Filme und Serien mit tierischen Protagonisten sind schon seit Jahrzehnten nicht nur für jüngere Zuschauer, sondern für die ganze Familie unterhaltsam. Eben diesen Anspruch verfolgt auch Midnight Sun. Neben vielen drolligen Szenen mit dem kleinen Eisbären bietet der Film auch zahlreiche wunderschöne Landschaftsaufnahmen aus den nördlichsten Bereichen Kanadas bis hoch zum Polarkreis.
Wo man mit dem Schneemobil zur Schule fährt
Hoch oben im Norden Kanadas kann es schon einmal vorkommen, dass sich ein Eisbär in die kleine Gemeinschaft verirrt. So sorgt es nicht für eine allzu große Überraschung, als es eines Abends in der Garage der Familie rumpelt und sich der nächtliche Störenfried als eine gewichtige Eisbärendame auf Nahrungssuche entpuppt. Patente Polizisten betäuben die nicht ungefährliche Riesin und entscheiden kurzerhand, sie mit einem Hubschrauber so weit in Richtung Polarkreis umzusiedeln, dass eine Rückkehr mehr als unwahrscheinlich ist.
Die Polizisten hätten gut daran getan, etwas gründlicher nachzusehen, denn kurze Zeit später findet Luke (Dakota Goyo) in eben jener Garage ein kleines Eisbärenbaby, das ebenfalls hungrig ist und vor allem seine Mutter vermisst. Um dem Kleinen die grobe Behandlung durch die Polizei zu ersparen (zu kritisch sollte man die Logik des Films nicht hinterfragen, darunter leidet die Geschichte) versteckt Luke seinen Gefährten kurzerhand bei sich im Zimmer, doch schon die Reaktion seiner Tante auf das Tier macht deutlich, dass das keine Dauerlösung sein kann. Was liegt also näher, als ausgerüstet mit einem Schneemobil und einigen Snacks die Reise zum nördlichen Polarkreis selbst anzutreten und den kleinen Eisbären zu seiner Mutter zu bringen?
Eine abenteuerliche Reise durch endloses Eis und unberührte Natur beginnt. Hier entfaltet der Film seine besonders für Erwachsene Zuschauer größten Stärken. Es sind die Aufnahmen der eisigen endlosen Weiten, die zunächst so leblos wirken aber dennoch ein ganz eigenes Ökosystem beinhalten. Besonders gelungen finde ich auch die Szenen, in denen Luke und der Fährtenleser Muktuk (Goran Visnjic – evtl. bekannt aus „Beginners“ oder „Zauberhafte Schwestern“), über den leider viel zu wenig verraten wird, auf Eingeborene treffen und für einige wenige Stunden an deren Leben teilhaben. Für die dokumentarischen Szenen des Films zeichnet übrigens der italienische Co-Regisseur Brando Quilici verantwortlich, der bereits seit Anfang der 90er Dokumentationen erschafft.
Natürlich schaut Lukes Umwelt nicht tatenlos zu: Als klar wird, dass der Junge aufgebrochen ist, um alleine ein derart gefährliches Unterfangen zu wagen, macht sich Muktuk auf den Weg, Luke zu suchen, denn das Eis beginnt bereits zu schmelzen. Der Fährtenleser steht der Familie nahe, seit er beim tödlichen Unglück von Lukes Vater als Führer dabei war.
Was sind Tierbabys niedlich
Neben dem niedlichen Eisbären spielt Dakota Goyo die tragende Rolle des Films. Trotz seiner Jugend ist der Kanadier kein Unbekannter, spielte er doch unter anderem neben Hugh Jackman bereits in „Real Steel“ mit und war bei Marvels „Thor“ schon als die kindliche Version des Donnergottes zu sehen. Der junge Schauspieler erledigt seine Aufgabe mit Bravour, und dass man sich als Zuschauer mitunter über das wirklich unkluge Verhalten des Protagonisten ärgert (aus Spoilergründen wird hier nicht mehr verraten), liegt nicht in seiner Verantwortung.
Der kleine Eisbär ist ohne Frage sehr niedlich anzuschauen und dürfte Kinderherzen im Nu gewinnen. Große Dressurleistungen sind mir persönlich nicht aufgefallen, da die beiden zwar miteinander agieren, aber die meiste Zeit bleiben die Szenen bei mehr oder minder unchoreografierten Kampeleien. Ohne von einem Unterhaltungsfilm zu viel verlangen zu wollen, wäre es schön gewesen, wenn zumindest irgendwo angeklungen wäre, dass die majestätischen und im Babyformat unglaublich niedlichen Eisbären auch gefährliche Jäger sind.
Auch der restliche Cast abseits der beiden Hauptdarsteller weiß zu überzeugen. Im größeren Umfang sind das vor allem Lukes Mutter, der man sowohl die engagierte Naturforscherin als auch die besorgte Mutter ohne Weiteres abkauft und der oben schon beschriebene Fährtenleser Muktuk. Die Mutter wird gespielt von Kathryn Bridget Moynahan, die schon in Produktionen wie „Lord of War“, „John Wick“ oder „I Robot“ zu sehen war.
Der Regisseur Roger Spottiswood („The 6th day“; „007 – Der Morgen stirbt nie“) dreht im Übrigen nicht zum ersten Mal einen Film mit einer tierischen Hauptrolle. Wer erinnert sich noch an „Scott und Huutsch“? Der noch wesentlich jüngere Tom Hanks wurde von einem riesigen Hund begleitet. Ob die Erfahrungen eines Hundes auf einen (vermutlich wesentlich schwerer zu dressierenden) Eisbären wohl übertragbar sind? Das führt direkt zum letzten Punkt: Die Ausstattung der Blu-ray hat leider nichts Besonderes zu bieten. Der Film liegt mit zwei Tonspuren (Deutsch und Englisch in DD 5.1. Qualität) vor. Extras, Interviews, verpatzte Szenen oder dergleichen sucht man vergebens. Dabei würden sich die Dreharbeiten mit dem Eisbären und die Dokumentaraufnahmen im rauen Norden doch für ein Behind-the-scenes-Extra anbieten?
Fazit
Insbesondere den jüngeren Zuschauern dürfte der Film viel Freude machen. Die Erwachsenen dürfen speziell bei den Naturaufnahmen auch mal einen Blick riskieren, sollten aber nicht zu viel von der Geschichte erwarten. Die Ausstattung der Blu-ray ist etwas mager.
Cover und Bildmaterial © Studio Hamburg Enterprises
Wertung: 9/15 dpt
Figuren
Luke (Dakota Goyo) – „Real Steel“ // „The Champ“ // „Dark Skies“
Mutter (Kathryn Bridget Moynahan) – „Lord of War“ // „John Wick“ // “I Robot”
Fährtenleser Muktuk (Goran Visnjic) – „Beginners“ // „Zauberhafte Schwestern“ // „Crossing Lines“
Regie
Roher Spottiswood („The 6th Day“ // „007 – Der Morgen stirbt nie“ // „Scott & Huutsch“
Co-Regie für Naturaufnahmen: Brando Quilici
Verleih
Studio Hamburg (2014)
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