Ursula Poznanski und Arno Strobel – Invisible (Buch)

Ursula Poznanski und Arno Strobel - Invisible (Cover © Wunderlich)«Mit der rechten stieß er ein Skalpell durch die Operationswunde, zwischen den gespreizten Rippen hindurch mitten in das offen liegende Herz.»

Zimperlich fängt „Invisible“ sicherlich nicht an: Ein Herzchirurg platzt mitten in die laufende OP seines Kollegen und tötet den Patienten auf dem Operationstisch. Damit bricht eine Welle an mysteriösen Mordfällen los. Die vollkommen unterschiedlichen Täter kannten ihre Opfer nicht, fühlten sich aber von ihnen verfolgt und spürten einen unbändigen, blanken Hass auf sie. Die LKA-Ermittler Daniel Buchholz und Nina Salomon stehen vor einem Rätsel. Zwar servieren die Täter sich ihnen fast schon auf dem Silbertablett, aber die beiden sind sich sicher, dass hinter all dem ein Drahtzieher stecken muss. Doch wie sollen sie ihn finden?

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Ursula Poznanski und Arno Strobel haben in der Vergangenheit bereits eindrucksvoll bewiesen, dass sie nicht nur einzeln hervorragende Bestseller-Autoren sind, sondern auch im Team überaus lesenswerte Bücher schreiben. In „Invisible“ schicken sie ihre Ermittler Salomon und Buchholz zum zweiten Mal gemeinsam auf die Jagd. Aber auch, wer den ersten Teil nicht gelesen hat, wird keinerlei Probleme haben, dem aktuellen Band zu folgen.

Schon der Prolog legt ein ordentliches Tempo vor. Der erste Mord geschieht auf erschreckend brutale Weise vor unseren Augen. Wer nun denkt, das Buch strotze nur so vor Grausamkeiten, der sei beruhigt: Es gibt zwar durchaus weitere ziemlich blutige Szenen, diese sind aber wohldosiert und kommen nur dann zum Tragen, wenn sie für die Handlung von Bedeutung sind. Das ist auch gleich ein erster Pluspunkt – Gewalt wird hier nicht inflationär eingesetzt und ausgeschlachtet, sondern unterstützt den Inhalt an den passenden Stellen. Sie veranschaulicht, mit welch rasender Wut die Täter ihre Opfer ermorden. Ein völlig unerklärlicher Hass, der aus dem Nichts zu kommen scheint.

Die Suche nach dem Kopf hinter den Taten ist authentisch und nachvollziehbar inszeniert. Gemeinsam mit den Ermittlern werden wir immer wieder auf falsche Fährten geführt. Nicht jeder Gedanke führt zum Erfolg, sondern läuft – ganz wie im echten Leben – auch mal ins Leere. Die Handlung ist gut durchdacht und als Leser rät man unentwegt mit, versucht ebenfalls herauszufinden, was es mit der beängstigenden Mordserie auf sich hat. Doch auf die Lösung kommt man nicht. Auch, wenn das Motiv nicht neu ist, so kann die Aufklärung des Falls wirklich überraschen. Und sie macht einem bewusst, wie leicht man selbst das Ziel solcher Angriffe sein könnte. So schafft es das Autoren-Duo nicht nur, uns bis zum Schluss an der Nase herumzuführen, sondern auch, uns zum Nachdenken über ein hochaktuelles Thema zu bringen.

Die beiden Hauptcharaktere tragen zweifellos ihren Teil dazu bei, die Leser zu fesseln. Das Klischee vom suchtkranken, depressiven, im Privatleben gescheiterten Super-Ermittler greift hier glücklicherweise nicht. Wir haben es mit zwei normalen Menschen zu tun, die, jeder für sich, ihre kleinen Ticks und speziellen Eigenarten aufweisen. Während Buchholz eher grummelig und überkorrekt daherkommt, ist Salomon ein sehr offener und impulsiver Mensch, der gerne auch mal auf die Vorschriften pfeift, die Buchholz als Vorgesetzter immer wieder predigt. Die beiden ergänzen sich perfekt und wissen genau, wie sie den jeweils anderen zu nehmen haben. Sie sind – obwohl sie noch nicht allzu lange zusammenarbeiten – ein eingespieltes Team, das aufeinander vertraut, auch wenn es nicht immer einer Meinung ist und unterschiedliche Ansichten zur Vorgehensweise hat. Sicherlich verhalten sie sich dabei bisweilen ein wenig kindisch und nicht immer professionell, am Ende sind sie aber nun einmal auch nur Menschen mit Ecken und Kanten.

Sympathischer wirkt dabei auf den ersten Blick Nina, aber wenn man einmal hinter Daniels Fassade geblickt hat, schließt man auch ihn ins Herz. Es macht Spaß, den beiden zu folgen und ihre unterschiedlichen Ansätze zu erleben. Die Autoren lassen ihre Protagonisten abwechselnd zu Wort kommen, sodass wir als Leser immer ein wenig mehr wissen und auch die Gedanken beider Figuren kennen. Hier hätte der Unterschied zwischen den beiden Ermittlern gerne noch etwas deutlicher herausgestellt werden können. Es ist nicht immer sofort eindeutig klar, wer gerade an der Reihe ist.

Die unterschiedlichen Perspektiven und der einfache, schnörkellose Stil, der oftmals mitten aus dem Leben gegriffen wirkt, sorgen für ein hohes Tempo und lassen die Seiten nur so fliegen. Spannung wird dabei gleich zu Beginn aufgebaut und flacht bis zum Schluss nicht ab. Sie ist nicht nervenzerreißend oder atemlos, reißt aber in hohem Maße mit und lässt den Leser nicht los. Wer und was steckt bloß hinter diesen erschreckenden Morden, die ausnahmslos jeden treffen könnten? Diese Frage ist allgegenwärtig und die Suche nach der Antwort macht den Leser zum dritten Ermittler.

Fazit: Endlich wieder einmal ein richtig überzeugender Ermittler-Thriller! Authentisch, hochaktuell, gut durchdacht, überraschend – was will man mehr?! Ursula Poznanski und Arno Strobel verstehen ihr Handwerk und stellen uns an die Seite eines eigenwilligen, aber realitätsnahen LKA-Teams, das uns als Leser mit auf eine spannende Jagd nimmt. Die Freude auf die Fortsetzung ist schon jetzt groß.

Cover © Wunderlich

Wertung: 13/15 mörderische Absichten 

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