Christine Féret-Fleury – Das Mädchen, das in der Metro las (Buch)


Christine Fèret-Fleury - Das Mädchen das in der Metro las (Cover © Dumont)

«Er muss einen Leser für sie aussuchen. Oder eine Leserin. Er beobachtet und beschattet die Person, bis er begriffen hat, welches Buch sie wirklich nötig hat.»

Juliette fährt jeden Tag mit der Metro zur Arbeit. Wenn sie nicht die Nase in ihre Bücher steckt, beobachtet sie die lesenden Menschen um sich herum. Eines Tages führt sie der Zufall in das Haus von Soliman, einem Mann, für den Bücher viel mehr sind, als nur Zeitvertreib. Er glaubt, dass es für jeden Menschen das richtige Buch gibt und schickt spezielle Kuriere los, die seine gesammelten Werke unter die Menschen bringen. Juliette soll eine von ihnen werden und begibt sich letztlich nicht nur auf die Suche nach passenden Lesern, sondern vor allem nach sich selbst.

Eine Liebeserklärung an Bücher und ihre Macht, Menschen glücklich zu machen – ein schöner Gedanke, der dieser Geschichte innewohnt. Zu Beginn ist sie umgeben von einer geheimnisvollen Atmosphäre, die sich im Verlauf leider immer mehr auflöst. Wir begleiten die junge Juliette, die in einer Immobilienagentur arbeitet, auf ihrem Arbeitsweg mit Vorliebe heimlich ihre lesenden Mitreisenden beobachtet und sich dabei vorstellt, welche Charaktere wohl hinter diesen Menschen stecken. Sie selbst ist eine Träumerin mit wenig Selbstbewusstsein, die versucht, ihr doch recht langweiliges Leben durch Bücher bunter zu gestalten. Dies lässt sich auf das gesamte Buch übertragen: insgesamt langweilig mit einigen bunten Momenten.

So zauberhaft die Grundidee ist, dass es für jeden Menschen das richtige Buch gibt, dass Bücher uns eine Richtung weisen und unser Leben schöner machen können, so farblos und langatmig gestaltet sich die Geschichte. Sie schafft es trotz immer wieder aufblitzender, kleiner Lichtblicke nicht, den Leser richtig zu packen und zu begeistern, sie wirkt stellenweise unausgegoren und nicht vollständig durchdacht. Der im Ansatz fantasievollen Idee fehlt das gewisse Etwas, was nicht zuletzt daran liegt, dass es eben beim Ansatz bleibt. Interessante Themen werden nur angeschnitten und schnell wieder fallengelassen. Zudem lässt es sich mit Juliette als Hauptfigur einfach nicht warm werden – sie berührt einen weder positiv noch negativ, nimmt einen nicht mit.

Im Fokus steht letztlich leider nicht die eigene Form des Book Crossings, die Soliman ins Leben gerufen hat, sondern vielmehr Juliettes Selbstfindung. Gerne würde man mehr über die Kuriere erfahren: Wie wählen sie den richtigen Menschen für ihre Wanderbücher aus? Wie gehen sie bei ihrer Suche vor? Und welchen Einfluss nehmen die Bücher auf die Leben dieser Menschen? Die Geschichte der Bücherboten zu erzählen hätte weit mehr Potenzial geboten, als Juliette auf ihrer Reise zu begleiten.

Dass Juliette als Protagonistin zu eindimensional bleibt und es ihr nicht gelingt, den Leser mitzunehmen, ist nun klar. Aber was ist mit den anderen Charakteren? Leider kommen auch sie – ähnlich wie die Bücherboten – viel zu kurz. Der etwas kauzige Soliman, der inmitten seiner Bücherberge lebt, hätte gerne weit mehr Raum einnehmen dürfen. Ebenso wie seine eigenwillige Tochter. Aber beide sind leider kaum mehr als Beiwerk, um Juliette auf ihren Weg zu bringen.

Trotz und alledem ist die Geschichte in einer schönen, blumigen Sprache erzählt. Flüssig und angenehm zu lesen ist der Stil der Autorin, dem die Liebe zu Büchern durchaus anzumerken ist, allemal.

Fazit: „Das Mädchen, das in der Metro las“ weckt aufgrund des Klappentextes Erwartungen, die der Inhalt leider nicht erfüllen kann. Trotz der überschaubaren Seitenanzahl, zieht sich die Geschichte in die Länge. Die schöne Grundidee wird letztlich nicht ausgeschöpft, sondern verliert sich in Juliettes Suche nach sich selbst. So geht das Besondere verloren und nimmt dem Buch die Chance, lange im Gedächtnis zu bleiben.

Cover © Dumont

  • Autor: Christine Féret-Fleury
  • Titel: Das Mädchen, das in der Metro las
  • Originaltitel: La fille qui lisait dans le metro
  • Übersetzer: Sylvia Spatz
  • Verlag: Dumont
  • Erschienen: 05/2018
  • Einband: Gebunden
  • Seiten: 176
  • ISBN: 978-3-8321-8994-5
  • Sonstige Informationen:
    Produktseite 
    Erwerbsmöglichkeiten

Wertung: 7/15 Bücherkuriere


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