Enzo G. Castellari hatte acht Western gedreht – “Django kennt kein Erbarmen” mitgezählt, den er ungenannt inszenierte – bevor er mit “Keoma”, dieser kongenialen Mischung aus Shakespeare-Drama und Passionsgeschichte, in den Olymp der Italo-Western-Regisseure aufstieg. Der sechste Film in dieser Reihe von handwerklich soliden Fingerübungen war der 1968 gedrehte “Töte alle und kehr allein zurück” (“Ammazzali tutti e torna solo”), eine stringent in Szene gesetzte “Das dreckige Dutzend”-Variation.
Clyde McKay wird von zwei hohen Offizieren der Konföderierten beauftragt, einen großen Goldvorrat aus der Munitionskammer eines Nordstaaten-Stützpunkts zu stehlen. Ihm zur Seite steht eine Bande von Strauchdieben, deren unterschiedliche Fähigkeiten den Goldraub möglich machen und erleichtern sollen. McKay willigt ein und bekommt noch einen letzten Befehl mit auf den Weg: Er soll seine Kumpane nach Abschluss des Auftrags allesamt töten und alleine mit dem Gold ins Fort zurückkehren. Wer bereits derart perfide Pläne gegen Mitarbeiter hegt, hätte den Bürgerkrieg eigentlich gewinnen müssen. Doch die Geschichte ging anders aus wie wir wissen. Der schmierige Captain Lynch hat jedenfalls viel Spaß an der Aufgabenverteilung. Dem Charaktermimen Frank Wolff macht die Zurschaustellung dieser Niedertracht sichtlich Spaß, und er wird später noch auf ganz andere Weise McKay und seinen Mannen übel mitspielen.
Zunächst scheint alles nach Plan zu laufen, doch dann bahnt sich Verrat seine Bahn, die Bande wird gefangengesetzt, aus Ein- müssen schleunigst Ausbrecher werden. Ob das gelingt, ein munteres Hauen und Stechen einsetzt, jeder sich selbst der Nächste ist und wer am Ende überlebt, müsst Ihr schon selbst rausfinden. Obwohl eine muntere Raterunde ebenfalls zum erwartbaren Ergebnis käme.
“Töte alle und kehr allein zurück” ist ein schnörkelloser “Man on a Mission”-Western, den Enzo G. Castellari effektiv und unterhaltsam inszeniert hat. Es gibt ordentlich Keilereien, Verfolgungsjagden diverser Natur, geschossen wird nicht zu knapp, die Dialoge sind lakonisch und dienen zu kaum mehr als zur Standortbestimmung der jeweiligen Figur. Der Film möchte ein schmutziger, kleiner Actioner sein, und genau dies ist er auch. Dabei erstaunlich unblutig, die Freigabe des erst seit wenigen Jahren ungekürzt hierzulande erschienenen Werks “ab 16” ist recht ulkig. Zu Beginn umweht den Film komödiantischer Atem, wenn sich die geschmeidige Okkupation einer Konföderierten-Bastion als amtlicher Eignungstest entpuppt. Später, wenn die Statisten reihenweise sterbend aus dem Bild fallen, und die Hauptdarsteller sich zu Tode posen dürfen, übernimmt ein grimmigerer Ton das Geschehen. Castellari bekommt beide Spielebenen mit lockerer Hand verbunden. Folgerichtig endet “Töte alle und kehr allein zurück” mit hämischem Gelächter.
Neben seiner handwerklichen Sorgfalt kann die starke Besetzung punkten. Kantgesicht Chuck Connors (unvergessen als liebevoller Vater und Meister einer schnellschießenden Winchester, John McLean, im von Sam Peckinpah erdachten Serienklassiker “Westlich von Santa Fe”) gibt das Schlitzohr Clyde McKay, Leo Anchóriz spielt den Sprengstoffexperten Deker, Alberto Dell’Acqua (aka Robert Widmark, Albert Waterman, Cole Kitosch) ist der smarte und agile Kid, Giovanni Cianfriglia (als Ken Wood) verkörpert das Halbblut Blade, Pasolini-Regular Franco Citti hört die Glocke nicht nur läuten, der Wrestler Hércules Cortés ist als Bud Spencer-Ersatz gebucht, und wie bereits erwähnt, darf der formidable und später so tragisch aus dem Leben geschiedene Frank Wolff zwischen den Fronten Unheil verrichten (“Wissen Sie Captain, als Südstaatler haben sie mich angeekelt, als Nordstaatler finde ich Sie zum Kotzen”).
Insgesamt ist “Töte alle und kehr allein zurück” kein großer Wurf, aber die höchst abwechslungsreiche Lichtbilderschau eines Könners, der meist aus den eher knapp vorhandenen Mitteln das Beste macht. Nur selten weniger, manchmal sogar mehr. Die Bildqualität der Blu-ray-Version ist exzellent, der (Mono)-Sound ist recht rauschfrei, sodass die einprägsame Filmmusik gut zur Geltung kommt. Die ehedem geschnittenen Sequenzen sind im Originalton eingefügt worden.
In der Bonussektion glänzen die Interviews mit Giovanni Cianfriglia und Alberto Dell’Acqua, die beide ungemein sympathisch auftreten. Vor allem Dell’Acqua könnte man stundenlang zuhören. Seine Anekdoten sind witzig, informativ und besitzen Charme, auch wenn er sich despektierlich über Kollegen äußert (Ron Ely). Auch das launige “Making Of” ist sehenswert, in erster Linie aber eine fröhliche Vorstellung des jungen Regisseurs Enzo G. Castellari. So ist die späte Veröffentlichung des früher wenig beachteten Films eine rundherum erfreuliche Veranstaltung.
Cover & Szenenfotos © Koch Media
- Titel: Töte alle und kehr allein zurück”
- Originaltitel: Ammazzali tutti e torna solo
- Produktionsland und -jahr: Italien, Spanien, 1968
- Genre: Italo-Western, Söldnerfilm
- Erschienen: 28.06.2018
- Label: Koch Media
- Spielzeit:
96 Minuten auf DVD
101 Minuten auf Blu-Ray - Darsteller:
Chuck Connors
Frank Wolff
Franco Citti
Leo Anchóriz
Alberto Dell’Acqua (als Robert Widmark)
Giovanni Cianfriglia (als Ken Wood)
Hércules Cortés
- Regie:
Enzo G. Castellari
- Drehbuch:
Enzo G. Castellari
Francesco Scardamaglia
- Kamera:
Alejandro Ulloa - Musik:
Francesco De Masi
- Extras:
Deutscher und englischer Kinotrailer, Interviews mit Darstellern und Aufnahmen vom Set,
Bildergalerie mit seltenem Werbematerial - Technische Details (DVD)
Video: 2.35:1 (16:9)
Sprachen/Ton: Deutsch, Italienisch, Englisch, Dolby Digital 2.0
Untertitel: Deutsch
- Technische Details (Blu-Ray)
Video: 1920x1080p (2.35:1) @23,976 Hz
Sprachen/Ton: Deutsch PCM 2.0 (Mono), Englisch PCM 2.0 (Mono), Italienisch PCM 2.0 (Mono)
Untertitel: Deutsch
- FSK: 16
- Sonstige Informationen:
Produktlink Blu-RayErwerbsmöglichkeiten
Wertung: 10/15 goldige Aussichten