Seit ein paar Wochen lebt Laura bei ihrer Schwester Rosie und deren Mann Joe, nachdem sie eine Trennung hinter sich hat. Erneut will Laura nun ihr Glück versuchen und ist über eine Datingplattform auf Jonathan Fields aufmerksam geworden. Es ist Donnerstagabend, das erste Date steht an und zunächst scheinen sich Lauras Erwartungen zu erfüllen, denn Fields ist sehr attraktiv. Doch mehrere Kleinigkeiten verstören Laura, denn an Fields Geschichte scheint einiges nicht zu stimmen. Beispielsweise das alte Auto, mit dem sie durch die Gegend fahren, wo doch im Internet von einem neuen BMW die Rede war.
Als am Freitagmorgen Rosie bemerkt, dass Laura nicht von ihrer Verabredung nach Hause kam, ist sie sofort alarmiert. Mit Joe und Gabe, einem gemeinsamen Freund aus Kindertagen, macht sich das Trio auf die Suche nach Laura. Dabei ist nicht ganz klar, worüber sie sich mehr Sorgen machen; darüber, dass Laura oder dem ihnen Unbekannten etwas zugestoßen sein könnte? Elf Jahre zuvor wurde Lauras erste große Liebe Mitch Adler ermordet und Laura am Tatort vorgefunden. In der Hand hielt sie die Mordwaffe …
Mainstream im positivem Sinn
Mit “Die Nacht zuvor” legt Wendy Walker einen durchaus packenden Psychothriller vor, der die Spielregeln des Mainstreamthrillers beherrscht. Kurze knackige Plots, erzählt aus verschiedenen Perspektiven und zahlreiche gut gesetzte Cliffhanger. Mehr Lesetempo geht kaum. Erzählt wird abwechselnd über den Donnerstagabend und die anschließende Nacht von der Ich-Erzählerin Laura, die Suche am darauffolgenden Freitag aus der Sicht von Rosie in der dritten Person und zwischendurch gibt es kurze Aufzeichnungen aus zurückliegenden Gesprächen Lauras mit ihrem Psychiater Dr. Brody. Da zwei weibliche Hauptfiguren die stark von Dialogen geprägte Handlung maßgeblich bestimmen, ist zudem klar, wer als Hauptlesegruppe angesprochen wird.
Die Story ist arg konstruiert, so dass man gelegentlich Zugeständnisse machen muss. Nicht jegliche Handlung folgt einem rationellen Muster, wie sich im Lauf der Zeit dann folgenschwer bestätigt. Unverständlich ist beispielsweise, warum sich Laura dem ihr bis dato unbekannten Fields von Beginn an anvertraut und ihm ausführlich von den Ereignissen rund um den Mord an Mitch erzählt. Zuvor hatte sie darüber stets geschwiegen. Wie erwähnt, man muss einiges hinnehmen und einfach weiterlesen, darf sich an solchen “Kleinigkeiten” nicht stören. Zur Belohnung gibt es einen wendungsreichen Plot mit einigen Überraschungen. Wer sich jedoch nicht zu sehr vom hohen Tempo der Autorin mitreißen lässt, wird vielleicht schon ein weniger früher eine Idee entwickeln, wer hinter dem ganzen Durcheinander stecken könnte. Action ist hier übrigens Fehlanzeige, lange und ausufernde Dialoge stehen im Vordergrund und versuchen sich einer Protagonistin anzunähern, die schon seit ihrer Kindheit ihre Schwierigkeiten machte und hatte. Laura ist ein psychisch angeschlagener Charakter, fühlte sich von ihrem Vater nicht geliebt und fortan zu Männern hingezogen, die ihr unerreichbar schienen. Diese Männer galt es umzuwandeln, damit sie sie lieben, um kurz darauf zu scheitern und sich wieder wertlos zu fühlen. Daher auch die Sitzungen bei Dr. Brody, der ihren inneren Panzer zu knacken versucht. Mit tödlichen Folgen.
Cover © dtv
- Autor: Wendy Walker
- Titel:Die Nacht zuvor
- Originaltitel:The Furthest Station
- Übersetzer: Susanne Goga-Klinkenberg
- Verlag: dtv
- Erschienen: 09/2020
- Einband: Taschenbuch
- Seiten: 335
- ISBN: 978-3-423-26253-8
- Sonstige Informationen:
Produktseite
Erwerbsmöglichkeit
Wertung: 9/15 dpt