Brandanschläge, die von Köln in den Kongo führen
Judith Mertin und Markus Kaiser von der Kripo Köln sind ein äußerst ungewöhnliches Team, wobei die Bezeichnung Team schon in die Irre führt. Sie, halb Deutsche, halb Kongolesin, deren Mutter vor Jahren in ihrem Dorf von Milizionären ermordet wurde, ist eine begeisterte Kampfsportlerin, deren Hitzköpfigkeit sie öfters in die Bredouille bringt. Er ist nicht nur ihr verhasster Chef, sondern ein menschliches Wrack. Ein cholerischer Kotzbrocken, kurz vor einem Burnout mit privaten Problemen und falschem Bekanntenkreis. Seine Frau bezeichnet ihn einmal gar als asozial. Kein Wunder, dass die Ermittlungen oftmals schiefgehen, zumal die übrigen Kollegen, insbesondere die Techniker von der KTU, nicht gerade vor Übereifer strotzen, sondern unmotivierte Trottel zu sein scheinen. Schlechte Stimmung, Pech und Pannen überall sind an der Tagesordnung. Wenn es so bei der Polizei in irgendeiner Stadt tatsächlich laufen sollte, dann “Gute Nacht”.
Bei einem Brandanschlag unter der Zoobrücke stirbt ein hochrangiger Ingenieur eines HiTec-Unternehmens aus dem Mobilfunksektor, wenig später gibt es einen Brandanschlag auf ein Heim für minderjährige Flüchtlinge. Ein junger Mann aus dem Kongo stirbt. Am Tatort findet Judith einige Bröckchen Coltan-Erz, was ihre Kollegen der KTU zuvor übersahen. Coltan wird unter anderem zu Tantal verhüttet, welches für die Handyherstellung und medizinische Geräte unverzichtbar ist. Tantal ist sehr selten und wird neben Australien im Kongo, dort allerdings unter widrigsten Umständen, gewonnen. Im weiteren Verlauf sieht sich Judith verstärkt mit ihrer eigenen Vergangenheit konfrontiert.
Ein äußerst düsterer, verstörender Krimi voller zerbrochener Gestalten und einem zunächst sonderbar verlaufenden Plot. Die beiden Ermittler sind nicht sympathisch, die anderen Figuren erst recht nicht und die Handlung ist mehrfach unrealistisch; so geht gleich zu Beginn der Handlung Kaiser bei einem Einsatz kampfbereit auf seine Kollegin los, die ihn kurzerhand zu Boden schlägt. Selbstredend für beide ohne disziplinarrechtliche oder sonstige Konsequenzen. Autsch!
Gleichwohl ist das Krimidebüt von Marco Hasenkopf kurzweilig geschrieben und punktet vor allem mit seinen Bezügen zum Kongo, so dass sich die Lektüre für Leser eignet, die sich wahlweise für die zentralafrikanische Republik interessieren oder einen Bezug zu Köln haben. Der “Köln Krimi” ist nicht mit kölschen Flair überlastet, die örtlichen Gegebenheiten werden jedoch recht genau beschrieben. Durch die relevanten Verstrickungen in den Kongo ist “Köln 300° C” erfreulich mehr als ein weiterer, beliebiger Regiokrimi, wenngleich mit den genannten Schwächen. Vielleicht sogar ein Tipp für Freunde skandinavischer Krimis, denn da werden ja gerne die ausufernden privaten Probleme der Protagonisten in den Mittelpunkt gestellt.
Cover © Emons Verlag
- Autor: Marco Hasenkopf
- Titel: Köln 300° C
- Verlag: Emons
- Erschienen: 02/2020
- Einband: Taschenbuch
- Seiten: 367
- ISBN: 978-3-7408-0792-4
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Wertung: 9/15 dpt