Koch zu sein ist nicht immer glamourös. Oft genug ist der Job aufreibend und zermürbend. Vor allem in der Spitzengastronomie ist es die Regel, dass die Köche zwölf Stunden oder länger mit den Vorbereitungen für den Abend, der Zubereitung der Gerichte und dem Saubermachen, wenn alles vorbei ist, beschäftigt sind. Und doch hat sich Verena Lugert diesem Wahnsinn ausgesetzt und in ihrem Buch „Die Irren mit dem Messer: Mein Leben in den Küchen der Haute Cusine“ darüber geschrieben.
Die Autorin wurde 1973 geboren und studierte Literatur. Sie unterrichtete an den Universitäten Shanghai und Kuala Lumpur und absolvierte die renommierte Journalistenschule Henri-Nannen-Schule. Sie schrieb Reportagen für Magazine wie „Stern“, „Geo“, „Merian“, „Neon“ oder „Annabelle“, ehe sie mit Ende 30 ihrem bisherigen Leben den Rücken kehrte und sich an der Kochschule Le Cordon Bleu zur Köchin ausbilden ließ. Danach begann sie, in einem der Restaurants des berühmten Koches Gordon Ramseys zu arbeiten.
Wer jetzt erwartet, dass ihr Buch zu einer Aneinanderreihung bekannter Köche wird, der wird enttäuscht sein. Zwar fallen diverse berühmte Namen, doch hauptsächlich dreht sich in den Erinnerungen der Journalistin alles darum, wie sie sich von einem kleinen Licht hocharbeitet, bis sie an einem Wettbewerb für Spitzenköche teilnehmen kann. Es ist die klassische Erzählung, wie quasi ein Underdog am Ende ein großes Erfolgserlebnis hat.
Dabei merkt man dem Buch an, dass die Autorin sich mit der Materie auskennt. Es sind Details, wie zum Beispiel, dass sie den Aufbau der Küchenbrigade detailliert erklärt, wodurch man zum Beispiel erfährt, wieso und woher der militärische Umgangston stammt. Man bekommt aufgezeigt, wie viel Vorbereitung in den einzelnen Speisen steckt. Und dass wirklich ein Rad ins andere greifen muss, damit alles funktioniert.
Das ist auch das Merkmal, das dafür sorgt, dass man das Buch in zwei Teile einteilen kann. Der erste handelt davon, wie sich Verena Lugert erst mühevoll etablieren muss. Sie sorgt dafür, dass jene Räder nicht ineinander übergreifen, sie ist es, die durch ihre Unerfahrenheit und teilweise ebenso Arroganz den Rhythmus in der Küche durcheinanderbringt. Der Zweite handelt davon, wie sie es endlich schafft, ihre Fehler zu überwinden, wie sie Teil des Teams wurde und dann am Ende an dem vorher erwähnten Wettbewerb teilnehmen darf.
Die Autorin versteht sich gut darauf, all diese Entwicklungen dem Leser glaubwürdig näher zu bringen. Sie bringt es nachvollziehbar rüber, wie sie sich förmlich durchbeißt, wie sie die diversen Hindernisse, die sich vor ihr aufbauen, überwindet. Sei es die Tatsache, dass sie in der Küche langsam akzeptiert wird oder eben auch, wie sie trotz einer schwerwiegenden Verletzung weitermacht. Sie lässt den Leser ihre Leidenschaft für die Haute Cusine spüren, ihre Faszination für das, was die Köche herbeizaubern und wie es inszeniert wird.
Dabei fehlt einem trotz aller Faszination noch das gewisse Etwas. Denn anders als in anderen Biografien fehlen hier komplett die Bilder, die Fotos. Diese sorgen in den Lebenserinnerungen dafür, dass diese plastisch werden, realistischer, nachvollziehbarer. Der Verzicht von Verana Lugert wird nicht erklärt, er ist einfach da, man muss ihn akzeptieren.
Und das ist am Ende exakt das, was die Spitzenwertung verhindert.
Cover © Knaur Verlag
- Autor: Verena Lugert
- Titel: Die Irren mit dem Messer: Mein Leben in den Küchen der Haute Cusine
- Verlag: Knaur
- Erschienen: 03/2017
- Einband: Hardcover
- Seiten: 272
- ISBN: 978-3-426-21424-4
- Sonstige Informationen:
Produktseite
Erwerbsmöglichkeiten
Wertung: 14/15 dpt