Kommen wir doch gleich zur Sache und verschwenden nicht unnötig Zeit mit dem Titel Gescheiterte Globalisierung der Herren Flassbeck und Steinhardt. Das Buch ist pure Überheblichkeit, gespickt mit Ironie und Beleidigungen: Zeitungen wie Die Zeit, in denen Artikel und Analysen veröffentlicht wurden, die den Herren Autoren des vorliegenden Bandes nicht gefallen haben, werden „Gazetten” genannt, andere Autoren und Wissenschaftler mit ätzenden Kommentaren wie „sogar er kommt dann zu der Erkenntnis“ belegt, und nur weil ein Artikel in der FAZ erschien, wird nicht unterschieden zwischen Medium und Autor. Menschen wie Richard David Precht, der eine potenziell gefährliche Entwicklung der Digitalisierung entwirft, gleichzeitig aber auch Chancen darin sieht, wird plötzlich zu einem „Doomsday-Propheten”.
Das Buch Gescheiterte Globalisierung ist ein stilistisches und argumentatives Ärgernis. Die Antworten, die die Autoren geben, sind eigenem Bekunden nach immer „ganz einfach“, münden dann aber in langen Oder-oder-Konstruktionen. Antworten der anderen sind selbstredend ebenfalls nach eigenem Bekunden des Autorenteams „primitiv“. Was für eine erschreckend „einfache“ Sicht auf die Welt. Wohl dem, der so leben kann.
Der Rezensent ist kein Ökonom – aber jemand, der sich sehr gerne mit Ökonomie und Theorien auseinandersetzt. Doch der arrogante Ton, den das Buch anschlägt, lässt erhebliche Zweifel aufkommen, ob es sich lohnt, den beiden weiter zu folgen. Braucht es ein solches Buch, in dem zwei Autoren im Brustton der Selbstüberzeugung behaupten, sie hätten DIE Lösung all unserer gegenwärtigen Probleme bei der Hand? Nein, ganz sicher nicht. Das Buch selbst und die angeschlagene Argumentationslinien sowie die Überheblichkeit Andersdenkenden gegenüber machen eigentlich sehr schön deutlich, woran es in diesem Buch, aber auch in zahlreichen öffentlichen Diskussionen krankt.
Schön, wenn die beiden herausgefunden haben, was die Welt im Innersten zusammenhält, schön, dass sie diese Erkenntnisse publizieren dürfen – unschön aber, dass sich dies auf einen – der Rezensent wiederholt es gerne – in ökonomischer Theorie geübten Leser, der sich gerne auf Welterklärungen einlässt, so arrogant rüberkommt. Für den Rezensenten untergräbt dieser Stil die sicher vorhandene Expertise und Gedankentiefe der Autoren nachhaltig. Die kritische Auseinandersetzung mit den riesigen Überschüssen Deutschlands, die Debatte um Strafzölle, die Fragen, ob Nationen noch oder gerade wieder neu die richtige Antwort auf Fragen internationaler Wirtschaftsbeziehungen sind, was Freihandel und Freihandelsabkommen allen Partnern bringen können, und wie sie ausgestaltet werden sollten, sind hochspannend; ihre Beantwortung in diesem Buch jedoch leider nicht. Schade, denn dass es an einer tragfähigen Wirtschaftsordnung, die über das rein beschreibende hinausgeht, fehlt, ist offenkundig. Ein ernstzunehmenderer Beitrag zu einer neuen zukunftsorientierten Wirtschaftstheorie wäre wünschenswert gewesen.
Damit ist letzten Endes dieses Buch ungefähr so überflüssig und irrelevant wie ein als Sachbuch getarntes Islambuch eines Islamhassers.
Cover © Suhrkamp
- Autor: Heiner Flassbeck und Paul Steinhardt
- Titel: Gescheiterte Globalisierung. Ungleichheit, Geld und die Renaissance des Nationalstaates
- Verlag: Suhrkamp (edition suhrkamp 2722)
- Erschienen: 06/2018
- Einband: broschiert
- Seiten: 410
- ISBN: 978-3-518-12722-3
- Sonstige Informationen:
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Wertung: 5/15 Dioptrien
Ich bin genau gegenteiliger Meinung wie der Rezensent Nüse-Lorenz.
Meine Meinung dazu hier:
http://www.dgs.de/news/en-detail/180119-globalisierung-grandios-gescheitert/
Alte Rethorische Masche:
Wenn man das Argument nicht angreifen kann, greift man den Argumentierenden an.