Ein Frauenmörder in Glasgow. Tartan Noir vom Feinsten.
Jacquilyn Keevins im Mai 1968, Ann Ogilvie im November und Marion Mercers im Januar 1969. Drei Frauen, alle Mütter, wurden in leerstehenden Abbruchhäusern vergewaltigt und ermordet. Die Ermittler der Marine Police Station schalten die Öffentlichkeit ein. Was folgt: 50.000 Zeugenaussagen und dennoch keine Spur. Sonderermittler Detective Inspector Duncan McCormack wird hinzugezogen, soll die Arbeit der Kollegen beobachten, nach Fehlern suchen und Bericht nach oben erstatten. Von Beginn an ist er, der Highlander aus Ballachulisch, als Verräter in den eigenen Reihen gebrandmarkt.
Monate lang wird ermittelt, es passiert nichts und so empfiehlt McCormack im Sommer 1969 die Einstellung des Verfahrens. Der Bericht ist noch nicht ganz auf dem Tisch seines Vorgesetzten gelandet, da wird eine weitere Frauenleiche gefunden. Zur Schadenfreude seiner Kollegen. Gemeinsam mit Detective Sergeant Derek Goldie steigt McCormack nun selber in die Ermittlungen ein und stößt auf interessante Spuren. Eine führt sogar zu Maria Stuart, der früheren Königin von Schottland.
McIlvanney gewinnt McIlvanney Prize 2018
William McIlvanney (1936-2015) wurde vom „Guardian“ einst als „Godfather of tartan noir“ bezeichnet, seit 2012 wird ihm zu Ehren der McIlvanney Prize für den besten schottischen Kriminalroman vergeben, den sein Sohn Liam im Jahr 2018 für „The Quaker“ bekam, der nun endlich in deutscher Übersetzung erschienen ist. Glasgow im Jahr 1969 ist eine Stadt im Aufbruch, die größte in Schottland, geprägt von zahllosen leerstehenden Häusern, die ihrem Ende entgegensehen. In diesen Abbruchhäusern kann man schon mal eine Leiche platzieren oder untertauchen, wenn man einen spektakulären Überfall vollbracht hat. Dumm nur, wenn im eigenen Versteck plötzlich eine Leiche auftaucht und man für den gesuchten Quäker gehalten wird. So geschieht es dem Tresorknacker Alex Paton, womit dann auch eine erste Verbindung zur Glasgower Unterwelt besteht.
Glasgows mächtigster Gangsterboss ist John McGlashan und einer seiner Männer wurde unlängst von Duncan McCormack geschnappt. Seitdem eilt ihm sein Ruf voraus, doch eigentlich will er den ganz großen Fang, sprich McGlashan verhaften, allein der Quäker hat etwas dagegen und so muss sich McCormack erst einmal mit diesem Fall beschäftigen. Und mit seinen neuen Kollegen, denn hier droht Ungemach noch von ganz anderer Seite.
Glasgow bildet eine gewaltige Kulisse, wird ebenso intensiv wie düster vorgestellt. Die Ermittlungen werden detailliert geschildert und erinnern ein bisschen an „Ein Ort für die Ewigkeit“ von Val McDermid; auch hier kamen die umfangreichen Ermittlungen lange Zeit nicht von der Stelle. Atmosphärisch fängt Liam McIlvanney die damalige Zeit großartig ein. Leerstehende Häuser, Menschen vor dem Absprung ins Ausland oder in die nächstgelegene Sozialsiedlung, die Unterwelt, die stets ein Stück vom großen Kuchen abhaben möchte, notfalls mit Gewalt. „Ein frommer Mörder“ ist ein feiner Tartan Noir, der trotz der brutalen Frauenmorde, auffallend ruhig erzählt wird. Das Setting ist dem Autor wichtiger als brutale Action, Spannung lässt sich auch mit leisen Tönen erzeugen. Zudem gelingt es vortrefflich, wenn auch spät, einige geschickte Fallstricke auszuwerfen, bevor es zum großen Finale kommt. Hier erlebt man eine wendungsreiche Achterbahnfahrt mit überraschender Auflösung. Richtig muss es heißen, Auflösungen, aber wir wollen ja nicht spoilern. Großes Kino!
- Autor: Liam McIlvanney
- Titel: Ein frommer Mörder
- Originaltitel: The Quaker. Aus dem Englischen von Sabine Lohmann
- Verlag: Heyne
- Umfang: 446 Seiten
- Einband: Taschenbuch
- Erschienen: Juli 2021
- ISBN: 978-3-453-44093-7
- Sonstige Informationen:
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Wertung: 13/15 dpt