Wenn man Elyas M’Barek hört, gehen die Gedanken wohl selten in Richtung Drama. In “Der Fall Collini” wird allerdings das Publikum eines Besseren belehrt.
Der Film aus dem Jahr 2019 beginnt mit einem Mord. Ein älterer Herr ermordet in einem Frankfurter Luxus-Hotel einen noch älteren Herrn. Danach spaziert er in die Lobby, hinterlässt einen Blutspur und setzt sich teilnahmslos nieder. Sein Name: Fabrizio Collini.
In der Romanverfilmung des gleichnamigen Buches von Ferdinand von Schirach, übernimmt M’Barek die Rolle des jungen Anwalts Caspar Leinen. Als Neuling freut er sich die Pflichtverteidigung eines Falls übertragen zu bekommen. Kurz darauf erfährt Leinen allerdings, dass es sich bei dem Mordopfer um Hans Meyer handelt. Damit kommt er in eine Zwickmühle, nachdem der Industrielle Meyer eine Art Ziehvater für den Junganwalt darstellte. Der junge Caspar verbrachte mit den Enkelkindern von Meyer viel Zeit und mit der Enkelin Johanna führte er sogar eine Liebesbeziehung. Die Eltern und Bruder sterben tragischerweise bei einem Autounfall. Dadurch verlieren sich in Folge auch Johanna und Caspar aus den Augen.
Für den noch unerfahrenen Leinen scheint der Fall aussichtslos. Sein ehemaliger Mentor und Starverteidiger Richard Mattinger (mit ungewohnter Mähne: Heiner Lauterbach) vertritt einerseits die Familie des Opfers und will Leinen davon überzeugen, vom Angeklagten ein Geständnis zu organisieren. Es möge nicht zu seinem Nachteil geschehen. Nachdem Collini selbst schweigt, scheint das Urteil nur mehr eine Formsache zu sein.
In einer Verfahrenspause reist Leinen mit einer adretten Pizzalieferantin und Italienischstudentin Nina in das italienische Heimatdorf Collinis um mehr über ihn herauszufinden. Schließlich wird er auch fündig und zurück in Deutschland erzählt Claudio Lucchessi über die Vergangenheit Collinis und vor allem von Meyer. Dieser war SS Sturmbannführer und lies 1944 brutal Zivilisten und Partisanen ermorden. Darunter auch den Vater von Collini. Staranwalt Mattinger entgegnet, dass bereits 1968 Strafanzeige gegen Jean-Baptiste Meyer gestellt wurde, aber zurückgewiesen wurde. Leinen recherchiert wieder und stößt auf das Einführungsgesetz zum Gesetz für Ordnungswidrigkeiten. Dabei verjährten nun Kriegsverbrechen. Pikantes Detail am Rande: auch Mattinger war damals mit von der Partie.
Somit nimmt der Film am Ende nochmals kurz an Fahrt auf. Dies ist aber vor allem den Rückblenden geschuldet, da diese einerseits Collini als auch Caspar Leinen greifbarer machen. Leider schafft es Regisseur Marco Kreuzpaintner somit nicht, die Stimmung mit dem Gerichtsverfahren hoch zu halten. US-Dramen wie “Philadelphia” oder “Eine Frage der Ehre”. Elias M’Barek weiß in seiner Rolle als Anwalt durchaus zu überzeugen. In wahrsten Sinne stiller Höhepunkt ist der Italo-Filmstar Franco Nero, welcher nur mit stoischem Blick seiner Verhandlung folgt.
Aus technischer Sicht gibt es bei der Blu-ray-Fassung nichts zu bemerken. Bild und Ton ist absolut klar. Die Extras sind sehr überschaubar mit einem Trailer, einem Making-of und Interviews. Ersteres wirkt wie eine Zusammenschnitt der folgenden Interviews, welche leider teilweise wie eine Hommage an M’Barek wirkt.
Fazit:
“Der Fall Collini” wirbt mit dem größten deutschen Justizskandal. Leider verblasst die Ankündigung. Die schauspielerische Leistungen sind zwar durchwegs ansprechend, doch die Spannung im Prozess mag einfach nicht aufkommen.
- Titel: Der Fall Collini
- Produktionsland und -jahr: DE, 2019
- Genre: Drama, Thriller, Justiz
- Erschienen: 02.10.2019
- Label: Constantin Film
- Spielzeit: 123 Minuten auf 1 Blu-Ray
- Darsteller: Elias M’Barek, Alexandra Maria Lara, Heiner Lauterbach
- Regie: Marco Kreuzpaintner
- Drehbuch: Christian Zübert, Robert Gold
- Kamera: Jakub Bejnarowicz
- Schnitt: Johannes Hubrich
- Musik: Ben Lukas Boysen
- Extras: Interviews, Making of, Trailer
- Technische Details (Blu-Ray)
Video: 16:9
Sprachen/Ton: Deutsch
Untertitel: DE, E
- FSK: 12
- Sonstige Informationen:
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Wertung: 9/15 dpt