In der letzten Zeit hat das Ansehen der Presse und ihrer Vertreter gelitten. Viele Populisten und Demagogen tun alles, um den Ruf der Medien zu beschmutzen. Um so wichtiger ist es daher, die Arbeit der Journalisten noch einmal hervorzuheben, vor allem von solchen, die Außergewöhnliches leisten. Ein gutes Mittel dafür zum Beispiel Sachbücher wie Lebenserinnerungen. Wie beispielsweise die Autobiographie von Souad Mekhennet, die den Titel »Nur wenn du alleine kommst« trägt.
Die Autorin ist vor allem durch ihre Reportagen über den Islamismus bekannt geworden. Sie hat Warlords interviewt, aber ebenso darüber berichtet, was hinter den Fronten des Dschihads geschieht. Ihre Arbeit ist alles andere als einfach, sondern oft genug auch lebensgefährlich.
Doch nicht nur ihr Beruf wird in dem Buch thematisiert, sondern ebenfalls ihre Vergangenheit, ihre Lebensgeschichte. Sie ist die Tochter einer türkischen Mutter und eines marokkanischen Vaters. Sie wurde liberal erzogen, lebte in ihrer Kindheit sowohl in Deutschland als auch Marokko und sah sich schon von Kindesbeinen an mit Rassismus konfrontiert.
Und so ist dieses Buch eben nicht nur ein Bericht ihrer Arbeit, sondern ebenso eine schonungslose Reportage der alltäglichen Fremdenfeindlichkeit in Deutschland. Einem Land, in dem schon im Kindergarten Kinder herabgewürdigt werden, bei denen bereits vom Äußeren her deutlich ist, dass ihre Eltern höchstwahrscheinlich aus einem anderen Kontinent stammen. So etwas ist hart zu lesen und gefällt vermutlich nicht jedem. Dabei passen ihre Kindheitserinnerungen perfekt in die heutige Zeit, wo dieses Thema – erneut – hochkocht und beweist, dass Deutschland immer noch nichts aus den früheren Debatten diesbezüglich gelernt hat!
Umso bewundernswerter ist es, wie Frau Mekhennet sich über alle Hindernisse hinwegsetzte, um eben zu einer erfolgreichen Reporterin zu werden. Zu lesen, wie die Autorin es schaffte, sogar für die renommierte US-Zeitung The Washington Post zu schreiben, ist beeindruckend. Dabei bietet sie dem Leser einen Blick hinter die Kulissen der Medien, für die sie arbeitete und immer noch arbeitet.
Doch der Hauptschwerpunkt von »Nur wenn du alleine kommst« liegt woanders. Es sind ihre spannenden Beschreibungen, von ihren Erfahrungen in den Krisenländern, wo sie sich teilweise bewusst in gefährliche Länder begibt, um von dort berichten zu können. Ihre Erlebnisse sind atemberaubend, und mehr als ein Mal kann man ihren Mut und ihre Gemütsruhe, mit der sie bedrohliche Situationen meistert, nur bewundern.
Was das Buch so besonders macht, ist die Art und Weise, wie Frau Mekhennet ihre Erinnerungen schildert. Sie beschreibt sowohl komische als auch ernste Ereignisse. Schonungslos berichtet sie von den Konsequenzen der Taten, sowohl der westlichen als auch der islamischen Welt. Sie verurteilt deutlich grausame Vorkommnisse auf beiden Seiten und schreibt über Vorfälle, wie die Entführung und Folterung des unschuldigen Khaled el-Masri. Oder wie sie herausfand, wer »Jihadi John« genannte Attentäter in Wirklichkeit war. Dabei nutzt sie den Spielraum, den ihr die Autobiografie ermöglicht, um ebenfalls über ihre Gefühle zu schreiben, die sie bei all diesen Fällen hatte.
Das gelingt ihr dadurch, in dem sie die einzelnen Kapitel und Themen, über die sie schrieb, deutlich voneinander trennt. Das verleiht ihrem Band eine klare Struktur, wodurch gleichzeitig das Lesen erleichtert wird. So kann man sich Häppchen für Häppchen durch ihre Autobiografie durcharbeiten und erstmal das Gelesene, was auf Grund einiger geschilderten Ereignisse schwere Kost ist, zu verdauen.
Ihre Texte sind alle spannend und mitreißend geschrieben. Man wird das Buch nicht so schnell aus der Hand legen und einen Riesenrespekt vor der Arbeit dieser exzellenten Journalistin entwickeln.
Cover © C.H.Beck
- Autor: Souad Mekhennet
- Originaltitel: I Was Told To Come Alone: My Journey Behind the Lines of Jihad
- Übersetzer: Sky Nonhoff
- Verlag: C.H.Beck
- Erschienen: 19/09/2017
- Einband: Gebunden
- Seiten: 384
- ISBN:978-3-406-71167-1
- Sonstige Informationen:
Produktseite
Erwerbsmöglichkeiten
Wertung: 15/15 dpt