Das Geheimnis der 5 Gräber (Film)


Das Geheimnis der 5 Gräber

John Sturges dürfte am bekanntesten für seine beiden großen Ensemble-Filme “Die glorreichen Sieben” und “Gesprengte Ketten” sowie die Hemingway-Adaption von “Der alte Mann und das Meer”.

Doch ist Sturges für weit mehr Werke verantwortlich, die das Herz jedes Cineasten höherschlagen lassen. Ob der grimmige “Stadt in Angst” (mit dem ungleich schöneren Originaltitel “Bad Day At Black Rock”), mit Spencer Tracy als einarmigem Fremden, der eine Kleinstadt aufmischt (was von der Grundprämisse tatsächlich als “Rambo”-Vorlage durchgeht), seine durchaus kritischen Auseinandersetzungen mit Wyatt Earp und Doc Holliday, “Zwei rechnen ab” und “Die fünf Gefürchteten”, oder der fatalistische “Der Schatz des Gehenkten”, der Robert Taylor und Richard Widmark einmalig zusammenbringt: Sturges ist ein Hollywood-Professional der besten Sorte.

Seine Filme, explizit seine Western, sind keine tumben Actionergüsse, hier spielen psychosoziale Komponenten eine tragende Rolle. Die Hauptfiguren sind oft Getriebene, die durch äußere Umstände dazu gebracht werden, sich ihren eigenen Dämonen zu stellen. Gerade die Bezugnahme auf psychische Befindlichkeiten sowie eine konzentrierte, ökonomische Inszenierung sorgen dafür, dass John Sturges‘ Filme auch ohne Nostalgiefaktor heute noch höchst ansehnlich sind.

“Das Geheimnis der 5 Gräber” ist ein Paradebeispiel. Gerade einmal 84 Minuten reichen Sturges und seinem Drehbuchautoren, dem Hardliner Borden Chase, eine geradezu biblische Geschichte zu erzählen. Ein verlorener Sohn (Richard Widmark) sucht den mutmaßlichen Mörder seines Vaters (und vier weiterer Männer), um sich am Ende bitteren Wahrheiten stellen zu müssen. Der Film ist schnörkellos, visuell ansprechend und actionreich inszeniert, doch alles andere als ein standardisierte Rachegeschichte, die in einem befreienden Showdown endet.
Das Ende ist vielmehr ein perfekter Anti-Climax, der die Sinnlosigkeit eines Lebens im Zeichen der Gewalt betont. Und klarstellt, dass Blut nicht dicker als Wasser ist, sondern wohlmeinende Freunde und selbst getroffene Entscheidungen wichtiger für die eigene Identität sind.

Bereits die Exposition ist ein Musterbeispiel für zweckmäßiges Erzählen. Jim Slater (Widmark) trifft Karyl Orton (Donna Reed) im verlassenen Gila Valley. Die Frau vermutet in Slater einen Hasardeur, der hinter einem Schatz her ist. Doch der alerte Cowboy bekundet an den mutmaßlich vergrabenen 60 000 Dollar kein Interesse. Er hebt Gräber aus, um Hinweise auf den Tod seines Vaters und den dafür Verantwortlichen zu finden. Wenig später fällt ein Schuss, und Jim Slater muss sich einer Attacke aus dem Hinterhalt erwehren. An der Orton möglicherweise als Lockvogel beteiligt ist.

Slater kann die Bedrohung ausschalten und findet sich mit Karyl auf einem Trail wieder, der die beiden schicksalhaft Verbundenen zu einem Rancher führt, der sich eines bösartigen Kontrahenten erwehren muss. Die Schlüsselfrage: Ist der schändliche Jim Bonniwell möglicherweise Karyls Ehemann oder Jims totgeglaubter Vater?

Zeitbedingtes Konfliktpotenzial liegt in der Darstellung der Apachen, die lediglich als latente und kurz als reelle Bedrohung herhalten müssen und im stellenweise übergriffigen Aktionismus Widmarks gegenüber Donna Reed. Beides findet auf der Handlungsebene allerdings eine schlüssige Begründung.

Reed ist entgegen ihres späteren “Mutter der Nation”-Images ansprechend besetzt und liefert eine reife Leistung als kluge und gewandte Frau, mit möglicher Neigung zur Femme fatale, die wesentlich analytischer mit der jeweiligen Situation umzugehen weiß, als die sie umgebenden Männer. Vor allem Jim Slater profitiert davon.

Richard Widmark erweist sich einmal mehr als starker Charakterdarsteller, der vieles vorwegnimmt, was den Western der Sechziger Jahre, insbesondere die italienische Spielart, prägen wird. Sein Jim Slater ist ein Charakter, der sich seiner Stärken bewusst ist und dies nicht ständig beweisen muss. Ein Experte der Lakonik, dem man jedoch anmerkt, dass er jederzeit explodieren kann.

Er entwickelt sich im Lauf des Films weiter und darf Schwäche(n) sowie moralische Kompetenz zeigen – was ihn beinahe das Leben kostet. Richard Widmark ist zudem kongenial darin, jungenhaften Charme zu beweisen, hinter dem sich jedoch dunkle, skrupellose Facetten vermuten lassen, die, erst einmal geweckt, für Furor sorgen können. Für die Darstellung dieser Ambivalenz genügen dem Schauspieler wenige Blicke und Gesten – ein Großer seines Fachs.

Die Nebendarsteller liefern solide Arbeit, John McIntire überzeugt natürlich als verschlagener Jim Bonniwell, genau wie William Campbell als Heißsporn Johnny Cool(!), der sich wie ein tollwütiger Hund aufführt, bis er sich einen Knochen schnappt, den er nicht schlucken kann.

Johnny Cool isn’t that cool…

Die angeblich vergrabenen 60 000 Dollar, hinter so viele Beteiligte her zu sein scheinen, sind der McGuffin, der den Film auf Trab hält, ohne faktisch eine großartige Bedeutung für die fortschreitende Handlung zu haben. Die Menschen sind halt geldgeil in einer gierigen Welt. Bis auf Jim Slater, der bei jeder Gelegenheit trotzig betont, dass ihn der Schatz nicht die Bohne interessiert. Nicht nur dieser Running Gag sorgt für trefflichen schwarzen Humor, insbesondere Richard Widmark ist ein Meister des schulterzuckenden Stoizismus, der umso witziger rüberkommt, je unterkühlter er präsentiert wird. Geschliffene Dialoge helfen dabei.

Fazit: So ist “Das Geheimnis der 5 Gräber” ein rundum gelungenes Vergnügen, der auf Blu-ray eine gestochen scharfe, visuell berauschende Umsetzung gefunden hat. Im Original durch die klare Sprache auch mit begrenzten Englischkenntnissen hervorragend verständlich.

Die Synchronisation geht – mit Altersbonus – in Ordnung, auch wenn sich einige Klopper eingeschlichen haben. Obwohl im Original deutlich vernehmbar von der Stadt „ˈTuːsɑn” (Tucson) die Rede ist, meint der verbesserungswütige Synchronverantwortliche “Tackson” daraus machen zu müssen. Können die tumben Amis ja nicht wissen wie das richtig ausgesprochen wird.

Aber das sind Kleinigkeiten, die den Blick auf ein fein restauriertes, meisterliches Werk aus der zweiten Reihe nicht verschleiern sollten.

Cover + Fotos © Universal, Koch-Media

When a man meets a woman
  • Titel: Das Geheimnis der 5 Gräber
  • Originaltitel: Backlash
  • Produktionsland und -jahr: USA, 1956
  • Genre:
    Western
  • Erschienen: 25.03.2021
  • Label: Universal, Koch Media
  • Spielzeit:
    81 Minuten auf 1 DVD
    84 Minuten auf1 Blu-Ray
  • Darsteller:
    Richard Widmark
    Donna Reed
    John McIntire
    William Campbell
  • Regie: John Sturges
  • Drehbuch: Borden Chase
  • Kamera: Irving Glassberg
  • Schnitt: Sherman Todd
  • Musik: Hermann Stein
  • Extras:
    Trailer, Bildergalerie
  • Technische Details (DVD)
    Video:
    2.00:1 (16:9)
    Sprachen/Ton
    D, E
    Untertitel:
    D, E
  • Technische Details (Blu-Ray)
    Video:
    2.00:1 (16:9)
    Sprachen/Ton
    :
    z.B. D, E
    Untertitel:
    z.B. D, E
  • FSK: 16
  • Sonstige Informationen:
    Produktseite


    Wertung: 13/15 dpt


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