Manfred Teufel – Ein schauderhafter Kameradenmord im 19. Jahrhundert
Zeitreise in die Kriminologie des 19. Jahrhunderts
Ein wichtiger Hinweis direkt vorab. Das vorliegende Buch hat in voller Länge den Titel „Ein schauderhafter Kameradenmord im 19. Jahrhundert unter den Aspekten der Historischen Kriminologie“, wobei die Betonung auf den letzten vier Worten liegt. Das vorliegende Buch erzählt nicht primär einen spannenden Krimiplot, sondern beleuchtet die Arbeit der Polizei und Justiz im 19. Jahrhundert, wozu insbesondere historische Quellen ausgewertet wurden und ausführlich zitiert werden. So erhält man einen fundierten Einblick in die Wissenschaft der Kriminologie und der Kriminalistik, was allerdings – zum besseren Verständnis – juristische Grundkenntnis oder zumindest ein ausgeprägtes Interesse an dem Themenfeld voraussetzt.
Zunächst werden die begrifflichen Unterschiede von Kriminologie und Kriminalistik ausgeführt, so dann erfolgt eine Übersicht des historischen Quellenmaterials. Besonders hervorzuheben sind hier die Herren Francois Gayot de Pitaval (1673-1743) und Christian A. Vollert (1828-1897). Pitaval war ein französischer Rechtsgelehrter, der mit seinen juristischen Fallsammlungen sehr bekannt wurde. Vollert wiederum ist der Verfasser des Beitrages „Sieben Mörder aus Italien auf der Reise (Königreich Württemberg) 1861-1863“; veröffentlicht im „Neuen Pitaval“ Band 1, Leipzig, 1866.
Es folgen ausführliche Darstellungen der damaligen Polizeiarbeit und ihrer Organe sowie eine Vorstellung der am Strafprozess Beteiligten. Durchaus interessant ist die historische Entwicklung zu lesen, denn so gibt es Staatsanwälte erst seit der württembergischen Strafprozessordnung von 1843, deren Bedeutung durch die Einführung der Schwurgerichte 1849 deutlich stieg. Die Verteidigung oblag sogenannten Rechtskonsulenten, ab 1878 dann Rechtsanwälten. Für die Ermittlungs- und Fahndungsarbeit wiederum war die Landespolizeianstalt zuständig, seit 1823 durch das Landjägercorps.
Ab Seite 58 geht es dann hinein in den „schauderhaften Kameradenmord“, der im Dezember 1861 erfolgte. Die Leiche des brutal erschlagenen Opfers, dem Italiener Eugenio Chiogne, wurde allerdings erst am 19. März 1862 in einem Waldstück auf dem Witthoh, einer Anhöhe bei Tuttlingen, entdeckt. Der ermittelnde Landjäger findet in der Nähe des Tatorts eine Schuldurkunde sowie weiteres Belastungsmaterial und stößt so auf eine Gruppe von mittellosen Landsleuten des Opfers, die das vermeintlich reiche Opfer aus reiner Habgier ermordeten.
Es folgt der sogenannte „Längsschnitt der Straftat“, bestehend aus Vortatphase, Tatbegehung und Nachtatphase. Dann kommt der längste Abschnitt des Buches, nämlich der Prozessverlauf, welcher sich auf die seit 1831 im Schwarzwaldkreis erschienene Zeitung „GRÄNZBOTE“ stützt.
Der Prozess wird auf rund siebzig Seiten wiedergegeben. Vernehmung der Angeklagten, Zeugen, Sachverständigen, gefolgt von Plädoyers des Staatsanwalts und den Verteidigern bis hin zum Schuldspruch. Da insgesamt sieben Personen angeklagt wurden, kommt es zwangsläufig zu etlichen inhaltlichen Wiederholungen in den Aussagen, wobei diese von Zeugen, Staatsanwalt und Verteidigern entsprechend der eigenen Aufgabenstellung divergieren und unterschiedlich bewertet werden.
Autor Manfred Teufel ist ein ausgewiesener Fachmann, arbeitete rund vierzig Jahre bei der Kriminalpolizei, publizierte viele Beiträge für Fachzeitschriften, hatte Lehraufträge für Polizeigeschichte, war über zwei Jahrzehnte Chefredakteur von „Die Kriminalpolizei“ (Zeitschrift der Gewerkschaft der Polizei) und Herausgeber des „Taschenbuchs für Kriminalisten“.
- Autor: Manfred Teufel
- Titel: Ein schauderhafter Kameradenmord im 19 Jahrhundert
- Verlag: VERRAI
- Umfang: 207 Seiten
- Einband: Taschenbuch
- Erschienen: Dezember 2020
- ISBN: 978-3-948342-28-9
- Sonstige Informationen:
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Wertung: 12/15 dpt