Winterzeit. In ganz Großbritannien herrschen Temperaturen weit unterm Gefrierpunkt. In ganz Großbritannien? Nicht auf der kleinen (fiktiven) Insel Fara. Dort klettert das Thermometer erst Richtung 40° und dann weit darüber. So weit, dass in der Dorfkneipe das brodelnde Bier in den Flaschen explodiert.
Vor Ort geht der kurzangebundene Wissenschaftler Godfrey Hanson, dargestellt von Christopher Lee, der Ursache dieser unnatürlichen Hitzeentwicklung auf den Grund. Unterstützung erhält er vom Kneipenwirt Jeff Callum (Kantgesicht Patrick Allen), der gleichzeitig gefeierter Bestsellerautor ist, und dem Inselarzt Doktor Vernon Stone (Peter Cushing, diesmal burschikos und hilfsbereit – wie immer mit Stil). Eher im Weg stehen Frankie, die Gattin des Kneipiers (Sarah Lawson, auch im echten Leben mit Patrick Allen bis zu dessen Tod verheiratet) und die Geliebte sowie Möchtegernsekretärin Angela Roberts (Jane Merrow als in Schweiß getränkte Verführerin).
Als die ersten Menschen (nicht gar so) spektakulär sterben – erst sirrt die Tonspur nervenzerfetzend, dann flackert das Bild, wird blau, schließlich weiß und der “brennende Tod” ereilt den jeweiligen Probanden (im off) -, legt Hanson die die unglaublichen Karten auf den Tisch. Er hält eine Vorhut von Außerirdischen ausschlagegebend für die Hitzewelle. Leichte Zweifel zu Beginn bei den Anwesenden, die aber bald nachdrücklich aus dem Weg geräumt werden. Ein verzweifelter Kampf ums Überleben beginnt. Den nicht jeder Protagonist gewinnt.
Nachdem der ebenfalls auf einer abgeschiedenen Insel spielende Film “Island Of Terror” (“Insel Des Schreckens” aka “Todesmonster greifen an”) mit Peter Cushing und Edward Judd erfolgreich in den Kinos diesseits und jenseits des Atlantiks lief, schickte sich Planet Films an, umgehend einen Nachfolger mit ähnlich geartetem Sujet ins Rennen zu schicken. Als Grundlage diente das 1960 ausgestrahlte ITV-Fernsehspiel gleichen Titels (“Night Of The Big Heat”). Eine illustre Crew von Schauspielern wurde engagiert, Terence Fisher, auf ewig verbunden mit Graf Dracula, dem Baron von Frankenstein und den Hammer-Studios, übernahm erneut den Posten des Regisseurs – ein kommender Erfolg sollte garantiert sein. Doch das war ein kompletter Fehlschluss und -schuss . Der Film floppte grandios, in den USA lief er erst 1972 als Double-Feature mit dem juvenilen “Godzilla – Attack All Monsters” in den Autokinos, in Frankreich wurde eine Porno-Version zusammengebastelt. Zu diesem Zeitpunkt war das Planet-Filmstudio längst Geschichte.
Woran lag’s? Das eh schon knappe Budget war anscheinend mit den Schauspielergagen verheizt worden, weshalb für die Special Effects kaum mehr als ein Taschengeld übrigblieb. Die für die brennende Hitze verantwortlichen Außerirdischen tauchen erst sechs Minuten vor den End-Credits auf und erleben einen unspektakulären Abgang. Der allerdings eine nette Hommage an H.G. Wells ähnliches Finale im Krieg der Welten ist. Dass die üblen Feuermonster aussahen wie eine Mischung aus “Fried Eggs” (laut Christopher Lee) und flachen Quarzlampen erhöhte die eh schon betuliche Spannungsdramaturgie nicht, im Gegenteil, der letzte Rest Suspense wurde gnadenlos untergepflügt. Fisher und seine Mitstreiter wären besser bedient gewesen, ganz auf eine Visualisierung des langsam kriechenden Schreckens zu verzichten. Denn der Toneffekt, der das Auftauchen der unheimlichen Wesen markiert, ist der mit Abstand heftigste Gruselfaktor des Films. Selbst die kleinen, handfesten Splattermomente des Vorgängerfilms fehlen gänzlich. Gestorben wird außerhalb des Bildausschnitts, lediglich ein verkohlter Arm ragt an einer Stelle kurz ins Bild.
Aber “Brennender Tod” hat natürlich auch seine Meriten. Die Darstellerriege ist sehenswert, auch wenn weder Christopher Lee noch Patrick Allen als Sympathieträger taugen. Beim Kampf um die sonorste Stimme (im Original) liegen sie allerdings gleichauf. Unverhohlen betont Terence Fisher auch, dass die Außerirdischen letztlich nur Beiwerk sind, viel öfter brennt die Leidenschaft, rücken unterdrückte Obsessionen in den Vordergrund. Die Wissenschaft (Lee und Cushing) ist asexuell, der Rest tobt auch angesichts des Todes durchs Liebeskarusell.
Das Frauenbild ist selbst (oder gerade) für 1967 katastrophal antiquiert. So versucht Jeff Callum allen Ernstes seine Ehe zu retten, indem er seiner Frau eingesteht, dass ihn Angela Roberts nur körperlich interessiere. Diese “Schlampe” sei kein Aspirant für eine längere Beziehung und somit keine Gefahr für seine Ehe mit Frankie. Wir gehen mal davon aus, dass in der realen Verbindung Lawson/Allen ein anderer Tonfall herrschte.
Als frauenfeindliche Plattitüde geht “Der brennende Tod” allerdings nicht durch. Denn Frankie ist eine der rationalsten und klügsten Figuren, während die meisten Männer triebgesteuerte Hohlköpfe sind. Und auch die aufreizend spielende Jane Merrow wird in ihrer kontroversen Rolle nicht zum reinen Anschauungsobjekt, respektive Opferfigur.
“Brennender Tod” ist ein gemütliches Science Fiction-Kammerspiel mit leichtem Horrortouch, das mal eben den rasanten Klimawandel vorwegnimmt. Im Gegensatz zu “Island Of Terror”, bei der die “Todesmonster” (wabbelige Schildkröten mit einem Tentakel) einem fehlgeschlagenen Experiment entsprangen, ist hier die Katastrophe nicht hausgemacht. Invasoren aus dem All drehen die Heizung auf und man kann von Glück sagen, dass das alte Kinderlied “Es regnet, es regnet, die Erde wird nass, mach’ mich nicht nass, mach’ mich nicht nass, mach’ nur die bösen Aliens nass” zutrifft und die entsprechende Wirkung zeigt.
Die technische Aufbereitung des Films ist sowohl auf DVD wie Blu-ray wohlgeraten, die Farben sind scharf und kontrastreich, die Tonspur bringt das Grauen gut rüber. Auch die Ausstattung des Mediabooks kann sich sehen und hören lassen. Während Christoph Huber im umfangreichen Booklet die unterschiedlichen Bedeutungsebenen des Films hervorhebt und Terence Fisher auch als Regisseur von Science Fiction-Stoffen zu würdigen weiß, gehen die drei deutschsprachigen Audiokommentatoren Rolf Giesen, Volker Kronz und Uwe Sommerlad wesentlich kritischer mit dem “brennenden Tod” ins Gericht. Erzählen dabei viel von der Entstehungs- und Wirkungsgeschichte des Werkes. Wie über die Tücken der Filmwirtschaft überhaupt. Das entfernt sich stellenweise ziemlich weit vom gezeigten Film, ist aber meist unterhaltsam und informativ.
Die englischen Kommentatoren, Christopher Lee, die Drehbuchautoren Pip und Jane Baker sowie Moderator Marcus Hearn haben noch mehr Anekdoten auf Lager als ihre deutschen Kollegen. Können und dürfen sie.
So erfahren wir, dass die Dreharbeiten bei frostigem Wetter stattfanden, weswegen die Darsteller Eis lutschen mussten, damit man die Atemwolken beim Sprechen nicht sieht. Dafür ist die nicht vorhandene Hitze exzellent visualisiert (größer werdende Schweißflecke) und gespielt worden. Außerdem lässt uns Christopher Lee wissen, dass Peter Cushing nicht nur ein hervorragender Schauspieler sondern insgesamt ein honoriger und freundlicher Zeitgenosse war. Was Lees Ansicht nach in der Gegenwart ebenfalls für Jean Reno und ganz besonders Viggo Mortensen gilt. Sehr charmant dies. Ein Interview mit Sir Christopher Lee – unabhängig vom Film – rundet die Extras ab.
Cover & Szenenfotos © Koch Media
- Titel: Brennender Tod
- Originaltitel: Night Of The Big Heat (in den USA und anderswo: Island Of The Burning Damned)
- Produktionsland und -jahr: GB, 1967
- Genre:
Science Fiction, Horror
- Erschienen: 13.06.2019
- Label: Koch Media
- Spielzeit:
91 Minuten auf DVD
94 Minuten auf Blu-Ray - Darsteller:
Christopher Lee
Peter Cushing
Patrick Allen
Jane Merrow
Sarah Lawson
Percy Herbert
Kenneth Cope u.a. - Regie:
Terence Fisher
- Drehbuch:
John Lymington (novel)
Ronald Liles
Pip Baker
Jane Baker - Kamera:
Reginald H. Wyer
- Musik:
Malcolm Lockyer - Extras:
Audiokommentare:
1) Dr. Rolf Giesen und Uwe Sommerlad
2) Sir Christopher Lee (Darsteller), Pip & Jane Baker (Drehbuch) & Marcus Hearn (Moderator)
British Legends of Stage and Screen – Interview mit Sir Christopher Lee (20:10 Min.)
Englischer Trailer (1:09 Min.)
Bildergalerie (2:12 Min./ 16 Bilder) - Technische Details (DVD)
Video: 1.85:1 (16:9)
Sprachen/Ton: D, E, Dolby Digital 2.0
Untertitel: D
- Technische Details (Blu-Ray)
Video: 1.85:1 (16:9)
Sprachen/Ton: D, E, DTS-HD Master Audio 2.0
Untertitel: D - FSK: 12
- Sonstige Informationen:
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Wertung: 9/15 Klimakatastrophen