht nur den Ich-Erzähler, sondern darf in bewährter Tradition sich über den Verlauf der Ermittlungen sowie mögliche Täter und Zusammenhänge auslassen. Hierbei liegt er treffsicher ständig daneben, wobei er mitunter recht haarsträubende Schnellschüsse zum Besten gibt. Holmes reagiert wie immer; meist gar nicht oder wenn, herablassend mit Verweis auf die vorliegenden Irrtümer seines Freundes. Überraschend fehlt im vorliegenden Roman jedoch in hohem Maße genau jene Ingredienz, die die Holmes-Werke auszeichnen, nämlich die meisterhaften Rückschlüsse des Superhirns. Diese fallen sehr sparsam aus.
Da im Verlauf der Handlung noch ein weiterer Todesfall zu beklagen sein wird, sind gleich drei Verbrechen aufzuklären: Das Verschwinden der Kirche sowie die beiden – ist doch eh‘ klar – Morde. Bei Letzteren hat man wie üblich keine Chance mitzuraten, da es keine Hinweise gibt; die Irritationen durch Tristram einmal außen vorgelassen. Über die „Auflösung“ bezüglich der verschwundenen Kirche soll an dieser Stelle der berühmte Mantel des Schweigens geworfen werden. Dafür gibt es noch einige historische Anmerkungen zur Landesgeschichte Norwegens und – der Titel nimmt es vorweg – Einblicke in die Welt der Sagen, heidnische Götter, Trolle und eben Runen.
- Autor: Franziska Franke
- Titel: Sherlock Holmes und das Orakel der Runen
- Verlag: KBV
- Umfang: 300 Seiten
- Einband: Taschenbuch
- Erschienen: August 2021
- ISBN: 978-3-95441-579-3
- Sonstige Informationen:
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Wertung: 11/15 dpt