Immer wieder trifft man in den Fußgängerzonen der Stadt Männer und Frauen in feuerroten Jacken, die für die Gesellschaft Deutscher Seenotrettung Spenden sammeln. Oft genug ist man irritiert, da man nicht weiß, was diese Organisation überhaupt macht. Was auch daran liegen mag, dass man als normaler Stadtmensch, weitab vom Meer, häufig noch nie von ihnen gerettet wurde. Mit Stefan Krueckens und Jochen Piochs »Mayday: Seenotretter über ihre dramatischsten Einsätze« hat man jetzt die Chance, mehr über diese Leute zu erfahren, die ihr Leben riskieren, um andere in Not zu retten.
Stefan Kruecken wurde 1975 geboren, arbeitete als Polizeireporter für die Chicago Tribune und schrieb als Reporter weltweit für Magazine wie Max, Stern und GQ. Jochen Pioch erblickte 1984 das Licht der Welt, ist Absolvent der Henri-Nannen-Journalistenschule und schreibt als selbstständiger Journalist und Autor unter anderem für Geo bzw. Geo Epoche. Unterstützt wurden die zwei Schriftsteller von den Fotografen Enver Hirsch und Thomas Steuer.
25 Berichte verfassten die beiden Autoren. Unterteilt sind diese in drei Kapitel, »Mayday«, »Hebel auf den Tisch« und »Klar P3«. Welchen Sinn diese Unterteilungen machen, erschließt sich dem Leser nicht. Die Reportagen konzentrieren sich nicht nur auf die aktuelle Zeit, sondern haben ebenfalls Ereignisse aus dem letzten Jahrhundert zum Thema. Und es kommen nicht nur Erinnerungen von Seenotrettern vor, sondern auch von Familienmitgliedern oder solchen, die von ihnen gerettet wurden.
Allen Geschichten gemein ist, dass sie mitreißend geschrieben wurden. Oft genug wird man sich dabei ertappen, dass man das Buch aufklappt und dann bei einer zufälligen Erinnerungsgeschichte hängenbleibt und dann einfach weiterliest. Denn jedes Schicksal, dass man in diesem Band kennenlernt, berührt einen und lässt einen nicht mehr los, selbst wenn man sie zum wiederholten Mal liest.
Jede Story ist gleich aufgebaut. Im Telegrammstil erfährt man die wichtigsten Infos, wie zum Beispiel Handlungsort und Handlungszeit. Es kommt die Überschrift der Geschichte, ein kurzer, einführender Absatz, ehe dann die eigentliche Erinnerung losgeht. Der Name des Erzählers wird dabei im ersten Absatz blau gedruckt und oft sieht auf einer angrenzenden Seite ein Foto der Person, von der die Lebenserinnerungen stammen.
Und so liest man das Schicksal eines Seemanns, der beinahe zur See geblieben ist. Oder von einem Seenotretter, der von der Statsi reingelegt wurde. Oder von einer Ehefrau, die mit dem Tod ihres Mannes, der auf der See zurückgeblieben ist, auf ihre eigene Weise fertig wird. Gleichzeitig wird wiederholt betont, wie kameradschaftlich die Gesellschaft ist und die einzelnen Mitglieder füreinander einstehen, oder wie lange der Dank der Geretteten bestehen bleibt.
Es werden nicht viele Fachbegriffe benutzt. »Grundsee« taucht zum Beispiel immer wieder in den Texten auf. Doch das Gute ist, dass diese Wörter auch fast immer bei der ersten Benutzung erklärt werden. So sind die Stories klar und verständlich geschrieben.
Am Ende ist »Mayday: Seenotretter über ihre dramatischsten Einsätze« ein starkes und gut zu lesendes Buch. Wer an dieser Thematik Interesse hat oder allgemein mehr über die Männer und Frauen hinter der Gemeinschaft wissen möchte, der sollte zugreifen. Und bei der nächsten Begegnung eventuell den einen oder anderen Euro spenden.
Cover © Ankerherz
- Autor: Stefan Kruecken, Jochen Pioch
- Titel: MAYDAY: Seenotretter über ihre dramatischsten Einsätze
- Verlag: Ankerherz
- Erschienen: 05/2017
- Einband: Gebunden
- Seiten: 244
- ISBN: 978-3-940138-79-8
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