Mit “Cassandra Darke” erscheint eine Graphic Novel von Posy Simmonds. Außerdem gibt es bei der Printversion einen exklusiven Kunstdruck mit dazu. Die 96 Seiten sind farbig und mit Hardcover.
Bei der Namensgeberin dieses Werks handelt es sich um eine Londoner Kunsthändlerin. Sie ist eine egozentrische, kauzige, alte Dame mit Wohnsitz im noblen Chelsea. Nach vielen Jahren und einigen verkauften unautorisierten Kopien eines verstorbenen Künstlers, fliegen ihre krummen Geschäfte auf. Ihr Ruf und der ihrer Galerie sind ruiniert. Ihre Überheblichkeit bleibt jedoch.
Also sie der Aktionskünstlerin Nicki einige Monate Unterschlupf gewährt, muss sie zwar keine Miete zahlen, aber unangenehme Aufgaben übernehmen. Außerdem wird sie durch verschiedene Ereignisse in einen Mordfall verwickelt, dadurch aus ihrer elitären Enklave gerissen und in düstere Gegenden Londons geführt. Dazwischen tauchen immer wieder einige schmerzliche Einsichten über sich selbst auf.
Als Leser:in erhält man Einblick in die Psyche verschiedener Charaktere und das Verhältnis zu einer oder mehrere Person sowie die Auswirkung auf den jeweils Anderen. Auf der anderen Seite, das “größere Bild”, ist es ein gesellschaftskritisches Panorama. “A Christmas Carol” von Charles Dickens könnte eine Inspirationsquelle gewesen sein.
Gleichzeitig weist dieser Graphic Novel auch eine Besonderheit auf. Es reihen sich nicht nur stringent Panel an Panel. Viel mehr werden diese umrandet von romanartigen Absätzen, wo es keine Bilder gibt, wo der eigene Verstand, die Lücken visuell ergänzen muss. So ungewohnt das Ganze auch während des Lesens war. Gleichzeitig war die Story auch spannend. Dann und wann umspielte ein Schmunzeln die Lippen.
Insgesamt handelt es sich bei diesem Werk, um eine etwas andere Weihnachtsgeschichte mit Raum zum Nachdenken. Die Protagonistin stößt schon des Öfteren sauer auf, und man empfindet Mitleid mit all jenen, die unter ihr zu leiden haben. Gleichzeitig kann die Leserschaft den Prozess der Veränderung, des Umdenkens mitverfolgen. Eine Metamorphose von einer egozentrischen alten Dame mit elitären Background, die sich nur ungern helfen lassen würde, zu jemanden, der sich und sein Handeln hinterfragen kann, offen für die warmen Gesten ist. Leider durch einen Vorfall erzwungen (versuchte Tötung) und auch das ein Abbild von der realen Gesellschaft. Immer auf den letzten Drücker kommt es zu Veränderung, viel zu selten vorher schon. Meint: Immer benötigt es ein Ereignis von außen. Wenig innerer Monolog wird geführt, es wird selten reflektiert. Und dann muss eine Freundschaft, eine Beziehung darunter leiden oder gar zerbrechen. Oder wie in diesem Fall: eine versuchte Tötung stattfinden, damit es zum Umdenken kommt. Ein schönes, emotionales Fazit und gleichzeitig eine der Stärken dieses Werks.
- Autor: Posy Simmonds
- Titel: Cassandra Darke
- Übersetzer: Sven Scheer
- Verlag: Reprodukt Verlag
- Erschienen: 2019
- Einband: Hardcover
- Seiten: 96
- ISBN: b978-3-95640-196-1
- Sonstige Informationen:
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Wertung: 12/15 dpt