Jesper Lund – Schwedensommer (Buch)

Jesper Lund – Schwedensommer


Solide Krimikost aus Malmö

Schwedensommer
© Emons

Die neun Kilometer lange Öresundbrücke verbindet Kopenhagen in Dänemark mit Malmö in Schweden. Dort, in Malmö, kann man im Ribersborgs Kallbadhus in einem geschützten Bereich des Meeres schwimmen, der über eine Holztreppe erreichbar ist. Jedenfalls solange hier keine Leiche angespült wird. Schnell verbreitet sich die Nachricht, dass es sich bei dem Toten, dessen klaffende Wunde am Hinterkopf auf ein Tötungsdelikt hindeutet, um den bekannten Schiffsreeder Lennart Fogelklou handelt, einen der reichsten Männer Schwedens. Nach erster Einschätzung des neuen Rechtsmediziners Lundin wurde Fogelklou bereits vor drei bis vier Tagen ermordet, doch dessen Sekretärin hat mit ihm noch gestern in seinem Büro gesprochen.

Kommissar Niklas Zetterberg und seine Kollegin Emma Steen stehen kurzzeitig vor einem Rätsel, zumal sie über den in völliger Zurückgezogenheit lebenden Mann so gut wie nichts wissen. Schnell stellt sich heraus, dass der Tote nicht Lennart, sondern dessen Zwillingsbruder Hans ist, der sich vor vielen Jahren aus der Reederei zurückgezogen hatte und seitdem in Berlin lebte. Aber was machte er in Schweden? Als man Lennarts Frau Camilla die vermeintlich schlechte Nachricht überbringt, bei der sich der Irrtum herausstellt, erhält diese ein anonymes Päckchen, welches sie in Gegenwart der Polizisten öffnet. Darin enthalten ist Lennarts abgetrennter Ringfinger. Wenig später kursiert ein Video von Lennart, in dem er mitteilt, dass er entführt wurde und eine Milliarde Kronen als Lösegeld verlangt werden. Eine unfassbare Summe, in der Kürze der Zeit unmöglich aufzutreiben.

Aber wer steckt hinter der Entführung? Lennarts größter Konkurrent aus Kopenhagen? Seine zwielichtigen Vorstandskollegen oder jene ominöse „gruppe89“, die aus militanten Klimaaktivisten besteht und die Reederei schon seit Wochen bedroht? Die Zeit drängt, denn bald wird klar, dass sich womöglich auch Lennarts Geschwister Siv und Olof in Gefahr befinden.

Jesper Lund ist Jobst Schlennstedt

Jobst Schlennstedt (Jahrgang 1976) ist ein Vielschreiber unter den deutschen Krimiautoren und hat bereits rund zwanzig Kriminalromane unter seinem Namen veröffentlicht. Seine Ermittler hießen bislang Jan Oldinghaus, Birger Andresen und Simon Winter. Da der vorliegende Roman „Schwedensommer“ ausschließlich in Schweden und Dänemark spielt (somit nicht in Deutschland), hat sich der Autor das Pseudonym Jesper Lund zugelegt und führt zwei neue Protagonisten ein. Niklas Zetterberg, dessen erste Beziehung mit seiner langjährigen Lebensgefährtin Pernille komplett in die Brüche gegangen ist und der seitdem von dieser massiv gestalkt wird, sowie Emma Steen, seine acht Jahre jüngere Kollegin, mit der er seit kurzer Zeit auch privat liiert ist.

„Wie wir gehört haben, sind Sie neben Lennarts Familie die Person, die ihn am besten kennt. Deswegen würden wir Ihnen gerne einige Fragen stellen.“ „Das stimmt nicht.“ „Sie sind seit zwanzig Jahren seine rechte Hand. Uns wurde gesagt, dass –„ „Ich meine seine Familie. Sie kennt Lennart keineswegs.“ „Reden Sie von seiner Frau oder den Geschwistern?“ “Das ist egal.“

Neben Zetterberg ist vor allem das Opfer eine interessante Figur, denn der schwerreiche Reeder vermeidet jede Öffentlichkeit, sein Zeitungsfoto ist Jahre alt. Selbst seine Mitarbeiter in der Reederei bekommen ihren Chef nur selten zu sehen, kaum jemand kennt ihn persönlich. Dies gilt interessanterweise auch für seine Familie, die ihm herzlich egal zu sein scheint, was erklärt, warum er manchmal tagelang nicht zuhause übernachtet. Der Schreck bei Ehefrau Camille als sie zunächst von seinem Tod ausgehen muss, hält sich daher in Grenzen. Ihr Verhalten, ebenso wie jenes seiner Geschwister Siv und Olof sowie der führenden Mitarbeiter in der Reederei ist für die Ermittler nur schwer zu deuten. Klare Hinweise auf den oder die Entführer gibt es zunächst nicht, denn das Video von Lennart enthält keinerlei diesbezügliche Informationen und ein Bekennerschreiben fehlt. Etwas seltsam an der Stelle mutet an, dass nicht direkt die nationalen Medien auf der Bildfläche erscheinen, angesichts der großen Persönlichkeit. Auch die Reichsmordkommission aus Stockholm tritt nicht in Erscheinung, obwohl einer der reichsten Schweden entführt wurde.

Bei der Auflösung des Falles reibt man sich, wie die Ermittler, die Augen, angesichts der Identität des Täters. Hier ist dem Autor ein feiner Coup gelungen, der allerdings einer genauen Prüfung so nicht Stand hält. In der Lektüre und aus Sicht der Ermittler ist das alles nachvollziehbar, aber … lesen Sie selbst. Abschließend sei erwähnt, dass vor allem die Stadt Malmö sowie die Provinz Schonen und Kopenhagen die gut eingefangenen Kulissen des durchweg spannenden und kurzweiligen Plots bilden.   


Wertung: 12/15 dpt

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