Michael Bryce ist ein Personenschützer der Güteklasse „1a“. Seine Markenzeichen sind eine akribische Planung und die penible Ausführung derselben. Getreu seinem Motto: „Langweilig ist immer am besten!“ entlässt er seine Schützlinge meist mit heiler Haut. Bis der japanische Waffenhändler Kurosawa vor seinen Augen eine Kugel in den Kopf bekommt. Aus großer Entfernung abgefeuert, ins Schwarze getroffen. Ein echter Brainfuck, auch für Michael. Darauf folgt der Absturz. Michael verliert seine Agentur und schützt fortan als runtergekommener Bodyguard drogensüchtige Anwälte vor gewalttätigen Kredithaien. Das erledigt er geradezu beiläufig, ohne überflüssigen Aufwand und mit passablen Ergebnissen. Bis seine ehemalige Geliebte, die Interpolbeamtin Amelie Roussel – die Michael für den fehlgeschlagenen Schutzauftrag zwei Jahre zuvor verantwortlich macht – ihn um Hilfe bittet.
Ein Strafgefangener, der vor dem Internationalen Gerichtshof gegen den ehemaligen Präsidenten Weißrusslands, den üblen Folterknecht und Massenmörder, Vladislav Dukhovich, aussagen soll, muss binnen 24 Stunden nach Den Haag gebracht werden. Der eigentlich zur Bewachung abkommandierte Konvoi wurde angegriffen, Amelie konnte sich mit dem Häftling in ein Safe House retten. Da es augenscheinlich einen Verräter in den eigenen Interpol-Reihen gibt, fällt Amelie nur ihr Ex-Freund Michael als Notnagel ein. Sie setzt ihn unter Druck, bis er einwilligt. Nicht ahnend, dass es sich bei dem wichtigen Zeugen um den Killer Darius Kincaid handelt, mit dem Michael Bryce eine Privatfehde laufen hat.
„Ganze siebenundzwanzigmal! So oft wollte mich dieses Arschloch schon umbringen … achtundzwanzig – Scheiß Prag!“
Dieser Punkt ist einer der offensichtlichsten Schwachstellen von Tom O’Connors Skript, das per se nicht zu den filigranen, wohldurchdachten Schöpfungen des Genres zählt. Denn ziemlich bald wird sich rausstellen, dass Darius ein Killer mit Moral ist, der nur diejenigen hinrichtet, die es verdient haben. In dieses Schema passt Michael Bryce ganz und gar nicht. Aber es muss genügen, um aus Michael und Darius ein „odd couple“ wie Hund und Katze zu machen, die sich raufen, vertragen, wieder raufen, Witze auf Kosten des jeweilig anderen machen, um sich am Ende als die Buddys durch die Ziellinie zu kämpfen, die sie von Beginn an eigentlich sind.
Clint Eastwoods „Der Mann, der niemals aufgibt“ („The Gauntlet“), dessen dramatische Qualitäten die laute und unterhaltsame Actionkomödie „Killer’s Bodyguard nicht erreicht, stand eindeutig Pate bei der beschwerlichen Reise zum Internationalen Gerichtshof. Denn der immer noch einflussreiche Dukhovich hat zahlreiche Handlanger ausgeschickt, Kincaids Eintreffen in Den Haag zu verhindern. Ob es ihnen gelingen wird ist eine rhetorische Frage. Aber die militärisch gewandeten Muskelberge erledigen das, wofür sie angeheuert wurden, mit Bravour: Sie sorgen für launige, derbe, aber nicht hyperbrutale Action und zwingen das ungleiche Paar Bryce und Kincaid zu pointen- wie leichenreichen Ausweichmanövern.
Nicht jeder polternde Gag sitzt, aber die Trefferzahl ist hoch, was auch daran liegt, dass Ryan Reynolds und Samuel L. Jackson in ihrer Unterschiedlichkeit sehr gut harmonieren. Jackson gibt, wen wundert’s, den lauten, expressiven Part, während Reynolds, der Mann mit dem perfekten Dackelblick, den leidenden Ritter von der traurigen Gestalt abgibt. Jackson agiert wesentlich erträglicher als bei seinem seifigen Veitstanz in „Kingsman: The Secret Service“, er haut zwar wieder mächtig auf die verbale Kacke, ungezählte „Motherfucker“ pflastern seinen Weg, aber er beherrscht auch die leiseren Töne und ist für seine fast siebzig Jahre unglaublich agil. Ryan Reynolds legt seine Rolle fast als Referenz an Buster Keaton an. Er besitzt dessen Stehaufmännchen-Mentalität und beherrscht auch die Leidensfähigkeit des wahren Stoikers. Egal, ob er in einem Bus voller singender Nonnen samt lauthals mit einstimmendem Darius Kincaid sitzt oder sich über die Schlechtigkeit der gegen ihn gerichteten Welt auslässt, völlig ungerührt, dass um ihn herum die Kulissen in Schutt und Asche gelegt werden.
Die Action orientiert sich dankenswerterweise mehr an den handfesten Highlights der Siebziger und Achtziger als an den überbordenden CGI-Orgien der Gegenwart, die physikalische Gesetzmäßigkeiten nicht nur überwinden sondern komplett ignorieren. Schnell und furios zwar, voller überkandidelter Artistik, aber ohne unmögliche Missionen jenseits von Schall und Rauch. Besonders gelungen ist die fintenreiche Jagd durch die Straßen und Grachten Amsterdams mit Auto, Motorrad und Schnellboot. Da werden wehmütige Erinnerungen an Dick Maas‘ „Verfluchtes Amsterdam“ („Amsterdamned“) und James Bonds „Leben und Sterben lassen“ geweckt. Recht so.
Lediglich eine Sequenz, in der ein mit Sprengstoff vollgepackter Schwertransporter auf einem belebten Platz zur Explosion gebracht wird, wirkt angesichts der realen Terroranschläge der letzten Jahre, höchst unpassend und hinterlässt ein maues Gefühl abseits des comichaften Zerstörungsirrsinns des restlichen Films.
Während die Hauptdarsteller punkten können, haben die nicht ganz unbekannten Schauspieler in den Nebenrollen einen schweren Stand. Die eigentlich immer sehenswerte Salma Hayek darf zwar in einer Kampfszene glänzen, wird aber als rigoroses wie prolliges Latina-Klischee verheizt. Und Gary Oldman spielt sich routiniert durchs Schurkenprogramm, hinterlässt aber mitunter den Eindruck, als könne er sich nicht zwischen Belustigung und Langeweile entscheiden. Beides ist lässlich, denn „Killer’s Bodyguard“ ist kein Drama von Shakespeare’schen Ausmaßen, sondern eine fidele und in ihren besten Momenten kauzige Actionkomödie. Und als solche macht der Film eine verdammt gute Figur. Wie Ryan Reynolds im zerknautschten Anzug, nachdem er den Abflug durch die Windschutzscheibe des gemeinsamen Fluchtautos heil überstanden hat. „Großer Gott – Echt jetzt?“ Jawohl. Und dazu gibt’s die volle Ladung „Black Betty.“
Cover & Szenenfotos © EuroVideo Medien GmbH
- Titel: Killer’s Bodyguard
- Originaltitel: The Hitman’s Bodyguard
- Produktionsland und -jahr: USA 2017
- Genre: Action, Komödie, Thriller
- Erschienen: 12.01.2018
- Label: Eurovideo
- Spielzeit:
ca. 118 Minuten auf Blu-Ray
ca. 113 Minuten auf DVD
- Darsteller:
Ryan Reynolds
Samuel L. Jackson
Salma Hayek
Élodie Yung
Gary Oldman
Richard E. Grant
Kirsty Mitchell
Joaquim de Almeida
- Regie:
Patrick Hughes
- Drehbuch:
Tom O’Connor
- Musik:
Atli Örvarsson - Kamera:
Jules O’Loughlin
- Extras:
Audiokommentar (OV), Outtakes, Featurettes,
Outtakes, Trailer
- Technische Details (DVD)
Video: 2,40:1, 16:9 anamorph
Sprachen/Ton: Deutsch & Englisch Dolby Digital 5.1
Untertitel: Deutsch & Englisch für Hörgeschädigte
- Technische Details (Blu-Ray)
Video: 2,40:1, HD 1080/24p (16:9)
Sprachen/Ton: Deutsch / Englisch DTS-HD Master Audio 5.1
Untertitel: Deutsch & Englisch für Hörgeschädigte
- FSK: 16
- Sonstige Informationen:
Produktseite des Films
Wertung: 11/15 Bodygurad’s In the House