«Wie wäre es wohl, wenn alle Katzen von der Welt verschwänden? Wie würde sie sich verändern? Wie würde sich mein Leben verändern? Und wenn ich auf einmal von der Welt verschwände?»
Ein junger Postbote erfährt, dass er todkrank ist und bald sterben wird. Wie bald, das eröffnet ihm der Teufel höchstpersönlich, der ihm in Gestalt seines buntgekleideten Doppelgängers erscheint. Schon morgen wird es soweit sein – außer, er lässt sich auf einen Pakt mit seinem Besucher ein. Für jeden Tag, den er länger leben darf, muss eine Sache von der Welt verschwinden.
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Nicht einmal 200 Seiten braucht Genki Kawamura, um eine wunderschöne Geschichte zu erzählen, die ins Herz trifft. Der japanische Autor lässt uns hier eine Woche aus dem Leben seines namenlosen Ich-Erzählers verfolgen. Und auch, wenn es zunächst um den Tod geht, lesen wir hier keineswegs ein schwermütiges, trauriges Buch. Natürlich gibt es auch traurige Momente, aber vielmehr ist es eine emotional sehr facettenreiche Geschichte, die rührt, zum Schmunzeln bringt und zum Nachdenken anregt. Mit wenigen Worten bringt Nakamura das Leben auf den Punkt, mit wenigen Zeilen zieht er den Leser in seinen Bann.
Die Handlung ist in die verschiedenen Wochentage unterteilt. Jeden Tag erzählt uns der Postbote ein wenig mehr aus seiner kuriosen Woche. Zunächst lernen wir gemeinsam mit ihm den Teufel kennen, der nicht etwa furchteinflößend oder böse dargestellt wird, sondern im bunten Hawaiihemd und mit einer Menge schwarzem Humor daherkommt. Aufgrund seines eigenwilligen Kleidungsstils tauft der Erzähler ihn auf den Namen Aloha, was die vermeintliche Bedrohlichkeit noch weiter in den Hintergrund rücken lässt. Aloha macht hier einfach seinen Job – und entwickelt dabei eine große Schwäche für Schokolade.
Er ist derjenige, der entscheidet, was von der Welt verschwinden soll. Der Erzähler hat daraufhin ein wenig Bedenkzeit, in der er darüber nachsinnt, was der Verlust der jeweiligen Sache für Auswirkungen hätte. Warum ist es vielleicht sogar besser, ohne Telefone zu leben? Welchen Stellenwert haben Filme in unserem Leben? Und wie wichtig sind Uhren für unseren Alltag? Als Leser spinnen wir die Überlegungen des Erzählers weiter, denken selbst darüber nach, was es für uns bedeuten würde, auf all diese Dinge zu verzichten. Brauchen wir sie, um glücklich und zufrieden zu sein? Was macht unser Leben wirklich lebenswert? Viele Fragen, auf die der Autor wunderbare Antworten findet und seinen Lesern Raum gibt, sich ihre eigenen Gedanken zu machen.
Neben dem nahenden Tod des Erzählers spielt seine Familiengeschichte eine zentrale Rolle. Er lässt sein Leben Revue passieren und erkennt, was schiefgelaufen ist und was er womöglich noch retten kann. Diese Passagen sind besonders emotional und lassen mit dem Postboten mitfühlen. Da er hier eine einwöchige Episode aus dem Rest seines Lebens mit uns teilt, gibt es nur eine Handvoll anderer Charaktere, die auf unterschiedliche Weise eine Rolle für den Erzähler und seine letzten Tage spielen.
Geht es um diese für ihn wichtige Menschen und seine persönlichen Gedanken, ist die Sprache meist ernst und tiefsinnig oder auch ein wenig wehmütig und liebevoll mit kleinen amüsanten Ausreißern (zum Beispiel die Namen der Katzen). Ist aber der Teufel im Spiel, wechselt der Autor in einen sehr lockeren, saloppen Stil voller Humor. So bleibt immer eine gewisse Leichtigkeit erhalten.
Fazit: „Wenn alle Katzen von der Welt verschwänden“ ist ein zauberhaftes Buch, das bei all den Weisheiten und Emotionen, die in ihm stecken, mindestens dreimal so dick sein müsste. Aber Genki Kawamura schafft es auf nur wenigen Seiten, uns zu berühren und zum Lachen zu bringen, unser Mitgefühl zu wecken und unsere Gedanken kreisen zu lassen. Vor allem Katzenliebhaber werden sich in dieser Geschichte wiederfinden und an einigen Stellen zustimmend schmunzeln müssen. Aber auch jeder andere wird große Freude mit diesem kleinen Schatz haben.
Cover © Bertelsmann
- Autor: Genki Kawamura
- Titel: Wenn alle Katzen von der Welt verschwänden
- Übersetzer: Ursula Gräfe
- Verlag: C. Bertelsmann
- Erschienen: 04/2018
- Einband: Gebunden mit Schutzumschlag
- Seiten: 192
- ISBN: 978-3-570-10335-7
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Wertung: 15/15 Teufel im Hawaiihemd
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